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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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gesenkt. Tränen liefen
ihr aus den Augenwinkeln über die Wangen, den Hals hinunter und verschwanden im
Kragen. Aber sie schwieg immer noch.
    »Frau Brehm!« Christophs Stimme war eindringlicher
geworden, obwohl er die Lautstärke weiterhin gedämpft hielt. »Wie können wir
Ihren Mann erreichen? Hat er ein Handy?«
    Jetzt sah sie auf, blickte Christoph aus
verschleierten Augen an und nickte zaghaft.
    Nach einer Weile öffnete sie den Mund, als wolle sie
etwas sagen, besann sich dann aber wieder. Die bedrückende Stille in dem
kleinen Raum wurde nur durch das leise Ticken einer elektrischen Wanduhr
unterbrochen.
    »Er hat sein Handy abgeschaltet«, hauchte Frau Brehm
schließlich. »Ich habe schon versucht, ihn zu erreichen. Auf meine Nachricht
auf seiner Mobilbox hat er nicht reagiert.«
    »Seit wann ist Ihr Mann fort?«
    Ihr Stimme war leise. »Seit gestern Abend. Er hat
wortlos ein paar Sachen gepackt, dann die Kinder und mich kurz in den Arm
genommen und ist fortgefahren.«
    »Haben Sie eine Idee, wohin er gefahren sein könnte?
Ins Büro? Zu Verwandten? Freunden?«
    Sie sah Christoph an. »Im Büro ist er nicht.«
    Frau Brehm brach jetzt in heftiges Schluchzen aus. Ein
Weinkrampf schüttelte sie.
    »Wir haben seit damals keine Freunde mehr. Niemand
will etwas mit uns zu tun haben. Und in der Familie, bei den Verwandten, darf
sich mein Mann auch nicht mehr blicken lassen. Er ist ein Aussätziger, ein
Geächteter.«
    Das Vorleben ihres Mannes stellte eine schwierige
Hypothek für den Neuanfang dar. Christoph dachte an die neugierigen Frauen am
Gartenzaun. Gab es für die Familie Brehm einen Ort, an dem sie den ersehnten
inneren Frieden finden konnten, die Abkehr von der Vergangenheit?
    Vorsichtig sprach er die Frau an: »Wir haben hier
einen brutalen Mord aufzuklären. Deshalb müssen wir allen erdenklichen Spuren
nachgehen. Dazu gehört auch, dass wir abwegig erscheinenden Gedanken
nachspüren. In den meisten Fällen können wir dann unschuldigen Menschen die
gute Nachricht übermitteln, dass sie von jedem auch noch so entfernten Verdacht
befreit sind.«
    Sie sah auf, tupfte sich mit einem Taschentuch die
Tränen aus den Augen und schnäuzte sich. »Und trotzdem verdächtigen Sie meinen
Mann, diese Frau ermordet zu haben.«
    Christoph versuchte sie zu beruhigen. »Niemand hat
Ihren Mann einer neuerlichen Straftat bezichtigt. Wir haben lediglich aus rein
formellen Gründen gefragt, ob er für die Tatzeit ein Alibi vorzuweisen hat.
Diese Frage stellen wir auch vielen anderen Menschen. Ich darf daran erinnern,
dass Ihr Gatte sich bei seiner Antwort auf seinen Kalender stützen wollte, weil
ihm nach so langer Zeit verständlicherweise die Erinnerung nicht präsent war.
Der Kalender ihres Mannes befindet sich nach seiner gestrigen Aussage in seinem
Büro. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns einmal ein wenig umsehen?«
Christoph erwähnte nicht, dass sie hierzu keinerlei Berechtigung hatten.
    Die verhärmte Frau stand auf und ging mit unsicheren
Schritten zur Anbauwand aus dunklem Holz, die die Stirnseite des kleinen Raumes
einnahm.
    »Nicht nötig«, sagte sie, öffnete eine der oberen
Türen, entnahm dem Fach einen etwas größeren Briefumschlag und händigte ihn
nach ihrer Rückkehr zur Sitzgruppe an Christoph aus.
    »Das habe ich einmal beim Saubermachen in einer
Abseite gefunden«, erklärte sie.
    Christoph öffnete den Umschlag und zog einen Stapel
Fotografien heraus. Seine beiden Kollegen waren näher gerückt, um ebenfalls
einen Blick auf den Inhalt des braunen Umschlags zu werfen. Frau Brehm hatte
sich demonstrativ abgewandt und stierte auf einen imaginären Fleck auf der
Tapete.
    Die ersten Bilder zeigten unbekleidete Frauen in
eindeutigen Posen. Auffällig war, dass Frisur und Make-up der Abgebildeten
darauf schließen ließen, dass es sich um ältere Aufnahmen handelte.
    Die Frauen auf den folgenden Bildern waren mit
Stricken oder Ketten gefesselt, zum Teil trugen sie Masken und waren mit Leder
oder mit Kettenhemden bekleidet. Die intimen Stellen blieben dabei immer
sichtbar. Auf einigen Fotos waren auch mehrere Personen abgebildet. Alle diese
Bilder hatten gemeinsam, dass sie Gewalt gegen das weibliche Opfer zeigten.
Purer Ekel erregte bei den drei Kriminalbeamten der letzte Teil der Serie. Auf
diesen Bildern waren Kinder in die Darstellungen mit einbezogen.
    Christoph schob den Bilderstapel mit spitzen Fingern
in den Umschlag zurück. Instinktiv hatte er das Bedürfnis, sich sehr gründlich
die Hände

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