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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Madame Latroye allein zurechtkommt. Ich werde erst...» Den Rest des Satzes verschluckte er. Es war besser, nicht zu sagen, wann er wiederkäme. Garenne mochte eitel sein, dumm war er auf keinen Fall. Martin wurde klar, wie wenig er doch wusste.
    «Die Aufzeichnungen von Gaston haben sich wieder gefunden», platzte Petra wichtigtuerisch heraus, «ein Nachbar hat sie aufbewahrt. So waren sie vor den Einbrechern sicher, die das Haus überfallen haben. Davon haben Sie sicherlich gehört, Monsieur Garenne. Jetzt ist das mit dem Wein nur noch ein Kinderspiel.»
    Sie war wirklich l‘oie, die Gans. In diesem Moment hätte Martin Petra am liebsten den Mund mit der Serviette gestopft. Zu spät. Wo hatte sie das aufgeschnappt? Er hatte ihr nichts davon gesagt. Im Stillen beglückwünschte er sich, dass er ihr die Geschichte von den zwei Versionen des Haut-Bourton verschwiegen und die restlichen Flaschen zu Sichel gebracht hatte. Auf Petra war überhaupt kein Verlass. Was spielte diese blöde Gans, die absolut nichts von Wein verstand, sich hier auf? Er beobachtete Garenne, aber dieser zeigte keinerlei Reaktion, außer dass er sich hämisch grinsend zu Martin beugte.
    «Großartig, da können wir bald wieder mit einem schönen Jahrgang rechnen.»
    Martin stand auf und ließ sich den Weg zur Toilette zeigen, und nachdem er sich vergewissert hatte, allein zu sein, rief er von dort Jean-Claude an. Gastons Bruder meldete sich sofort.
    «Hol bitte die Kladden von Gaston aus meinem Zimmer! Sie liegen auf dem Nachttisch, und bringe sie bitte gleich zu Monsieur Jerome, zum Nachbarn!»
    Jean-Claude wollte Genaueres wissen, aber Martin unterbrach ihn. «Frage mich nicht, ich erkläre es dir morgen. Es hat vielleicht was mit dem Einbruch zu tun. Sag ihm, er soll sie gut verstecken, und um Himmels willen nicht in seinem Haus. Bitte, tu es auf der Stelle.»
    Kaum hatte Martin aufgelegt, als er den Anruf schon wieder bereute. Jetzt zog er Monsieur Jerome mit in die Angelegenheit. Diskret machte er auf der Suche nach Charlotte eine Runde durch die anderen Räume. Sie saß mit dem Rücken zu ihm, den Nacken hätte er unter Hunderten wiedererkannt. Sie war mit dem Bürgermeister und dem Rest ihrer Tischgesellschaft in eine hitzige Debatte verwickelt. Keine Chance. Er kehrte an seinen Tisch zurück.
    Garenne führte eine laute Unterhaltung mit einem unscheinbaren Mann am Nachbartisch. Als er Martin sah, hob er plötzlich theatralisch sein Glas und prostete dem Mann zu: « Encore un que les boches n‘auront pas!!» Dann sah er Martin lauernd an - hatte er den Satz verstanden?
    «Das ist Bankier Fleury», raunte der Chefredakteur Martin zu, um von der Szene abzulenken, die allen am Tisch peinlich war. «Er ist von der Banque Agricole National.»
    Martin setzte sich und sagte ungerührt: «Ich kenne diesen dämlichen Trinkspruch, er stammt aus der Zeit der deutschen Besatzung. Heute wirkt er nur chauvinistisch: Noch einer , den die Deutschen nicht kriegen werden. Wieso exportieren Sie Ihre Weine eigentlich nach Deutschland, Monsieur Garenne?»
    Die Provokation verpuffte, doch Garenne ließ sich den Wind nicht aus den Segeln nehmen.
    Selbstgefällig wandte er sich wieder an Petra. Seine Lautstärke machte das Zuhören unvermeidlich. «Mein Großvater war natürlich in der Resistance, wie jeder gute Franzose. Wir haben die Deutschen reingelegt, wo es nur ging. Großvater hat es auf seine Weise gemacht, er hat ihnen einen Superieur als Grand Cru verkauft.» Garenne lachte und wischte sich mit der Serviette die Schweißperlen von der Stirn. «Wie sollten sie es auch merken? Dieses Volk versteht absolut nichts von Wein, außer von ihrem sauren Riesling. Den Gewinn aus diesen Geschäften hat Großvater der Resistance zur Verfügung gestellt, ein wahrhafter Patriot. Irgendwann sind sie darauf gekommen - er ist verraten worden - und haben ihn abgeholt. Sie haben ihn gefoltert. So etwas vergisst ein Franzose nicht. Niemals!» Garenne sah Martin an, als hätte er einen leibhaftigen SS-Mann vor sich.
    Die Ober kamen im richtigen Moment, einer servierte einen Brie de Meaux in Cremesoße, der andere schenkte dazu einen Sauternes ein. Der Genuss des Käses mit dem Süßwein beschäftigte alle und besänftigte die Gemüter. Die ersten Gäste standen auf und gingen zur Bar, wo Kaffee, Mokka, Espresso und Cappuccino angeboten wurden. Martin schloss sich an.
    Er bat um einen Mokka und rührte gedankenverloren in der Tasse. Fürs Erste hatte er genug erfahren. Er

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