Tod in Bordeaux
kannte die Namen von Garennes Châteaus und hatte etwas über dessen Großvater und seine Rolle in der Resistance erfahren. Garenne war unbeherrscht, undiplomatisch, und er trank zu viel. Menschen, die ihn nicht interessierten, ließ er links liegen. Und er war arrogant und zu sehr von sich selbst überzeugt. Martins erster Eindruck war richtig gewesen.
«Amüsieren Sie sich gut? Sie haben ja an einem interessanten Tisch gesessen.» Charlotte stand wie vom Himmel gefallen vor ihm.
Martin lachte sie erfreut an. «Und, der Bürgermeister? Ist er amüsant? Eigentlich wollte ich Sie einladen, aber meine Ex-Freundin hat sich plötzlich dazwischengeschoben.»
«So ein Pech. Die Blonde, mit der Sie gekommen sind? Sehr charmant, Kompliment. Und da überlassen sie Garenne einfach so das Feld?»
Martin hob die Augenbrauen. «Sie sehen wohl alles. Es gibt Schlimmeres. Sie kennen Garenne?»
«O ja, wer kennt ihn nicht.»
«Ein Mann mit Verbindungen, wie es scheint. Sein Großvater war in der Resistance?»
«Ach? Hat er wieder damit angegeben? Alles Schwindel, aber das erzähle ich Ihnen ein andermal. Meine Eltern würden Sie gern noch einmal sehen, bevor sie fahren. Wieso hat meine Mutter Sie so gern? Sie spricht nur gut von Ihnen.»
«Vielleicht sollten Sie auf sie hören», antwortete Martin, der seine gute Laune wieder fand. «Was ist mit dem Bürgermeister?»
«Eifersüchtig?»
«Und wenn?»
«Das sollten Sie nicht sein.» Charlotte stellte ihre Espressotasse auf die Bar. «Da kommt Ihre Freundin - oh, mit Garenne. So, ich muss zurück, die Politik erwartet mich. Ich fahre übrigens am Montag auch zurück nach Paris. Wir sehen uns dann vielleicht morgen - bei uns. Gute Nacht.» Damit drehte sie sich um und tauchte im Gewimmel unter.
Garenne drängelte mit dem Banker im Schlepptau, der Garennes widerstrebende Freundin untergehakt hatte, an die Bar, während Petra direkt auf Martin zusteuerte. Obwohl sie ausgesprochen zufrieden aussah, wollte sie gehen.
«Ich habe noch etwas Geschäftliches zu besprechen», sagte Martin und winkte einem Winzer zu, über den er einen Teil seiner «Inoffiziellen» bezog. Er bat Petra, die ungehalten von einem Bein aufs andere trat, sie für einen Moment allein zu lassen. Als sie nicht ging, ließ er sie stehen.
«Wie kannst du mich vor diesem Mann so bloßstellen», fauchte sie, als er zurückkam, «eine Unverschämtheit!»
Martin ignorierte sie und machte sich auf die Suche nach Bichot.
«Ein aufschlussreicher Abend? Hat Ihr Tischnachbar Sie gut unterhalten?»
«Mehr als das, ein reizender Zeitgenosse. Er hat von seinen diversen Châteaus erzählt. Clairmont hat er genannt, dann sind da noch Belaire, La Dune und Château Roche ... das wollten Sie doch, nicht wahr?»
Bichot ging nicht darauf ein. «Er hat noch ein paar andere besessen, vier oder fünf. Die hat er alle verkauft. Von Moulin de la Vaux bei Castillon hat er nichts gesagt?»
«Nein.» Martin hatte den leisen Verdacht, dass Bichot ihm die Informationen nur häppchenweise vorwarf. Aber wozu? Bevor er fragen konnte, ob der Haut-Bourton, den Gaston ihm gegeben hatte, von Bichot stammte, tauchten Garenne und Petra auf.
«Da Monsieur Martin anderweitig beschäftigt ist, leider, schicke ich Ihnen meinen Chauffeur, Madame Petra. So gegen elf? Haben Sie dann ausgeschlafen, ja? Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Heimweg. Bis morgen dann, ich freue mich sehr.»
Wieder kam ein Handkuss mit glühendem Blick, für Martin gab es einen Klaps auf den Rücken.
Kapitel 8
Petra klappte die Sonnenblende im Wagen herunter und betrachtete sich in dem kleinen Spiegel auf der Rückseite. Das Licht des Lämpchens darüber machte ihr Gesicht maskenhaft starr. «Mich einfach stehen zu lassen!», platzte sie heraus. «Was denkst du dir eigentlich? Vor all den Leuten! Einiges bin ich ja gewohnt, aber so etwas hast du dir noch nie erlaubt!»
«Was bist du gewohnt?», fragte Martin, ohne den Blick von der nächtlichen Landstraße zu nehmen. Er dachte daran, ihr zu sagen, dass es an der Zeit wäre, sich noch ganz andere Sachen zu erlauben, aber er war zu träge, es auszusprechen. Vor ihnen warf die Großstadt Bordeaux ihren hellen Schein gegen den dunklen Himmel. Eigentlich war es eine schöne Herbstnacht. Der Grandville von 1967 war einer der besten Weine, den er je getrunken hatte, um Klassen besser auch als der echte Haut-Bourton. Es wäre schade, die Erinnerung daran jetzt durch einen Streit zu zerstören. Petra würde ihm sowieso die
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