Tod in der Königsburg
verwickelt sein?« meinte Eadulf.
»Ich traue ihm nicht«, erwiderte Fidelma. »Wenn er sich aber an einer Verschwörung beteiligt, dann wohl kaum zusammen mit den Uí Fidgente. Er hätte nicht sofort zugegeben, daß er zu den Corco Baiscinn gehört. Doch es ist besser, Leuten zu mißtrauen, als leichtgläubig zu sein.«
Eadulf erwiderte nichts.
Sie trafen Bruder Madagan am Tor der Abtei im Gespräch mit dem Abt.
»Seid ihr schon zu irgendwelchen Ergebnissen gelangt?« erkundigte sich Abt Ségdae eifrig.
»Für Ergebnisse ist es noch viel zu früh«, antwortete Fidelma und gab Bruder Madagan den Schlüssel von Bruder Mochtas Zelle zurück. »Sobald ich etwas Sicheres erfahre, lasse ich es dich wissen.«
»Ich habe wohl auf ein Wunder gehofft«, stellte Abt Ségdae bekümmert fest. »Wenigstens ist von den heiligen Reliquien das Kruzifix Ailbes wieder in Sicherheit.«
Fidelma legte dem alten Mann beruhigend die Hand aufden Arm. Sie wünschte, sie könnte mehr tun, um diesem alten Freund und Anhänger ihrer Familie Mut zu machen.
»Sorg dich nicht unnötig, Ségdae. Wenn es eine Lösung für das Rätsel gibt, dann finden wir sie.«
»Kann ich sonst noch etwas für euch tun, ehe ich wieder an meine anderen Aufgaben gehe?« fragte Bruder Madagan.
»Vielen Dank, aber im Augenblick nicht. Bruder Eadulf und ich gehen in die Stadt und kommen vielleicht erst spät zurück.« Sie zögerte. »Ach, du erwähntest, daß die Zellen neben der Mochtas bewohnt sind. Wo findet man ihre Bewohner?«
Bruder Madagan schaute über Fidelmas Schulter zum offenen Tor der Abtei. »Du hast Glück, da kommen die beiden Brüder gerade zurück.«
Fidelma und Eadulf wandten sich um und erblickten zwei Mönche, die dem Tor zustrebten. Der eine schob eine Schubkarre mit Kräutern und anderen Pflanzen, die sie offensichtlich an dem Vormittag gesammelt hatten.
Als Fidelma und Eadulf ihnen entgegengingen, sagte Eadulf leise: »Hätten wir ihnen nicht einen Gefallen getan, wenn wir ihnen unsere bisherigen Schlußfolgerungen mitgeteilt hätten?«
Fidelma zog die Brauen hoch. »Unsere Schlußfolgerungen? Ich glaube nicht, daß wir schon welche gezogen haben.«
Eadulf drückte seine Verwirrung mit einer Handbewegung aus. »Ich dachte, wir wären uns einig, daß Bruder Mochta seine Zelle absichtlich in Unordnung gebracht hat, um die anderen irrezuführen?«
Fidelma sah ihn vorwurfsvoll an. »Was wir entdeckt haben, bleibt unter uns, bis wir es einigermaßen erklären können.Was hat es für einen Zweck, unser Wissen preiszugeben? Möglicherweise gelangt es dann zu den Verschwörern – wer sie auch sein mögen – und hilft ihnen, ihre Spuren zu verwischen. Wir reden nicht darüber, bis die rechte Zeit dafür gekommen ist.«
Sie rief die beiden Männer an. »Guten Morgen, Brüder. Ich bin Fidelma von Cashel.«
Ihre Antwort verriet, daß beide schon von ihr gehört hatten. Die Kunde von ihrer Ankunft in der Abtei mußte sich schnell verbreitet haben.
»Ich habe gehört, ihr schlaft in den Zellen zu beiden Seiten von Bruder Mochtas Raum.«
Der ältere der beiden Mönche war nur wenig älter als Fidelma, der andere noch keine zwanzig Jahre alt, ein blonder Jüngling mit frischem Gesicht. Er hatte wohl gerade erst das »Alter der Wahl« erreicht. Sie wechselten unsichere Blicke.
»Gibt es eine Nachricht von Bruder Mochta?« fragte der Jüngere. »Die ganze Abtei weiß, daß er samt den heiligen Reliquien verschwunden ist.«
»Es gibt keine Nachricht, Bruder . . .?«
»Ich heiße Daig, und dies ist Bruder Bardán, unser Apotheker und Bestatter.« Der junge Mann sagte das mit einem Stolz, als stelle er jemanden vor, der würdiger sei als er selbst. Eifrig fuhr er fort: »Alle in der Abtei haben von deiner Ankunft geredet, Lady.«
»Schwester«, verbesserte ihn Fidelma sanft.
»Womit können wir dir helfen?« unterbrach ihn der ältere Mönch mit geringerem Eifer.
»Ihr wißt, daß Bruder Mochta irgendwann in der Zeit nach dem Vespergebet und vor dem Morgengrauen desFeiertags des heiligen Ailbe aus seiner Zelle verschwunden ist?«
»Das wissen wir«, erklärte Bruder Bardán kurz und schien Fidelma mißtrauisch zu mustern. Er hatte einen dunklen Teint und rabenschwarzes Haar mit einem bläulichen Schimmer. Seine Augen fuhren rasch und unruhig hin und her wie auf der Suche nach verborgenen Feinden. Er war glattrasiert, doch der Bartansatz ließ seine untere Gesichtspartie dunkler erscheinen als seine hellen Wangen.
»Habt ihr in der Nacht
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