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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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eine angebrochene Packung aufgeweichter
Papiertaschentücher.
    »Nichts weiter«, erläuterte er, »keine Papiere, kein
Portemonnaie, keine Handtasche, also keine Identifikationsmerkmale.«
    »Ich glaube, wir haben eine Ahnung, wer sie sein
könnte«, würgte Christoph hervor. »Können wir das Schlüsselbund haben?«
    Jürgensen war jetzt vom Graben auf den Feldweg
zurückgekehrt. Er war über und über mit Schmutz bedeckt und sah erbärmlich aus.
    Als er Christophs Blick begegnete, sagte er nur: »Es
gibt ganz bestimmt angenehmere Jobs als diesen. Wenn ich da an unsere
Verwaltungsheinis denke …«
    Er ließ das Ende des Satzes im Raum stehen. Christoph
musste ihm innerlich beipflichten.
    Der Beamte des Erkennungsdienstes händigte das
Schlüsselbund einem seiner Mitarbeiter aus, der damit in einem der Fahrzeuge
der Kriminaltechnik verschwand, um bald darauf zurückzukehren und Christoph
eine kleine Plastiktüte in die Hand zu drücken.
    Jürgensen wischte sich die Hände an seiner Hose ab,
wollte sie dann Christoph reichen, überlegte es sich aber schließlich doch
anders. Christoph war ihm dankbar dafür.
    »Wir werden hier noch eine Weile zu tun haben«,
erklärte Jürgensen schließlich. »Ich werde aber sofort nach unserer Rückkehr
nach Flensburg die weiteren Untersuchungen einleiten. Ich melde mich umgehend«,
versprach er dann. »Und nun sage ich tschüss und nicht auf Wiedersehen, denn
das hat in meinem Job immer einen tödlichen Beigeschmack.«
    *
    Sie kehrten zur Dienststelle zurück. Es lag nicht nur
am schaurigen Wetter, dass eine weihnachtliche Stimmung bei den beiden Beamten
nicht aufkommen wollte.
    Harm Mommsen hatte Tee gekocht, Christoph saß an
seinem Schreibtisch und trommelte nervös mit einem Kugelschreiber auf die
Arbeitsplatte. Er war von einer unbestimmten inneren Unruhe erfasst.
    Impulsiv sprang er plötzlich auf. »Ich muss es jetzt
wissen«, sagte er.
    Parallel lupfte sich Große Jäger von seinem Sitzmöbel,
griff sich seinen immer noch durchnässten Parka und antwortete kurz
entschlossen: »Ich komme mit.«
    Harm Mommsen hatte über diesen unvollständigen und
eigentümlichen Dialog irritiert von einem zum anderen geblickt, sich aber jedes
Nachfragen verkniffen.
    Sie nutzten jetzt das Auto, um den kurzen Weg zur
Wohnung von Anne Dahl zurückzulegen, und parkten verbotswidrig direkt vor der
Haustür. Christoph hielt das Schlüsselbund, das sie bei der Toten gefunden
hatten, schon in der Hand. Nach einem vergeblichen Versuch mit dem ersten der
großen Schlüssel probierten sie den zweiten. Er passte! Wie angewurzelt standen
beide im Regen vor der geöffneten Haustür und sahen sich stumm an. Nun hatten
sie die traurige Gewissheit.
    Sie hatten Anne Dahl gefunden!
    Der zweite Schlüssel passte zur Wohnungstür, der
kleinere zum Briefkasten. In der Wohnung hatte sich seit ihrem ersten,
illegalen Besuch nichts verändert. Es gab keine Anzeichen dafür, dass
irgendjemand in der Zwischenzeit die Räume betreten hatte. Nun stand Christoph
etwas bevor, was er nur von Erzählungen von Kollegen, aus Büchern oder Filmen
kannte: Er musste Peter Dahl aufsuchen und ihn davon in Kenntnis setzen, dass
seine Ehefrau mit hoher Wahrscheinlichkeit tot war.
    »Und wo ist die Tochter?« Christoph richtete diese
Frage an Große Jäger. »Was ist mit der Kleinen geschehen? Wo, verdammt noch
einmal, ist das Kind?«
    Der Oberkommissar wich Christophs Blick aus. »Ich
würde viel darum geben, wenn ich das wüsste«, erwiderte er.
    »Ich mache mir große Sorgen um Lisa«, sprach Christoph
seine Befürchtungen aus.
    »Wir sollten jetzt ganz schnell mit Peter Dahl
sprechen«, nickte Große Jäger.
    *
    Daheim hatten sie ihn nicht angetroffen. Aus den
Fenstern seiner Wohnung fiel kein Lichtschein auf die Straße. Große Jäger hatte
angeregt, die in der Nähe liegenden Gaststätten abzusuchen, und in der dritten
hatten sie ihn schließlich gefunden. Er saß mit dem Rücken zum Tresen und
schien sich in einer erhitzten Diskussion mit zwei anderen Männern zu befinden.
    Christoph trat von hinten an ihn heran. »Herr Dahl«,
sagte er leise, fast flüsternd, »können wir Sie einmal sprechen?«
    Dahl sah ihn, nahm einen Zug aus seiner Zigarette,
blies Christoph den Rauch ins Gesicht und rülpste ihm aus kürzester Entfernung
eine ekelhaft riechende Wolke entgegen. Große Jäger machte einen schnellen
Schritt auf den Mann am Tresen zu, aber Christoph hielt seinen Kollegen zurück.
    »Herr Dahl«, begann er noch einmal

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