Tod in der Marsch
doch«, kam es prompt zurück.
»Ich wünsche dir gute Besserung. Tschüss«, beendete
Christoph das Gespräch.
Harm Mommsen räusperte sich. »Ich habe die Zeit
genutzt, mich um zwei Dinge zu kümmern«, sagte er. »Zum einen habe ich mir eine
Aufstellung der Fahrzeuge besorgt, die auf Hermann von Dirschau zugelassen
sind. Wenn wir die Trecker und selbst fahrenden Arbeitsmaschinen einmal
unberücksichtigt lassen, bleiben die drei Autos, die Sie bei Ihrem letzten
Besuch auf dem Hof gesehen haben. Das wären der Mercedes-Geländewagen, die
Limousine vom gleichen Hersteller und der BMW -Sportwagen.«
Mommsen führte den Handrücken erneut zum Mund, um sich zu räuspern. Es war mehr
eine rhetorische Geste. »Auf den Sohn ist kein Fahrzeug zugelassen.«
»Was soll ein einzelner Typ denn auch mit so vielen
fahrbaren Untersätzen?«, kommentierte Große Jäger Mommsens Erkundigungen. »Ist
doch klar, dass der alte Dirschau den BMW seinem Sohn abgedrückt hat. Dabei spart er auch noch eine Menge Geld für die
Versicherung. Und ich möchte wetten, dass die Kiste steuerlich über den Betrieb
läuft.«
Mommsen warf einen kurzen Blick auf seine Notizen.
»Auf Brehm ist nur ein Wagen zugelassen. Das ist der Kombi, den wir vor dem
Haus gesehen haben.«
»… mit dem man wunderbar Leichen transportieren kann«,
ergänzte Große Jäger.
Mommsen tippte mit dem Zeigefinger hörbar auf ein
weiteres Blatt Papier, das auf seinem Schreibtisch lag. »Ich habe außerdem eine
Aufstellung aller weiteren Kombis, die in Marschenbüll zugelassen sind. Peter
Dahl und auch der alte Herr Grün besitzen keine Fahrzeuge. Ferner habe ich
einmal das Melderegister bemüht. In Marschenbüll ist derzeit kein Einwohner
türkischer Staatsbürgerschaft gemeldet. Ich habe mir zusätzlich alle
nichtdeutschen Nationalitäten angesehen. Da ist nichts dabei gewesen, was als Türke hätte durchgehen können.«
»Sehr gut, Herr Mommsen«, lobte Christoph seinen
jungen Kollegen. »Ich bin –«
Mitten in den Satz hinein läutete schrill das Telefon.
Im Display konnte Christoph den Anrufer erkennen. Aus der Erfahrung des letzten
Mals verzichtete Christoph diesmal auf das Einschalten der
Lautsprecheinrichtung, warf seinem Kollegen Große Jäger einen Blick zu und
sagte mit fester Stimme: »Guten Tag, Herr Dr. Starke.«
Der Kriminalrat sprach in schneidender Tonlage. »Ich
habe doch deutlich mein Missfallen über die Art Ihrer Amtsführung zum Ausdruck
gebracht, Herr Johannes. Sie gehen nicht nur ausgesprochen dilettantisch vor
unter Nichtbeachtung der elementarsten Grundregeln der Polizeiarbeit, sondern
missachten auch meine eindeutigen und klaren Anweisungen. Eben hat mich der
Kollege Jürgensen angesprochen. Er hat zwar sehr geschickt darzustellen
versucht, dass ihm eine Sache besonders am Herzen liegt und Ihren Namen dabei
zur Gänze unerwähnt gelassen. Aber für wie dumm halten Sie mich, dass ich nicht
sofort erkannt habe, aus welcher Quelle diese abstruse Idee stammt, Herr
Hauptkommissar?« Dr. Starke dehnte Christophs Dienstgrad wie ein Gummiband.
»Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen, dass Sie jetzt auch noch den
Boden von Recht und Ordnung verlassen wollen? Haben Sie jemals einen Grundkurs
darüber absolviert, was bei uns Gesetz ist?«
Christoph hatte im Moment keine Lust, sich mit seinem
kommissarischen Vorgesetzten auf eine letztlich fruchtlose Diskussion
einzulassen. »Falls es Ihnen bisher entgangen ist, Herr Dr. Starke, darf ich
darauf hinweisen, dass wir hier unter schwierigsten Bedingungen vor Ort einem
ausgesprochen mysteriösen Fall nachgehen. Wir verfolgen die bisherigen Spuren.
Dazu gehört auch eine handfeste Vermutung über den Transport der Leiche vom
Tat- zum Fundort. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen glauben wir, dass der
Tatort in Marschenbüll liegen muss. Es ist relativ unwahrscheinlich, dass der
oder die Täter das Opfer zu Fuß über die freie Fläche zum Entwässerungsgraben
geschleppt haben, und eben deswegen suchen wir jetzt das Fahrzeug, mit dem die
Tote transportiert wurde. Aufgrund der langen Zeitspanne zwischen Tat und Fund
konnten keine verwertbaren Spuren mehr identifiziert werden, ausgenommen die
Hautpartikel unter den Fingernägeln und die Tatsache, dass die Tote kurz vor
ihrem gewaltsamen Ende mit einem Mann zusammen war. Mit einer genetischen
Reihenuntersuchung der männlichen Bewohner des Ortes könnten wir vielleicht den
Mann herausfiltern, mit dem Frau Dahl Geschlechtsverkehr hatte.
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