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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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geküßt,aus freiem Willen. ›Sie fängt schon an, mich zu lieben‹, hab ich mir voll Hoffnung gesagt.«
    »Mit dieser ganzen Küsserei und Streichelei hast du mich erregt, Carreñito«, sagte Mercedes ihm ins Ohr, an seinem Ohrläppchen knabbernd. »Gehen wir endlich ins Bett, geben wir dem Aberwitz, uns hier zu zeigen, einen krönenden Abschluß.«
    Als sie gegen drei Uhr nachts das Lokal verließen, waren sie beide ziemlich betrunken. Aber die Wirkung des Cuba libre verflog sofort, als sie entdeckten, daß nicht weit von der Pension der Señora Alicia, an der Ecke, Feuerwehrwagen, ein Polizeiauto und etliche Leute standen. Die Anwohner waren auf die Straße gestürzt, als sie die Explosion gehört hatten.
    »Sie sind aus einem Lieferwagen gestiegen und haben in aller Ruhe den Sprengkörper vor einem Holzhäuschen abgelegt, zwanzig Meter von der Pension Tante Alicias entfernt«, erklärte sein Amtshelfer. »Das war der dritte Beweis. Noch ein Zufall, Herr Korporal?«
    »Tomasito, jetzt glaube ich dir wirklich kein Wort mehr. Das mit der Bombe schluck ich nicht. Wenn die Narcos dich umbringen wollten, hätten sie dich umgebracht, erzähl keinen Scheiß.«
    Die Explosion ließ die Fensterscheiben vieler Häuser im Umkreis zu Bruch gehen und setzte einen Müllhaufen in Brand, der sich auf einem unbebauten Gelände angesammelt hatte. Señora Alicia befand sich unter den Nachbarn, in eine Decke gehüllt. Sietat, als kenne sie Carreño und Mercedes nicht, als diese sich unter die Gaffer mischten. Bis es tagte, vertrieben sie sich die Zeit am Zugang zu einer quinta in der Umgebung. Sie kehrten zurück, als die Streifenpolizisten und Feuerwehrleute sich entfernt hatten. Tante Alicia ließ sie rasch herein. Ihrem Haus war nichts passiert, und sie wirkte nicht verschreckt; ihr kam nicht der Gedanke, daß die Bombe etwas mit Carreño zu tun haben könnte. Sie vermutete wie die Nachbarn, daß es sich um ein Attentat gegen einen Beamten der Präfektur handelte, der in derselben Straße wohnte. Der Lieferwagen hatte vor ihrer Haustür kurz angehalten; Tante Alicia, die sich aus dem Fenster lehnte, um frische Luft zu schöpfen, sah ihn und hörte sogar Geflüster im Innern des Fahrzeugs. Dann fuhr es weiter bis zur Ecke, wo die Typen ausstiegen, um die Bombe zu deponieren. In ihrer Unkenntnis legten sie sie vor das unbewohnte Haus. Oder vielleicht war es keine Unkenntnis, vielleicht wollten sie niemanden töten und nur diesem Menschen von der Präfektur eine Warnung zukommen lassen.
    »Mercedes glaubte das mit dem Beamten keine Sekunde«, sagte Tomasito. »Sie schwor, daß die Sache gegen uns gerichtet war. Sie beherrschte sich vor Tante Alicia, so gut sie konnte, und als wir allein waren, klappte sie zusammen.«
    »Für wen sollte diese Bombe denn bestimmt sein, wenn nicht für dich und mich? Von wegen Beamter der Präfektur. Verstecken wir uns denn nicht? Es istsoweit, sie haben uns am Wickel. Und sie haben es uns wissen lassen. Sie wollen uns umbringen, und wir tanzen im ›Rincón de los Recuerdos‹. Bist du zufrieden, du Spinner?«
    Sie sprach mit gepreßter Stimme und zitterte von Kopf bis Fuß. Sie rieb ihre Hände so heftig, daß der Junge sie mit Gewalt voneinander löste, da er befürchtete, sie könnte sich wehtun. Er konnte sie nicht beruhigen. Sie weinte und redete wirr vor sich hin, sagte, sie wolle nicht umgebracht werden, beschimpfte ihn oder rollte sich auf dem Bett zusammen, warf sich schluchzend hin und her, außer sich vor Verzweiflung.
    »Ich hab geglaubt, sie würde sterben, sie würde vor lauter Angst einen Anfall oder so was kriegen«, sagte Tomasito. »Mich erschreckt sonst nichts, aber sie in diesem Zustand zu sehen machte mich fertig. Ich fühlte mich völlig verloren, ich wußte nicht, was ich ihr versprechen sollte, damit sie zu weinen aufhörte. Mir waren die Versprechen und die Schwüre ausgegangen, Herr Korporal.«
    »Und was hast du gemacht?« fragte Lituma.
    Er ging zu der Fliese, die er gelöst hatte, um das Paket mit den Dollars zu verstecken, setzte sich auf den Bettrand und zwang es Mercedes auf, während er sie küßte, ihr über das Haar strich, ihre Stirn mit seinen Lippen trocknete und ihr sagte:
    »Sie gehören dir, mein Liebling, ob du bei mir bleibst oder nicht, sie gehören dir. Ich schenke siedir. Bewahre sie gut, versteck sie, sogar vor mir. Damit du dich sicherer fühlst, bis ich mit meinem Paten sprechen kann, damit du nicht das Gefühl hast, die Erde tut sich vor deinen

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