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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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aus, wenn sich ein ermittelnder
     Kriminalkommissar mit der geschiedenen Frau eines Verdächtigen traf.
    Leo seufzte und zwang sich,
     wieder an die Arbeit zu denken. Im Büro wartete Walther schon mit
     einer Liste der Berliner Kinderheime und Waisenhäuser auf ihn. Leo
     überflog die Liste. Walther hatte alle Einrichtungen, die in der Nähe
     der Wegnerschen Wohnung und des Ateliers lagen, mit Rotstift markiert.
     »Kinderheim des St.-Marien-Stiftes, Ackerstraße, Gesundbrunnen«,
     das war nicht allzu weit vom Prenzlauer Berg entfernt, wo die Wegners
     wohnten. Er kannte das Haus, ein ansehnlicher roter Ziegelbau mit Erkern,
     Balkonen und Türmchen, der gar nicht so düster aussah wie andere
     Kinderheime und Waisenhäuser.
    Dann folgte das »Markus-Stift
     für elternlose Kinder, gegründet 1867, Türkenstraße
     12A, Berlin-Wedding«. Er trat vor den großen Stadtplan, der an
     der Wand hing, suchte die Türkenstraße und stieß
     einen leisen Pfiff aus. Eine Nebenstraße der Müllerstraße,
     in der Nelly Wegner den Schirm gekauft hatte, kurz bevor sie die Leiche
     ihres Mannes fand. Walther nickte und griff schon nach Mantel und Hut.
     »Einen Versuch ist es wert.«
    Walther nahm die Ringbahn zum
     Bahnhof Wedding und ging die Müllerstraße Richtung Norden
     hinauf. Vor einem großen Tor drängten sich die Menschen,
     darunter viele Kinder, die um eine riesige Traube Luftballons standen und
     begehrlich zu ihr hinaufblickten. Über dem Tor war ein Brett mit zwei
     Türmchen angebracht, auf dem »Berliner Nordpark -Zum Onkel
     Pelle« zu lesen war. Ein stadtbekannter Rummelplatz, der einem
     Zirkusclown gehörte. Eine handbeschriebene Anschlagtafel verkündete,
     welche starken Männer aus welchen Ländern an diesem Tag in der
     »geheizten Halle« gegeneinander antreten würden. Walther
     lief das Wasser im Mund zusammen, als ihm der Duft von Zuckerwatte und
     kandiertem Obst in die Nase stieg, doch er zwang sich, weiterzugehen.
    An der Kreuzung Seestraße
     kündigte ein Lichtspielhaus mit schwülstigen Plakaten in
     knalligen Farben Das Weib des Pharao an, vor dem Eingang hatte sich trotz
     der Kälte eine lange Schlange gebildet. Selbst hier im armen Wedding
     hatten die Menschen immer noch genügend Geld, um für ein, zwei
     Stunden der Wirklichkeit zu entfliehen. Walther zog sich den Schal fester
     um den Hals und ging bis zur nächsten Ecke, wo er sich vor einem großen,
     abweisenden Gebäude wiederfand.
    Von innen erwies sich das
     Markus-Stift als weitaus freundlicher. Die Flure waren hell gestrichen, an
     den Wänden hingen Kinderzeichnungen, und die Aufseherinnen trugen
     keine strenge Anstaltstracht, sondern blaue Kittel mit weißen
     Kragen.
    Walther meldete sich an der
     Pforte an, wo man ihn bat, einen Moment zu warten. An einer Anschlagtafel
     hingen Bitten um Spenden, man benötigte Lebensmittel, Kinderkleidung, Heizmaterial und vieles mehr. Als
     Schritte hinter ihm auf dem Steinboden erklangen, drehte er sich um.
    Eine jüngere Frau in
     dunklem Kostüm, die eine Brille an einer silbernen Gliederkette um
     den Hals trug, trat auf ihn zu. »Herr Walther?« Sie streckte
     ihm die Hand hin. »Ich heiße Eva Müller und bin die
     Leiterin des Stifts. Kommen Sie doch bitte mit in mein Büro.«
    Sie führte ihn durch
     eine zweiflügelige Holztür in einen Flur, in dem Porträts
     hingen, strenge Herren in dunklem Anzug und Vatermörder, teils noch
     mit Backenbart, die vermutlich frühere Stiftsleiter darstellten. Da
     bot Fräulein Müller doch einen weit erfreulicheren Anblick. Sie
     öffnete eine Tür, an der in einem kleinen Metallrahmen ein
     Schild mit ihrem Namen steckte, und bot ihm einen Platz an.        
    Zimmerpflanzen, bunte Bilder
     an den Fenstern, schlichte Möbel aus hellem Holz - der ganze Raum
     strahlte Wärme und Freundlichkeit aus.
    »Die Kinder kommen
     bestimmt gern zu Ihnen, wenn sie etwas auf dem Herzen haben«, sagte
     Walther impulsiv.
    Sie lächelte. »Ich
     kann auch streng sein. Aber Sie haben recht, ich bemühe mich um eine
     ansprechende Umgebung, die Kindern keine Furcht einflößt. Viele
     sind ohnehin sehr verängstigt, und die finsteren, feuchten Waisenhäuser,
     die wir von früher kennen, machten das nur noch schlimmer. Die Zeiten
     von Oliver Twist sind hoffentlich vorbei, jedenfalls bei uns.«
    Walther setzte sich und holte
     sein Notizbuch aus der Tasche.
    »Womit kann ich Ihnen
     behilflich sein?«
    »Kommt es vor, dass
     Kinder aus Ihrem Haus

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