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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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versehen und am Rand
     mit Metallstiften benagelt, in die ein kleines Stück Blech griff, um
     das Rad zum Stehen zu bringen. Mit diesem primitiven Roulette finanzierte
     Adi seinen Lebensunterhalt, und das gar nicht mal schlecht.
    »Fünfhundert sind
     im Pott, wer versucht sein Glück?«, rief Adi und sah befriedigt
     zu, wie Geldscheine auf die Quadrate flatterten. »Höchsteinsatz
     hundert Mark, wer hat noch nicht, wer will noch mal? Hier gibt's keine
     Tricks, bei mir wird ehrlich gespielt.« Bei diesen Worten blickte er
     hoch, geradewegs in Leos grinsendes Gesicht. Seine Miene verdüsterte
     sich.
    »Was wollen Sie denn
     hier?«
    »Manchmal zieht's mich
     eben zu alten Freunden.«
    Die Spieler schauten den
     Fremden argwöhnisch an, solche Leute konnten die Polizei förmlich
     riechen. Einige, die weiter hinten standen, verzogen sich unauffällig
     nach draußen. Jemand räusperte sich. »Ick hab jedacht,
     die Sache hier is sicher, Adi, aber der riecht nach Polente. Ick vadrück
     mir lieba.« 
    »Der Laden hier ist
     sicher, dafür steh ich ein. Lass dich von dem nicht stören, ist
     ein alter Bekannter von mir.« Leo blieb ungerührt sitzen.
     Nacheinander stopften die Leute ihre Scheine in die Tasche und schlurften
     davon. Niemand ließ sich gern von der Polizei beim Glücksspiel
     über die Schulter blicken. Gereizt sammelte Adi die Einsätze der
     letzten Runde ein und schaute Leo wütend an. »Eins sag ich
     Ihnen, Sie sind schlecht fürs Geschäft.«
    »Hier wird also ganz
     ehrlich gespielt?«, fragte Leo ironisch. »Soll ich dir mal die
     Kollegen vom Glücksspiel vorbeischicken?«
    Glücksrad-Adi holte sich
     eine Weiße, kam in die Nachbarnische und setzte sich dem
     Polizeibeamten gegenüber. Er war ein gutaussehender Mann mit
     aufrechter Haltung, in dem man mit ein wenig Phantasie noch den
     schneidigen Offizier erkennen konnte. Nur die Augenklappe und der leere
     linke Ärmel ließen ahnen, wie es ihn in dieses
     heruntergekommene Viertel verschlagen hatte. Er trank sein Bier in einem
     Zug aus und knallte das Glas auf den Tisch. »Und?«
    »Ich habe lediglich ein
     paar Fragen, Adi.«
    »Sie wissen, ich bin
     kein Spitzel.«
    »Natürlich nicht.
     Du sollst auch nicht deine Kollegen verpfeifen, die sind mir herzlich
     egal. Nein, mir wäre lieber, du würdest dein Gedächtnis ein
     bisschen anstrengen. Dich an die goldenen Zeiten erinnern, als du noch
     nicht in dieser Kaschemme gehockt und Leute über den Tisch gezogen
     hast.«
    »Ach, das ist lange her«,
     sagte Adi mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Da müssten Sie
     meinem Gedächtnis schon ein bisschen auf die Sprünge helfen.«
    Leo winkte dem Wirt, damit er
     noch ein Bier brachte. »Schon mal von einer Asgard-Gesellschaft gehört?«
    »Was soll das sein, ein
     Sportklub?«
    »Dem Vernehmen nach
     eine wissenschaftliche Vereinigung, die sich mit germanischer Mythologie
     beschäftigt«, erklärte Leo. »Der Leiter hier in
     Berlin ist ein gewisser Ulrich von Mühl.«
    Bei diesem Namen ging ein
     Grinsen über Adis Gesicht. »Von Mühl, dem bin ich früher
     mal begegnet. Natürlich nicht auf Augenhöhe, dafür war er
     sich zu fein. Einer aus der ganz vornehmen Gesellschaft, großes
     Rittergut in Schlesien, Kavallerist, brillanter Tänzer,
     ausgezeichneter Billardspieler. Dass der sich für Wissenschaft
     interessieren soll, überrascht mich allerdings.«
    Eingedenk des gestrigen
     Abends hörte Leo besonders aufmerksam zu. Interessant zu wissen,
     welch einen Mann Clara immerhin so gern gehabt hatte, dass
     es für eine Heirat reichte, dachte er mit deutlichem Unbehagen.
     »Wir wüssten gern, ob sich dieser Verein wirklich mit Forschung
     beschäftigt oder eher politisch tätig ist. Umsturzversuche,
     Attentate und so weiter.«
    Adi zog die Augenbrauen hoch.
     »Seit wann ermitteln Sie gegen Politische?«
    »Hat mit einem
     laufenden Fall zu tun«, erwiderte Leo knapp. »Komm vorbei,
     wenn du was hast. Oder schick mir eine Nachricht.« Informanten ließen
     sich verständlicherweise nur ungern in der Nähe des Präsidiums
     blicken.
    Adi nickte. »Und was
     springt für mich dabei heraus?«
    Leo warf einen vielsagenden
     Blick auf den Spieltisch. »Ich könnte glatt vergessen, was ich
     eben gesehen habe.«
    »Nicht gerade eine
     üppige Belohnung.«
    »Die Zeiten sind hart,
     mein Freund.«
    *
    »Leo, Nelly Wegner hat
     genau gewusst, dass sie auch ohne Ehemann ein Kind adoptieren kann«,
     erklärte Walther nun schon

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