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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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erklärt hatte, wie schwierig es für sie und diesen großzügigen, selbstlosen jungen Mann, den Ingenieur Cañas, gewesen sei, die Aufforstung von Huancavelica in die Wege zu leiten, begannen sie ihr Fragen zu stellen. Sie taten es weder feindselig noch unfreundlich, mit knappen, mechanischen Floskeln und neutralen, routinierten Stimmen, so als wären all diese Fragen, dachte Señora d’Harcourt, eine unnötige Formalität, da sie die Antworten bereits kannten. Sie fragten sie, seit wann sie Berichte an die Polizei, die Armee, den Nachrichtendienst schickte, und erkundigten sich nach ihren Reisen und Expeditionen. Sie teilte ihnen sämtliche Einzelheiten mit. Das Geographische Institut der Armee habe sie gebeten, die ständige Kommission zu beraten, die den Atlas neu erstellte und ergänzte, und dies sei ihre einzige Verbindung mit den Streitkräften gewesen, abgesehen von dem einen oderanderen Vortrag in der Militärschule, in der Seefahrtsschule oder im Zentrum für Höhere Militärische Studien. Sie erkundigten sich nach ihren Kontakten zu ausländischen Regierungen, welchen sie diente, welche ihr Instruktionen sandten. Sie erklärte, es handle sich nicht um Regierungen, sondern um wissenschaftliche Institute, das Smithsonian in Washington, das Musée de l’Homme in Paris, das British Museum in London und einige ökologische Stiftungen oder Zentren, von denen sie zuweilen Mittel für kleine Projekte erhalten habe (»lächerliche Beträge, fast immer«). Aber während sie sprach, richtigstellte, präzisierte und obwohl sie in ihren Antworten ständig herausstrich, daß keiner ihrer Kontakte politischer Natur sei, daß all diese Verbindungen und Beziehungen wissenschaftlich seien, weiter nichts als wissenschaftlich, erfaßte sie angesichts der Mienen und Blicke ihrer Verhörer zunehmend die Gewißheit eines unüberwindlichen Mißverständnisses, einer Kommunikationslosigkeit, die tiefer war, als wenn sie Chinesisch und die anderen Spanisch gesprochen hätten.
    Als es zu Ende zu sein schien – ihr Mund war ausgetrocknet und ihr Hals brannte –, fühlte Señora d’Harcourt große Erschöpfung.
    »Werden Sie mich umbringen?« fragte sie und spürte, wie ihr zum ersten Mal die Stimme versagte.
    Der mit der Lederjacke schaute ihr, ohne zu blinzeln, in die Augen.
    »Das hier ist ein Krieg, und Sie sind ein Handlangerdes Klassenfeindes«, erklärte er ihr. Sein neutraler Blick war auf sie gerichtet, und er sprach mit seiner tonlosen Stimme. »Sie begreifen nicht einmal, daß Sie ein Instrument des Imperialismus und des bürgerlichen Staates sind. Und obendrein erlauben Sie sich auch noch den Luxus, ein gutes Gewissen zu haben, sich als die große Samariterin Perus zu fühlen. Ihr Fall ist typisch.«
    »Können Sie es mir erklären?« sagte sie. »Ich versteh es nicht, ehrlich gesagt. Inwiefern bin ich ein typischer Fall?«
    »Der typische Intellektuelle, der sein Volk verrät«, sagte der Mann mit der gleichen gelassenen, eisigen Sicherheit. »Der der bürgerlichen Macht dient, der herrschenden Klasse. Was Sie tun, hat nichts mit der Umwelt zu tun. Sondern mit Ihrer Klasse und mit der Macht. Sie kommen mit diesen Beamten hierher, die Zeitungen machen Werbung, und die Regierung gewinnt eine Schlacht. Wer hat behauptet, daß dies befreites Territorium sei? Wer hat gesagt, daß sich in diesem Gebiet bereits ein Teil der Republik der neuen Demokratie etabliert hat? Lüge. Hier ist der Beweis. Sehen Sie die Fotografien. Es herrscht bürgerlicher Frieden in den Anden. Sie wissen es auch nicht, aber hier entsteht ein neues Land. Unter Blut und Schmerzen. Gegenüber so mächtigen Feinden können wir keine Nachsicht walten lassen.«
    »Darf ich wenigstens Fürsprache für den Ingenieur Cañas einlegen?« stammelte Señora d’Harcourt. »Erist noch jung, vielleicht so alt wie Sie. Nie bin ich in Peru einem so idealistischen Menschen begegnet, keiner arbeitet so . . .«
    »Die Sitzung ist beendet«, sagte der junge Mann mit der Lederjacke, während er sich erhob.
    Als sie hinaustraten, ging gerade die Sonne hinter den Bergen unter, und die Baumschule mit den Setzlingen löste sich in einem gewaltigen Brand auf, dessen Feuerzungen die Luft wärmten. Ihre Wangen glühten. Señora d’Harcourt sah, daß der Fahrer in den Jeep stieg. Kurz darauf fuhr er auf der Straße nach Huancavelica davon.
    »Wenigstens ist er davongekommen«, sagte der Ingenieur Cañas neben ihr. »Ich freue mich, der Zambo ist ein guter Kerl.«
    »Es tut mir

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