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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Aussage des Schriftstellers in Croydon, dass er ein ziemlich unordentlicher Mann sei. Das Zimmer – ein langer Raum mit drei Fenstern, alle an der einen Längswand, Regale und Bücherschränke an den anderen – befand sich in einem Zustand des Chaos. Papiere lagen verstreut umher, desgleichen Pappdeckel und Bananen. Bierflaschen mussten sich mit aufgeschlagenen Büchern vertragen, Sofakissen mit einer Posaune, Porzellan mit Radierungen. Doch vor allem besaß Mr Clancy ein erstaunliches Sortiment an Füllfederhaltern.
    Augenblicklich kämpfte er inmitten dieses Durcheinanders mit einem Fotoapparat und einem Film.
    «Du meine Güte!», sagte Mr Clancy, als der Besucher gemeldet wurde. Er stellte den Apparat auf den Tisch, und prompt fiel der Film auf den Fußboden und entrollte sich, während der Hausherr sich der Tür zuwandte.
    «Sehr erfreut, Sie zu sehen.»
    «Hoffentlich erinnern Sie sich an mich», sagte Poirot. «Dies ist meine Sekretärin, Miss Grey.»
    «Willkommen, Miss Grey.» Er schüttelte ihr die Hand und richtete hierauf das Wort wieder an Hercule Poirot. «Ja, natürlich erinnere ich mich an Sie… wenigstens… wo trafen wir uns doch? War es nicht im Skull-Club?»
    «Wir machten zusammen im Flugzeug eine sehr unheilvolle Reise von Paris nach London, Mr Clancy.»
    «Richtig, richtig! Und Miss Grey ebenfalls. Nur entsinne ich mich nicht, dass sie Ihre Sekretärin war. Mir schwebt sogar dunkel vor, sie sei in einem Schönheitssalon oder dergleichen tätig.»
    Jane schaute Hilfe suchend Poirot an, der sich der Lage aber völlig gewachsen zeigte.
    «Ihr Gedächtnis trügt Sie nicht, Mr Clancy. Aber als tüchtige und umsichtige Sekretärin hat Miss Grey bisweilen andere Arbeit, wenn auch vorübergehender Art, zu leisten – Sie verstehen wohl?»
    «Gewiss», versicherte der Schriftsteller. «Ich vergaß, dass Sie ja Detektiv sind – ein echter. Kein Mann von Scotland Yard. Nehmen Sie Platz, Miss Grey. Nein, nein, bitte nicht dort. Ich glaube, der Stuhl ist mit Marmelade befleckt. Wenn ich diesen Stapel fortschiebe… O weh, jetzt poltert alles herunter. Na, schadet nichts! Und Sie sitzen am besten hier, Monsieur Poirot. Keine Angst, die Rückenlehne ist nicht wirklich gebrochen; sie knackt nur ein wenig, wenn man sich dagegenlehnt. Vielleicht täten Sie allerdings gut daran, sich nicht allzu fest anzulehnen. Ja, Sie sind Privatdetektiv wie der William Rice meiner Bücher. Das Publikum schätzt meinen William Rice sehr. Er pflegt an seinen Nägeln zu knabbern und eine Menge Bananen zu verzehren. Warum ich ihn im ersten Buch Nägel kauen ließ, weiß ich selbst nicht – es ist doch eine scheußliche Angewohnheit. Aber da ich einmal damit angefangen habe, muss er es in jedem Buch tun. Ein bisschen monoton, wie? Der Einfall mit den Bananen ist besser; den kann man prächtig ausschlachten. Flüchtende Verbrecher zum Beispiel, die auf einer fortgeworfenen Schale ausgleiten. Ich esse selbst viel Bananen, daher vermutlich die Idee. Aber die Nägel beiße ich mir nicht ab. Ein Bier, Monsieur Poirot?»
    «Danke, nein.»
    Mr Clancy seufzte, setzte sich dann gleichfalls und starrte den kleinen Belgier ernst an.
    «Ich errate, weshalb Sie mich aufsuchen. Wegen der Ermordung von Madame Giselle. Wieder und wieder habe ich darüber nachgegrübelt. Sie mögen sagen, was Sie wollen: Es bleibt erstaunlich. Ein vergifteter Pfeil und ein Blasrohr im Flugzeug! Wie ich Ihnen schon erzählte, habe ich das Motiv sowohl in einem Buch als auch in einer Kurzgeschichte verwandt. Natürlich war der Mord auf der ‹Prometheus› ein entsetzlicher Vorfall, aber er hat mich gepackt.»
    «Als Autor, Mr Clancy, nicht wahr? Das verstehe ich durchaus…»
    Der Schöpfer von William Rice strahlte.
    «Wirklich? Nun, man sollte ja eigentlich meinen, jeder müsse es verstehen, sogar die Behörden. Nichts dergleichen! Argwohn – das ist alles, was ich bei dem Inspektor und den Geschworenen erntete. Da lasse ich mich herbei, der Polizei einen Wink zu geben, damit ich zu guter Letzt von diesen Tröpfen auch noch verdächtigt werde. Aber ich habe meine Methoden!», lachte Mr Clancy fröhlich auf.
    «Methoden? Inwiefern?»
    Der Schriftsteller legte seinem Besucher vertraulich die Hand aufs Knie.
    «Es ihnen heimzuzahlen, Monsieur Poirot. Ich werde jenen Inspektor – Japp heißt er ja wohl – in meinem nächsten Buch bringen. Ah, sie sollen sehen, wie William Rice mit ihm fertig wird!»
    «Zwischen zwei Bananen, sozusagen», flocht Poirot

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