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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Worte im Munde herumdrehen: Es sei seine Schuld gewesen, dass sie sich den ganzen Abend über mit Garenne hätte unterhalten müssen. Und so weiter.
    Die Scheinwerfer tasteten sich durch die Nacht, rissen Bäume aus dem Dunkel und ließen sie sofort wieder in der Schwärze versinken, Insekten starben auf der Windschutzscheibe.
    Petra zog die Haarnadeln aus ihrem Haar, das sofort ungeordnet über die Schultern fiel. «Dein Verhalten war absolut daneben», sagte sie, während sie sich kämmte. «Was deine Geschäftsfreunde und Monsieur Garenne von mir halten, ist dir wohl völlig egal? - Er wird mir die Public Relations für seine Châteaus in Deutschland übertragen! Da staunst du, was?»
    «Das hast du damals auch für mich machen wollen, als wir uns kennen gelernt haben. Und was Garenne von dir zu halten hat? Das weiß er längst.»
    Petra überging Martins Bemerkung. «Pierre Garenne, er ist ein großartiger Mann. Kultiviert, mit Visionen, er ist jemand, der sich nicht mit Kleinigkeiten abgibt, er will etwas bewegen - und er kann es.» Sie hob den Kopf, reckte das Kinn und betrachtete ihren Hals im Spiegel.
    «Geld will er bewegen - und sein übersteigertes Ego ausleben», brummte Martin vor sich hin. «Genießen kann er nicht, er nimmt von allem zu viel. Du musst besser hinsehen.» Martins Augen folgten dem Scheibenwischer, der die toten Mücken auf der Frontscheibe verschmierte. Er würde Wasser in die Scheibenwaschanlage nachfüllen, gleich morgen. Hoffentlich waren sie bald wieder in Saint-Émilion, damit dieser unerfreuliche Teil des Abends ein Ende hätte.
    «Du bist neidisch und eifersüchtig», sagte Petra nach einer langen Pause.
    «Auf Garenne? Ha!» Martin lachte auf. «So ein Quatsch», sagte er mit voller Überzeugung. «Wenn ich so wäre wie der, würde ich mich erschießen. Und vom Wein, meine Liebe, da versteht er nicht besonders viel, so wie der den Grandville weggezogen hat. So einen Wein kostet man fingerhutweise. Schade um jeden Tropfen, der Wein war traumhaft. Bei deinem neuen Arbeitgeber hätte es auch ein Supérieur getan, Hauptsache 13,5 Prozent.»
    «Was verstehst du schon von Wein? Im Gegensatz zu dir hat er ein Imperium geschaffen, eine ganze Kette von Châteaus. Mach das erst mal nach, du mit deinem spießigen Weinladen!»
    «Geerbt hat er alles, sonst nichts. Seit Generationen in Familienbesitz, hat er selbst gesagt. Einige Betriebe hat er bereits verkaufen müssen ...!»
    «... wer hat dir denn das erzählt? Dieser Kleine, der zum Schluss neben uns stand? Das waren wahrscheinlich unrentable Kellereien, es war bestimmt sinnvoll, sich davon zu trennen.»
    «Du weißt ja bestens Bescheid über seinen Laden.»
    «Der Neid der Besitzlosen!» Petra lachte, und wie sie es tat, voller Verachtung, ließ Martin nachdenklich werden. Sie klang gefährlich, sie konnte ihm schaden. «Nächsten Monat wird Monsieur Garenne zum Vize-Präsidenten der Union des Grands Crus de Bordeaux gewählt. So jemand an der Spitze des Winzerverbandes könnte dir nützlich sein, aber das kapierst du nie.»
    «Wobei? Um mit den Leuten rumzukungeln?»
    «Du bist ein schlechter Verlierer», sagte sie und warf den Kopf in den Nacken.
    «Ist dir eigentlich nicht klar, dass du gerade verloren hast?»
    Petra schwieg, und Martin dachte darüber nach, wie sehr er sich in ihr geirrt hatte. Gaston hingegen hatte Petra sofort als das erkannt, was sie war: eine Gans.
    Sein Freund hatte ins Schwarze getroffen, und er? Er war hinter der Gans hergelaufen, auf ihr Aussehen abgefahren, auf ihre Figur, eine Zeit lang auch auf ihren Geschmack. Er hatte sich mit ihr zeigen können, und im Bett war sie sehr angenehm gewesen. Dabei war der Rest auf der Strecke geblieben. Nun gut, das würde jetzt vorbei sein.
    Der aggressive Unterton in Petras Stimme und ihre Schwärmerei für Garenne zeigten ihm, dass sie glaubte, sich verliebt zu haben - in den Mann, in seine gesellschaftliche Stellung - oder in sein Vermögen?
    Bei einer Frau wie Petra war wahrscheinlich Letzteres ausschlaggebend. Sie stammte aus bescheidenen Verhältnissen, und wieder so arm zu sein wie ihre Eltern war das Schlimmste, was sie sich vorstellen konnte. Dabei verdiente sie richtig gut, aber nie genug für die Angst im Hintergrund, dass es wieder bergab gehen könnte. Die Angst war ihr Motor, ihr Antrieb, allerdings kein Perpetuum mobile, denn sie verbrauchte Petra. Sie würde sich niemals davon freimachen können. Und darum war das Einzige, wofür sie sich interessierte,

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