Tod in Bordeaux
war. «Ich würde den neuen Wein gern probieren. Die Gärung ist durch? Dann ist er auf der Maische, oder haben Sie ihn schon abgezogen?»
«Das findet übermorgen statt...»
«Geht ruhig in die Garage. Ich kümmere mich ums Essen», sagte Charlotte, die es anscheinend genoss, wie Bichot vergeblich versuchte, sich über das Verhältnis zwischen ihr und Martin klar zu werden.
«Dass es noch Frauen gibt, die freiwillig in die Küche gehen», wunderte sich Bichot und blickte ihr nach.
Machte Bichot sich über ihn lustig? Er zog es vor, nicht darauf einzugehen, dafür bot er Bichot eine Probe aus jedem Gärtank an.
Der Winzer fasste die Gläser am Fuß, so wie es beim Verkosten üblich war, um nicht vom Geruch der eigenen Hand abgelenkt zu sein, schnüffelte, kostete in winzigen Schlucken und kaute den Wein, wobei er intensiv schmatzte.
«Wirklich hervorragend gemacht, Respekt! Ich stimme Ihnen zu. In zwei, allerspätestens in drei Tagen würde ich ihn von den Schalen trennen. Der Tanningehalt ist vielleicht noch eine Spur zu niedrig, um die Farbe wirklich langfristig zu stabilisieren.»
Vom Pechant aus dem Vorjahr war Bichot, der selbst mit dem Besten des Médoc aufwarten konnte, geradezu begeistert, er lobte ihn enthusiastisch: «Großartig, phantastisch, ein wunderbarer Wein wird das. Eine hervorragende Arbeit, die Monsieur Latroye da geleistet hat.»
«Den lasse ich noch ein halbes Jahr im Barrique ...»
«Genau richtig, im nächsten April ist er fertig. Sie scheinen etwas davon zu verstehen. Doch gerade als Verkäufer sollten Sie Folgendes bedenken: Wenn man diesen Wein unter anderem Namen verkaufen würde, könnte man das Doppelte, ja sogar das Dreifache verlangen. Das war früher schon so, und das ist heute nicht anders. Es gibt Untersuchungen aus dem 19. Jahrhundert - glauben Sie nicht, dass Marketing eine Erfindung der Gegenwart ist -, die ergaben, dass bei benachbarten Gütern mit dem gleichen Wein aus dem Médoc die des Adels immer doppelt so teuer verkauft werden konnten wie die der bürgerlichen oder bäuerlichen Winzer. Sehen Sie die Rothschilds. Selbst ihr Massenwein aus Chile lässt sich dank des Namens gut verkaufen.»
Während Bichot seine Überlegungen weiter ausbreitete, erinnerte sich Martin an Fleury. War das der Grund, weshalb er für Carolines Weine und den Weinberg so viel geboten hatte? In wessen Auftrag war er wohl gekommen?
Bichot bemerkte Martins Stimmungswechsel. «Es ist bewundernswert, mit welchem Enthusiasmus Sie die Arbeit Ihres Freundes fortsetzen.»
Martin wurde ungeduldig. Er hatte genug von Bichots Lobhudeleien. «Es erfordert sehr viel Engagement, sich derartig in diese Arbeit hier zu vertiefen. Ein richtiger Winzer könnte das kaum besser. Etwas ganz anderes, Monsieur, was ich Sie schon längst fragen wollte: Hat Gaston Latroye von Ihnen kurz vor seinem Tod 18 Flaschen Haut-Bourton bekommen?»
«... wo haben Sie all das kostbare Wissen erworben? Sie handeln äußerst umsichtig und rationell, als verfügten Sie über langjährige Erfahrung ...»
«Alles von Gaston gelernt, hat allerdings auch zehn Jahre gedauert. Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet», sagte Martin und hob die Stimme, sodass Bichot nicht umhin konnte, darauf einzugehen.
«Welche Frage?»
Hat sich Bichot von seinem eigenen Redefluss mitreißen lassen, oder will er nicht antworten?, fragte sich Martin. «Gaston hat mir Mitte letzten Monats eine Kiste Haut-Bourton überlassen. Haben Sie ihm die Flaschen gegeben?»
«Ich? Nein. Wie kommen Sie darauf? Das Château gehört Monsieur Garenne. Weshalb sollte ich so etwas tun? Eine ganze Kiste, sagen Sie? Merkwürdig.»
«Ja, und noch zwei Flaschen dazu. Ich sollte den Wein probieren. Das habe ich getan - und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich um eine Fälschung handelt.» Martin zog mit dem gläsernen Kolben noch etwas Wein aus einem Barrique und füllte Bichots Glas auf, dann sein eigenes und setzte sich auf ein Fass. «Ich habe den fraglichen Wein mit dem Original vergleichen können.»
Bichot starrte ihn mit offenem Mund an, dann schluckte er. «Was Sie nicht sagen. Garenne fälscht Wein? Großer Gott - nicht zu glauben, wie sein Großvater damals», murmelte er.
Jetzt lag es an Martin, zu schauspielern und so zu tun, als wisse er nichts von den damaligen Ereignissen. «Sein Großvater hat Wein gefälscht?»
Bichot nickte bedeutungsvoll, bevor er weitersprach: «Leider, ja, es fällt mir nicht leicht, über dieses dunkle Kapitel
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