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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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gesprochen, in La Esperanza«, fuhr der Korporal nach einer Weilefort. »Er glaubt auch, daß die Berge ihre Geister haben, Doña Adriana, genau wie Sie. Die apus . Blutige Geister, wie es scheint. Wenn ein Gelehrter das sagt, der so viel weiß wie dieser Gringo, dann wird es so sein. Vielen Dank, daß Sie mein Leben gerettet haben, meine Herren apus von Junín.«
    »Man kann nicht sagen ›meine Herren apus ‹«, wies Dionisio ihn zurecht. » Apu bedeutet ja Herr in Quechua. Und jede Wiederholung ist eine Beleidigung, mein Herr Korporal, wie es im Lied heißt.«
    »Man sagt auch nicht ›mein Herr Korporal‹«, erwiderte Lituma. »Entweder Korporal oder Herr, aber beides zusammen ist Verarschung. Aber Sie verarschen ja ständig die Leute.«
    »Ich versuche, den Humor nicht zu verlieren«, räumte Dionisio ein. »Obwohl es bei diesen Ereignissen schwierig ist, nicht wie alle anderen zu verbittern.«
    Und er begann sogleich eine dieser Weisen zu pfeifen, zu denen er auch mit den Füßen zu stampfen pflegte, abends, wenn alle sich in seiner Kantine betranken. Litumas Herz zog sich zusammen bei der traurigen Melodie. Sie schien aus der Tiefe der Zeiten zu kommen, den Nachhall einer Welt in sich zu tragen, die in diesen massigen Bergen begraben war. Er schloß halb die Augen und sah, wie sich vor ihm, leicht verschwommen durch das gleißende Licht des Tages, die kleine fügsame und zappelige Gestalt Pedrito Tinocos abzeichnete.
    »Ich kann mich nicht aufraffen, jetzt bei dieserSonne zum Posten hochzusteigen«, murmelte er, während er die Mütze abnahm und sich den Schweiß von der Stirn wischte. »Kann ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?«
    Weder der Kantinenwirt noch seine Frau antworteten ihm. Lituma setzte sich an das Ende der Holzbank, auf der Doña Adriana saß. Dionisio blieb stehen, rauchend, den Rücken an die mit Einkerbungen übersäten Bretter der Kantinentür gelehnt. Die Schreie und Rufe der Arbeiter, die die Steine wegräumten, drangen sporadisch zu ihnen, nahe oder fern, je nachdem wie der Wind stand.
    »Heute morgen hat das endlich mit dem Funk des Unternehmens geklappt, endlich konnte ich der Kommandantur in Huancayo den Bericht schicken«, sagte der Korporal. »Hoffentlich antworten sie bald. Ich weiß nicht, was wir hier noch machen, mein Amtshelfer und ich, außer darauf zu warten, daß man uns umbringt oder verschwinden läßt, wie den Stummen. Und Sie, was werden Sie jetzt tun? Werden Sie Naccos ebenfalls verlassen?«
    »Was bleibt uns anderes übrig«, sagte Dionisio. »Nicht einmal die Indios der Gemeinschaft wollen noch in Naccos leben. Die meisten jungen Leute sind zur Küste und nach Huancayo abgewandert. Es sind nur noch ein paar alte Leute da, die bald sterben werden.«
    »Dann werden hier nur die apus zurückbleiben«, schloß Lituma. »Und die pishtacos und mukis . Undunter sich ihre blutigen Gelage abhalten. Nicht wahr, Doña Adriana? Machen Sie nicht so ein Gesicht, es war ein Scherz. Ich weiß, Sie sind nicht zu Scherzen aufgelegt. Ich auch nicht. Ich rede so, weil ich etwas nicht aus dem Kopf bekomme, obwohl ich es möchte, und Sie wissen, was ich meine. Da drin sitzen sie, die drei, und vergiften mir das Leben.«
    »Und warum liegen ihnen diese Pechvögel so sehr am Herzen?« Dionisio stieß einen Mundvoll Rauch aus. »Bei so vielen Leuten, die täglich verschwinden oder sterben, warum gerade sie? Warum quält Sie nicht der, den sie in La Esperanza umgebracht haben, zum Beispiel? Sie haben was für Geheimnisse übrig, das hab ich Ihnen schon einmal gesagt.«
    »Diese Verschwundenen sind kein Geheimnis mehr für mich«, erklärte der Korporal, während er sich wieder Doña Adriana zuwandte, aber auch dieses Mal schaute sie ihn nicht an. »Dank Scharlach habe ich die Sache vorgestern abend aufgeklärt. Ich schwöre Ihnen, ich hätte es lieber nicht herausgefunden. Denn was ihnen passiert ist, ist das dümmste und perverseste von allen dummen und perversen Dingen, die hier passieren. Und niemand wird mich je von der Überzeugung abbringen, daß die Hauptschuldigen Sie beide gewesen sind. Vor allem Sie, Doña Adriana.«
    Aber nicht einmal jetzt reagierte Dionisios Frau. Sie blickte weiterhin mürrisch auf die Berge, als hätte sie nicht gehört oder als beherrsche sie ein Gedanke, der zu wichtig war, als daß sie sich für die Banalitäten interessieren könnte, die Lituma von sich gab.
    »Rauchen Sie eine Zigarette und hören Sie auf, mit offenen Augen zu träumen.« Dionisio

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