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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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konnte nichts Tröstliches an dem Gedanken
finden, dass die Frau davon nichts mehr gespürt hatte.
    »Weitere Spuren waren nicht mehr erkennbar. Kein
Wunder, wenn jemand mehrere Wochen im Wasser liegt …« Jürgensen ließ das Ende
des Satzes offen.
    »Gibt es sonst noch etwas?«, nahm Christoph den Faden
wieder auf.
    »Wer glaubt eigentlich immer, dass wir nichts tun?«,
entrüstete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung, sodass Große Jäger
auflachte und auch Mommsen sich zu einem Schmunzeln hinreißen ließ. Beide
hörten das Telefonat mit. »Ihr mit eurem verdammten Mistwetter. Erst hat es
geregnet, dann war der Boden durchgefroren, dann wieder aufgetaut und erneut
durchgesumpft. Dabei bleiben alle Spuren auf der Strecke. Wir haben keine
Schleifspuren oder Ähnliches entdecken können. Die Fußabdrücke, die wir
genommen haben, gehörten dem alten Mann, der die Tote gefunden hat, und den
beiden neugierigen Trampeln.«
    »Welche Trampel?«, fragte Christoph nach.
    »Eure beiden Kollegen. Müssen wohl Einheimische von
der Westküste sein.« Jürgensen nieste erneut.
    »Was soll das heißen?« Christoph war es leid, diesem
Menschen alles einzeln aus der Nase ziehen zu müssen.
    »Die sind am Fundort der Leiche herumgetrampelt wie eine
Herde nordfriesischer Kühe«, näselte es durch den Draht. Dann wurde Jürgensen
wieder ernst. »Nein, sonst haben wir nichts finden können. Keine Spuren, keinen
weiteren Hinweis. Der Doktor ist allerdings noch nicht ganz fertig. Da müsst
ihr morgen früh noch einmal nachfragen.«
    Christoph bedankte sich und wünschte dem Kollegen eine
gute Nacht und vor allem gute Besserung. Um diese Uhrzeit konnten sie nichts
mehr bewirken, zumal auch die aufkommende Müdigkeit bei allen Spuren
hinterließ.

DREI
    In den wenigen Stunden Schlaf hatte Christoph sich
unruhig im Bett herumgewälzt. Eine heiße Dusche und ein großer Becher Kaffee
ließen ihn zumindest glauben, er sei wieder fit. Dann hatte er Peter Dahl
abgeholt.
    Der Mann war schlicht, aber sauber gekleidet. Das eingefallene
Gesicht hatte er rasiert, die Haare gekämmt. Aus tief liegenden Augen mit
dunklen Rändern hatte er ihn wortlos angeblickt und war ihm dann schweigend zum
Wagen gefolgt. Christoph hatte bemerkt, dass die Küche aufgeräumt war. Er
vermutete, dass der alte Herr Grün hier Hand angelegt hatte.
    Die Fahrt verlief ruhig. Sie mussten nach Flensburg.
Dorthin hatte man Dahls Ehefrau gestern gebracht. Es hatte zu regnen aufgehört,
die Wolken hingen aber immer noch tief, sodass es gar nicht richtig hell werden
wollte. In diesen Tagen vor dem Weihnachtsfest herrschte ein reger Verkehr auf
den Straßen. Sie benötigten für die Strecke fast eine Stunde. Dahl hatte starr
aus dem Fernster gestiert, ohne wahrzunehmen, was um ihn herum geschah.
    »Haben Sie eigentlich ein eigenes Auto?«, hatte
Christoph einmal wissen wollen.
    Der Mann auf dem Beifahrersitz hatte nur kurz die
Schultern gezuckt und geantwortet: »Wovon denn?«
    Als sie das Gebäude betraten, fing Dahl an zu zittern.
Seine Schritte wurden unsicher. Christoph stützte ihn, indem er ihn vorsichtig
mit der Hand am linken Unterarm fasste. Die Unruhe steigerte sich, je weiter
sie sich den gekachelten Räumen im Untergeschoss näherten. Dahl hatte einen
lauten Seufzer ausgestoßen, als er das Hinweisschild »Pathologie« gelesen
hatte. Nun standen sie in einem kalten, fensterlosen Raum, der von einer hellen
Deckenleuchte in gleißendes Licht getaucht wurde.
    Ein Mann in weißem Kittel schob einen Wagen herein,
auf dem sich unter einem weit überhängenden Laken die Konturen eines Menschen
abzeichneten.
    Dahl starrte auf das Gefährt, ließ dann aber mit einem
panischen Ausdruck in den Augen den Blick kreisen, der an der Ausgangstür
hängen blieb. Urplötzlich riss er sich von Christoph los und machte zwei, drei
schnelle Schritte in Richtung Ausgang, um dann unvermittelt einzuhalten und den
Kopf in die Hände zu nehmen.
    »Nein«, sagte er gotterbärmlich, und der Speichel lief
ihm aus den Mundwinkeln, »ich kann das nicht.«
    »Herr Dahl, Sie müssen da jetzt durch.« Christoph
schob ihn sanft zum Rollwagen mit der Bahre zurück.
    Aus dem Hintergrund des Raumes trat jetzt der
Pathologe hinzu, ein etwas korpulenter, gemütlich aussehender Mann mit einem
fröhlichen Gesichtsausdruck und unglaublich vielen Lachfalten im Gesicht. An
diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt hatte seine Erscheinung schon etwas Makabres
an sich. Der Arzt schlug vorsichtig das Laken

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