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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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bestand.
    »Bitte, meine Herren.«
    Christoph entschuldigte sich für den unangemeldeten
überfallartigen Besuch und dankte für das Verständnis. Die Frage, ob er ihnen
etwas zu trinken anbieten könne, hatten die Beamten dankend abgelehnt.
    »Sie haben ein sehr schönes Haus, Herr von Dirschau«,
begann Christoph.
    Der Gutsherr hob wie abwehrend die Hand und fragte
anstelle einer direkten Antwort: »Stört es Sie, wenn ich rauche?« Ohne die
Antwort abzuwarten, griff er nach einer erkalteten Pfeife, die auf einem
eichenen Beistelltisch lag, und setzte diese mit einem langen Zündholz
umständlich in Brand. Sie ließen ihm Zeit für dieses Ritual. Sein Blick
schwenkte musternd von einem zum anderen. Kunstvoll blies er den Rauch in die
Luft, dabei bemüht, die blauen Wolken nicht in Richtung seiner Besucher zu
lenken.
    »Mein Vater hat es erworben«, erklärte er schließlich.
    »Sie betreiben Landwirtschaft?« Christoph warf einen
Blick auf die schlanken, gepflegten Hände seines Gegenübers. Sie sahen nicht
aus, als hätten sie in den letzten Jahren tatkräftig zugepackt.
    »Ja, ich bin Bauer. Auf den schweren Marschböden
können Sie nur Viehwirtschaft betreiben. Die ist nur ab einer bestimmten
Größenordnung rentabel. Und als sich immer mehr Kollegen aus dem aktiven Geschäft
zurückzogen, habe ich die Gelegenheit beim Schopfe gefasst und Land dazu
erworben beziehungsweise gepachtet. Dazu gehört natürlich auch die Milchquote.«
Er hatte jetzt das smarte Lächeln des erfolgreichen Geschäftsmannes aufgesetzt.
»So profitieren alle Beteiligten davon. Ich zahle für das Land und die Quote
und bekomme dafür eine Menge Arbeit und Ärger.«
    »Sie haben aber Mitarbeiter?«, wollte Große Jäger
wissen, der bisher geschwiegen hatte.
    Die Antwort kam eher zögernd. Von Dirschaus
Gesichtszüge hatten einen skeptischen Ausdruck angenommen. »Warum fragen Sie?«
    »Sie werden einen so großen Betrieb doch nicht allein
bewerkstelligen können«, versuchte Christoph die Wogen zu glätten.
    »Nein, ich habe Arbeiter. Darüber hinaus beschäftige
ich eine Halbtagskraft im Büro.« Seine Hand wies in Richtung des Raumes mit der
Büroausstattung. Nach einer kleinen Pause ergänzte er: »Gelegentlich stelle ich
auch ein paar Aushilfen auf der Basis der Geringverdiener ein.« Es folgte eine
Tirade über die Ungerechtigkeit des Steuersystems und die nicht mehr zu
vertretenden Kostenbelastungen für kleine Unternehmer wie ihn. »Ich wirke damit
auch für das Allgemeinwohl, indem ich Leuten Arbeit gebe, die sonst in dieser
strukturschwachen Gegend keinen Cent verdienen würden, unabhängig von der
Herkunft.«
    Er sprach im Brustton der Überzeugung, als wäre er auf
einer Parteiversammlung und müsse für seine Kandidatur dringend Punkte sammeln.
    Christoph konnte sich ausmalen, dass der noble Herr
von Dirschau sicher auch entgegen den Regeln der Steuer- und Sozialgesetzgebung
Fremde für ein spärliches Entgelt in seinem Reich arbeiten ließ.
    »Beschäftigen sie viele ausländische Mitbürger?«,
fragte er direkt.
    Der Hausherr zuckte bei dem Wort »Mitbürger« zusammen,
entgegnete dann aber prompt: »Ich würde nicht so weit gehen und bei Menschen,
die bei uns nur einen vorübergehenden Aufenthalt gefunden haben, von Mitbürgern
zu sprechen. Bürgerrechte implizieren auch Bürgerpflichten. Und Letztere werden
wohl kaum von diesen Menschen aus anderen Kulturkreisen wahrgenommen.«
    Christoph wollte sich nicht auf eine politische
Diskussion einlassen, kam aber nicht umhin, mit einem spitzen Unterton zu
antworten: »Der Name von Dirschau klingt aber auch nicht wie alter
schleswigscher Landadel.«
    Der Mann funkelte ihn jetzt nahezu feindselig an. »Ich
glaube, da verwechseln Sie mehrere Dinge. Unsere Familie war über die
Jahrhunderte im deutschen Osten ansässig. Wir haben das Land urbar gemacht und
zur Nahrungsquelle des Deutschen Reiches entwickelt. Und wenn Sie bedenken, wie
sich nach unserer Vertreibung die dortige Gegend rückwärts entwickelt hat …« Er
vollendete den Satz nicht. »Aber wie Sie sehen, dem Tüchtigen bietet auch diese
Region eine gesunde Erfolgsbasis …«
    … weil manche Leute immer wieder auf die Vorderfüße
fallen, ergänzte Christoph im Stillen.
    »Ich denke aber, Sie überfallen mich nicht zu dritt
und rauben mir den Feierabend, um mit mir über die deutsche Vergangenheit oder
die Zukunft der Landwirtschaft zu plaudern. Ihr Besuch hat sicher einen anderen
Anlass.«
    »Wir sind hier, weil wir den

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