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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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gestern lange weg, im Médoc. Wollen Sie die Kladden heute Abend abholen? Ich habe sie dann hier.»
    Erfrischend und unkompliziert, dieser Mann, dachte Martin, als er in Libourne vor einem Bistro hielt, wo niemand von seinem Wagen Notiz nahm und er in Ruhe frühstücken und die Adresse von Château Clairmont heraussuchten konnte. Plötzlich erinnerte Martin sich, wie Petra von den wieder aufgetauchten Notizen gesprochen hatte. Hatten Caroline oder ihre Mutter ihr auch von seinen Vermutungen über Gastons Tod erzählt? Petra würde Garenne heute treffen - und sie würde ihm alles sagen, was sie wusste. Martin verging der Appetit, er zahlte und ging.
    Clairmont in Côtes du Bourg war, im Gegensatz zu Moulin de la Vaux, leicht zu finden. Vor dem Ort stand ein Wegweiser, diesmal ohne Einschusslöcher. Martin fuhr etwa fünf Minuten in die angegebene Richtung: Rebstöcke, so weit das Auge reichte. Das herbstliche Weinlaub glühte in der Sonne. Die Zeilen zogen sich wie Land Art über die Hügel. Einige folgten der Topographie, andere strebten geradewegs von den Kuppen in die Senken. In einem Weinberg standen die Rebzeilen quer zum Weg der Sonne horizontal ausgerichtet, in einem anderen verliefen sie vertikal - um die unterschiedlichen Temperaturen am Tag und in der Nacht für die Reife besser auszunutzen. Welche Methode war richtig? Martin kannte viele Winzer, die mit beiden Ansätzen wunderbare Weine hervorgebracht hatten.
    Die Rebzeilen rings um das große Anwesen von Château Clairmont standen parallel zur Landstraße. «Sonntags Weinprobe» stand auf Französisch, Englisch und Deutsch an der Einfahrt, ein asphaltierter Weg führte nach links zum Parkplatz, wo Martin den Wagen abstellte. Von dort gelangte er über einen breiten Kiesweg zum Château.
    Drei Häuser standen U-förmig um einen Platz, in dessen Mitte die Replik eines Springbrunnens aus dem 18. Jahrhundert beruhigend plätscherte. Die Häuser aus mittlerweile ergrautem Sandstein waren von Rasen und kitschigen bunten Beeten umgeben, links das zweistöckige Bürogebäude, in der Mitte der flache Bau, in dem die Weine verkostet wurden und aus dem man bereits die ersten weinseligen Deutschen hören konnte, die lautstark ihre Kommentare abgaben und ihre Frauen mit technischen Details langweilten.
    Ganz rechts, von einer Reihe erst kürzlich gepflanzter Bäume halb verdeckt, erstreckte sich der lange Bau der Kellerei, die frisch gestrichenen Flügeltüren einladend geöffnet. Alles war modern, gepflegt und funktional. An den Wänden wuchernder Efeu gab dem weitläufigen Komplex eine familiäre Atmosphäre.
    Der Raum für die Weinprobe war mit Besuchern gefüllt, die sich vor dem langen Tisch drängten, an dem die Weine ausgeschenkt wurden. Italiener, Holländer, Deutsche und Engländer redeten durcheinander. Martin lauschte dem Sprachgewirr, sein Beruf hatte es mit sich gebracht, dass er Englisch und Italienisch sprach und sich auch mit spanischen Winzern verständigen konnte. Nur mit den Portugiesen haperte es etwas.
    Das Personal, das die Weine ausschenkte und dazu erläuternde Hinweise gab, war dicht umlagert. Das Gedränge war Martin äußerst willkommen, so konnte er sich ungestört umsehen. An einer Wand lagen in einem Präsentationsregal die Weine der Châteaus, die Garenne aufgezählt hatte. Ein quer liegender Metallbügel sicherte sie gegen Diebstahl. Es mochten so an die dreißig verschiedene Flaschen sein, die neueren Jahrgänge des Haut-Bourton waren auch darunter, nicht aber der Moulin de la Vaux, den Martin zu gern mit dem verglichen hätte, den er am Morgen probiert hatte. Er stellte sich an die Tafel, ließ sich von diesem und jenem Wein etwas einschenken und bekam von einer jungen Frau, die nervös mit den Augen zwinkerte, eine Preisliste in die Hand gedrückt. Auch hier fehlte der Moulin. Martin hielt die junge Dame zurück und fragte auf Deutsch: «Kann man das Château besichtigen?»
    «O ja, natürlich, sehr gern.» Die junge Dame zwinkerte, dabei taxierte sie ihn; gehörte er zu jenen, die viel Geld ausgaben? «In einer Viertelstunde beginne ich die Führung für deutsche Gäste. Notieren Sie hier bitte Namen und Adresse, dann können wir Sie auch in Zukunft über alles informieren.» Sie schob ihm einen Zettel zu.
    Martin trug sich unter falschem Namen ein und vertrieb sich die Zeit bis zur Führung mit der Beobachtung der Besucher. Es verwunderte ihn immer aufs Neue, wie rücksichtslos Männer mit ihren Frauen umgingen. Hatten sie eine

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