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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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rechts und nach links, näherten und entfernten sich. Casimiro brach in lautes Lachen aus und versuchte eine Weile, sie mit den Händen zu fassen. Beim Anblick dieser Clownerien mußte auch Lituma lachen, aber er zitterte und war von kaltem Schweiß bedeckt. Würde er irgendwann einmal die Baracke erreichen, wo ihn seine Holzpritsche mit einer Strohmatratze und einer Decke erwartete? Er lief in Schlangenlinien, ging vorwärts, kam zurück, drehte sich um sich selbst, wobei er die ganze Zeit versuchte, die Richtung einzuhalten, die ihm diese flüchtigen, kleinen, von Sekunde zu Sekunde verrückter spielenden Lichter wiesen. Er war so müde, daß er nicht einmal die Kraft hatte, sie zu beschimpfen. Aber dann fand er sich plötzlich in der Baracke, auf allen vieren, und versuchte, auf seine Pritschezu klettern. Es gelang ihm, wobei er mit dem Gesicht auf den Querpfosten traf und spürte, daß er seine Stirn und seine Arme aufschürfte. Als er bäuchlings auf dem Bett lag, mit geschlossenen Augen, mußte er plötzlich würgen; er versuchte, sich zu übergeben, aber es gelang ihm nicht. Dann wollte er sich bekreuzigen und beten, aber vor lauter Erschöpfung war er unfähig, den Arm zu heben, und außerdem erinnerte er sich auch nicht an das Vaterunser oder das Avemaria. Er versank in einen magensauren Halbschlaf, zitternd, aufstoßend und mit einem wandernden Schmerz, der sich durch seinen Bauch und seine Brust bewegte, bevor er ihn in den Achselhöhlen, im Hals und in den Oberschenkeln quälte. Wußte er, daß sie ihn bald holen würden?
    »Was nützt es uns, daß wir davongekommen sind, wenn der huayco uns die Arbeit genommen hat, mamay «, erwiderte der kleine Bucklige, an Doña Adriana gewandt. »Siehst du nicht, daß er die Bagger, die Traktoren, die Planierraupe zerstört hat?«
    »Ist das vielleicht ein Grund für Freudentänze, Doña Adriana?« fragte das Stachelschwein. »Das soll mir mal jemand erklären, ich versteh es nämlich nicht.«
    »Hat er uns nicht unser Dach genommen? Hat er nicht hundert Meter unter sich begraben, die schon zum Asphaltieren fertig waren?« echote ein anderer Arbeiter von einem der Grüppchen der Gäste her. »Jetzt haben sie den Vorwand, den sie wollten, um die Arbeiten einzustellen. Es gibt kein Geld mehr!Aus und Schluß! Schnallt den Gürtel enger und krepiert!«
    »Hier könnten jetzt apokalyptische Zustände herrschen, also heult nicht«, erwiderte Doña Adriana. »Ihr könntet jetzt ohne Beine, ohne Hände, ohne Augen, ohne einen heilen Knochen sein und dazu verurteilt, euer Leben lang wie Würmer über den Boden zu kriechen. Und diese elenden undankbaren Kerle jammern noch!«
    »Sing und vergiß die Sooorgen«, unterbrach Dionisio sie mit Stentorstimme. »Vertreiben wir sie also und tanzen wir einen huaynito wie in Sapallanga, meine Herrschaften.«
    Er stand in der Mitte der Kantine, schubste diesen und jenen und versuchte, eine Schlange zu bilden, die sich im Takt des Maultiertreiberliedes, das im Radio gespielt wurde, durch den Raum winden sollte. Aber Lituma merkte, daß nicht einmal die Betrunkensten sich aufrafften, ihm zu folgen. Diesmal ließ der Alkohol sie nicht die düstere Zukunft vergessen, sondern malte sie ihnen nur noch schwärzer. Das Gehüpfe und Geträller des Kantinenwirts machten Lituma leicht schwindlig.
    »Fühlen Sie sich nicht gut, Herr Korporal?« Tomasito faßte ihn am Arm.
    »Mir ist der Alkohol zu Kopf gestiegen«, stotterte Lituma. »Es geht bestimmt gleich vorbei.«
    Der Generator des Lagers war bereits ausgeschaltet, und es fehlten noch einige Stunden bis zur Morgendämmerung.Aber sie hatten Taschenlampen und bewegten sich leichtfüßig in der von gelben Lichtkegeln durchblitzten Finsternis. Sie waren so viele, daß sie kaum in den engen Raum paßten, aber sie drängelten nicht, noch kamen sie einander in die Quere, noch hatten sie es eilig, und sie schienen auch nicht ängstlich oder wütend zu sein und schon gar nicht nervös oder unsicher. Sie wirkten gelassen und zuversichtlich, und was das Seltsamste war, dachte Lituma, der kalte Atem, den sie von draußen mit hereinbrachten, wies nicht den geringsten Alkoholdunst auf. Sie bewegten sich mit ruhiger Entschlossenheit, wohl wissend, was sie taten, was sie tun würden.
    »Soll ich Ihnen helfen, sich zu übergeben?« fragte Tomasito.
    »Noch nicht«, antwortete der Korporal. »Aber wenn ich darauf verfallen sollte, wie diese Schwuchteln zu tanzen, dann halt mich fest und laß es nicht

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