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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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dachte Martin.
    Er sah den Glanz in den Augen des Dicken, die feinen roten Linien unter der Haut der Wangenknochen. Sein unangenehmer Geruch war eindeutig. Wie verantwortungslos und dumm, einen Trinker in einem Weinlager zu beschäftigen, noch dazu einen Choleriker, überlegte Martin. Gleichzeitig wunderte er sich, dass er keinerlei Angst vor den drei Männern empfand. Er fühlte sich im Recht. Er war hier eingedrungen, um etwas zu klären.
    Keuchend zwängte sich der Dicke auf gut Glück selbst zwischen die Stapel, gab das Vorhaben jedoch schnell wieder auf, die Kisten standen zu eng. «Komm da raus!», brüllte er mit überschnappender Stimme. «He, Kemal, du fauler Sack, hoffentlich hast du ihn bald!» Dann warf er sich drohend vor Martin in Positur. «Wo ist dein Kumpel? Was wollt ihr hier? Mach’s Maul auf, oder sollen wir‘s aus dir rausprügeln?»
    Vor seinen Arbeitern spielt er sich auf, dachte Martin, aber sonst ist er feige. Er kannte diese Typen, sie küssten ihren Chefs die Füße und beklauten sie hinten herum, fälschten Lieferscheine und machten mit den Lkw-Fahrern gemeinsame Sache. Aber dieser schien ihm nicht ungefährlich.
    Der Arbeiter, der Kemal gerufen wurde, kam zurück. «Weiß nicht, Chef, andere ist weg.» Unsicher blickte er zum Dicken, der sich wieder Martin vorknöpfte.
    «Hier ist gerade einer gestorben, der wie du hier rumgeschlichen ist.» Er stieß Martin vor die Brust.
    Das Glas bohrte sich schmerzhaft in Martins Brust, und er wich mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück. Hätte er bloß das verfluchte Päckchen fallen gelassen. «Lassen Sie mich los! Ich bin kein Einbrecher», fauchte er wütend.
    Der Dicke trat verblüfft einen Schritt zurück. Mit Widerstand hatte er nicht gerechnet. «Willst du was aufs Maul?»
    Das war das Letzte, was Martin gebrauchen konnte, eine Schlägerei mit den drei Männern. Ihm blieb nur die verbale Offensive, bei dem Versicherungsmann hatte es auch funktioniert.
    Doch der Dicke kam ihm zuvor. «Raus! Bringt diesen ... Scheißkerl ...», Martin bekam einen abfälligen Blick, der den Arbeitern klarmachen sollte, dass Rücksichtnahme überflüssig war,«... zum Büro. Soll die Polizei sich mit ihm rumärgern», befahl er. Plötzlich bemerkte er das Paket unter Martins Jacke. «Was hast du da? Zeig her!»
    Martins Gedanken überschlugen sich. Wie konnte er das Päckchen retten, den möglichen Beweis für ... ja, wofür? Aber in dieser Lage blieb ihm nichts anderes übrig, als es herauszurücken, bei einem Kampf gegen die drei hatte er schlechte Karten. Der Fettwanst schien wenig Skrupel zu haben, drohend kamen er und die Arbeiter näher, Martin wich zurück und gab ihnen schließlich das Päckchen. Mit der anderen Hand betastete er die Wunde auf der Brust. Als er sie zurückzog, sah er das Blut an den Fingern.
    Der Dicke wickelte die Bretter aus, gab sie einem Arbeiter, nahm die Scherbe in die Hand und betrachtete das Etikett. Überrascht hob er den Kopf. «Verdammt!» Dann sah er sich um, ob ihn jemand hören konnte, und sagte leise: «Nicht ins Büro - bringt ihn in den Keller, und auf keinen Fall die Polizei rufen ...»
    «Die ist schon da», ertönte eine Martin bekannte Stimme aus dem Dunkel, und Grivot trat linkisch ins Licht. Er zog etwas aus der Brieftasche und zeigte es dem Lagerleiter. «Ich bin die Polizei.» Dabei lächelte er maliziös. Die Fassungslosigkeit des Dicken schien ihm zu gefallen.
    Der erholte sich schnell von dem Schock. «Oh, warum sagen Sie das nicht gleich, Monsieur ... Kommissar. Ich wurde nicht informiert, dass Sie im Hause sind. Ich leite hier das Lager.»
    Glück in der letzten Minute, Martin atmete auf. Gleichzeitig ärgerte er sich über sich selbst. Er hatte den Fettwanst unterschätzt, so viele Gehirnzellen hatte sich der Mann anscheinend doch noch nicht kaputtgesoffen. In Zukunft würde er sich vorsehen müssen, er tappte hier in Bordeaux herum, als sei er im Urlaub. Dabei sagte die Kreidezeichnung auf dem Boden ganz klar, dass es hier um den Tod eines Menschen ging.
    Der Lagerleiter drehte sich zu den Arbeitern um. «Ihr verschwindet jetzt, mit dem da. Macht, was ich gesagt habe.»
    Grivot, jetzt Kommissar statt Versicherungsagent, lächelte nicht mehr. «Nichts da, Sie machen gar nichts! Damit wir uns richtig verstehen, dieser Herr arbeitet mit mir zusammen.»
    «Dann will ich auch Ihren Ausweis sehen», herrschte der Lagerleiter Martin an. Es war offensichtlich, dass er Grivot nicht glaubte. «Erklären Sie mir

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