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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Vielleicht ist
er auch identisch mit demjenigen, dessen Hautpartikel wir unter den
Fingernägeln gefunden haben. Andere Anzeichen deuten aber darauf hin, dass die
Tote nicht vergewaltigt wurde. So erscheint es mir praktikabler, anstelle eines
menschlichen genetischen Fingerabdrucks das Augenmerk auf etwaige Spuren im
Tatfahrzeug zu richten.«
    Vor Christophs Augen entwickelte sich das Bild, wie
sich sein Vorgesetzter in seinem bequemen Schreibtischsessel zurücklehnte,
leicht mit der flexiblen Rückenlehne seines Sitzmöbels spielte und dann den
Mund spitzte.
    »Herr Johannes, Ihre ganzen Ausführungen strotzen nur
so von Vokabeln wie: ›vielleicht‹, ›es wäre möglich‹, ›ich habe die Vermutung‹
und Ähnlichem. Ich erwarte, dass Sie endlich das tun, was Ihre Aufgabe ist.
Liefern Sie eindeutige Beweise, anstatt nur orientierungslos herumzulaufen und
halb gare Mutmaßungen anzustellen.«
    Jetzt lief Christoph allerdings die Galle über. »Wir
sind hier nicht die Mordkommission und nicht auf die Verfolgung von schwersten
Kapitalverbrechen eingestellt«, gab er zur Antwort. »Das habe ich Ihnen schon
mehrfach gesagt, Herr Dr. Starke.«
    »Mir ist schon klar, dass Ihre Fähigkeiten für eine
vergleichbar verantwortungsvolle Aufgabe nicht ausgereift sind. Sie sollen ja
auch nur einige unterstützende Aktivitäten für die Kollegen des K1 leisten,
aber nicht einmal dazu sind Sie in der Lage.«
    Der Kriminalrat verstand es vortrefflich, seinem
Gesprächspartner die Worte direkt im Munde umzudrehen.
    Unüberhörbar war jetzt der Zorn in Christophs Stimme.
»Dann werden wir jetzt, nachdem drei Tage seit der Entdeckung vergangen sind,
mit der eigenständigen Ermittlungsarbeit in diesem Fall aufhören und auf das
Eintreffen Ihrer «, dieses Wort betonte Christoph, »Mordkommission
warten.«
    Es trat eine kurze Pause ein, bis sich Dr. Starke
wieder meldete: »Wollen Sie damit sagen, dass Sie sich weigern, Ihren
dienstlichen Obliegenheiten nachzukommen?«
    Es war einfach sinnlos, mit diesem praxisfernen
Karrieristen einen Konsens finden zu wollen. Christoph war kurz davor zu
resignieren. »Natürlich erfüllen wir unsere Pflicht.«
    Bellend kam die Antwort: »Dann tun Sie – verdammt noch
mal – etwas mehr als das Notwendige. Zeigen Sie einmal ein wenig mehr
Engagement als das absolut Erforderliche. Sie hören von mir.«
    Damit hatte der Kriminalrat die Verbindung getrennt.
    In kurzen Worten informierte Christoph seine beiden
Kollegen über den Inhalt des unerfreulichen Gesprächs und die Weigerung des
Vorgesetzten, sie zu unterstützen.
    »Grothe?«, fragte Große Jäger. Christoph schüttelte
den Kopf. Auch Grothe konnte hier nicht helfen. Wenn Dr. Starke ihnen jegliche
Unterstützung versagte, waren auch die Möglichkeiten des Leiters der örtlichen
Polizeiinspektion begrenzt.
    Christoph hatte die Ellenbogen auf der
Schreibtischplatte abgestützt, die geballten Fäuste lagen an der Stirn. Den
Kopf nach unten gesenkt, gehalten durch die Arme, versuchte er die
verschiedenen Anhaltspunkte, die sie hatten, nach Tatsachen und Vermutungen zu
differenzieren und aus den unterschiedlichen Bausteinen ein logisches Gebäude
zu konstruieren.
    Ganz plötzlich knallte es. Es war ein kurzer,
trockener, peitschenartiger Knall. Christoph schreckte aus seinen Gedanken auf
und registrierte, dass auch Mommsen von diesem Knall überrascht worden war und
irritiert aufsah.
    Große Jäger ließ zwei Reihen gelber Zähne sehen, sah
seine beiden Kollegen an, dann auf seine flache Hand, mit der er heftig auf die
Platte seines Schreibtisches geschlagen hatte.
    »Ich hab es«, sagte er und genoss die gespannte
Erwartung seiner Zuhörer. »Wir verhaften Dr. Starke, bezichtigen ihn des Mordes
an Anne Dahl, weisen ihm alle unaufgeklärten Straftaten nach und überführen ihn
auch noch, die Kapitalverbrechen der kommenden fünf Jahre begangen zu haben.
Damit haben wir nicht nur diesen Fall geklärt, sondern sind auf bequeme Art und
Weise auch noch diesen Kerl losgeworden.« Er leckte sich die Lippen. »Und heute
kommen wir an keiner Stelle mehr weiter. Deshalb habe ich beschlossen, dass wir
drei jetzt zusammen zu Abend essen und ein gemütliches Bier miteinander
trinken. Punktum.«
    Seine Worte duldeten keinen Widerspruch.
    Der Regen hatte aufgehört, aber die hohe
Luftfeuchtigkeit war deutlich zu spüren. Der an der Küste allgegenwärtige
Westwind blies in Böen von der nahen See herüber und trieb die dunklen
Wolkengebirge

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