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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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geklingelt.«
    Der Bürgermeister mochte nicht der Intelligenteste
sein, aber eine gewisse Bauernschläue, gepaart mit einer gehörigen Portion
Lebenserfahrung, war ihm nicht abzusprechen.
    »Das kann ja angehen«, erwiderte er, »aber in keinem
Haus waren sie mehrfach. Nur hier. Und nirgendwo haben sie sich so lange
aufgehalten wie hier. Außerdem hat die anderen Befragungen immer nur ein
einzelner Beamter durchgeführt. Hier waren sie zu dritt. Also ist doch etwas
mit dem Fremden«, bohrte er nach.
    »Sie sprechen immer vom Fremden.« Christoph wollte das
Thema wechseln.
    »Tja, die sind ja erst vor einiger Zeit hierher
gezogen. Die sind nicht von hier. Keiner weiß, woher sie kommen. Sie haben
keinen Kontakt zu uns anderen hier im Ort. Es sind Außenseiter.«
    Jetzt hatte er es also ausgesprochen, was die Leute
irritierte. Es war eine gehörige Portion unbefriedigter Neugierde mit im Spiel.
Jeder wusste etwas vom anderen, nur die Familie Brehm hatte sich abgeschottet.
Obwohl sie zu keiner Zeit jemandem zu nahe gekommen waren, trugen sie das
Stigma der Sonderlinge.
    »Sie haben doch noch andere Mitbürger, die nicht seit
Generationen hier wohnen, die nicht in diesem Dorf groß geworden sind. Zum
Beispiel die von Dirschaus.«
    »Das ist etwas anderes. Die haben hier klein
angefangen und sich dann ein großes Anwesen erarbeitet«, entgegnete der
Bürgermeister.
    Christoph trat die Flucht in die Offensive an. »Wenn
Sie von Fremden sprechen, haben Sie bestimmt auch etwas Sachliches gegen diese
Leute vorzubringen. Wir sind von der Polizei, uns können Sie es ruhig
anvertrauen, was die Bewohner dieses Hauses Schlimmes getan haben.«
    »Nein, nein!«, wehrte der Mann ab. »Aber Tatsache ist
doch, dass Sie sich mit den Fremden viel intensiver beschäftigen als mit uns
anderen. Da machen wir uns unsere Gedanken. Darüber wird im Dorf gesprochen.«
    Die Brehms waren von der Volksmeinung zu Sündenböcken
erklärt worden.
    Große Jäger war offenbar nicht davon zu überzeugen,
dass er sich besser im Hintergrund hielt. Er machte einen schnellen Schritt auf
den Bürgermeister zu und setzte ihm den ausgestreckten Zeigefinger auf die
Brust. Geschickt suchte er mit der Fingerspitze durch Pullover und
Fettschichten hindurch den schmalen Spalt zwischen zwei Rippen und bohrte
kräftig mit dem Finger an dieser Stelle.
    »Wo waren Sie eigentlich am Nachmittag des 11.
November?«, fragte er den Mann mit dem Fahrrad. »Haben Sie ein Alibi?« Und
damit alle im Halbkreis es auch hören konnten, drohte er mit lauter Stimme: »Ich werde Sie jetzt so oft besuchen kommen, bis Sie ein schlüssiges Alibi für
die Tatzeit haben. Und dann werden alle im Dorf, die mitgezählt haben, wissen,
dass ich Sie viel öfter besucht habe als das Haus dieser Menschen, die Sie die
Fremden nennen.«
    Der Mann fuhr erschrocken zurück. Die Wut stand ihm
ins Gesicht geschrieben. »Das können Sie nicht machen. Das dürfen Sie gar nicht
… Ich werde mich beschweren …«
    Große Jäger hatte seine ausgestreckte Hand
zurückgenommen. Drohend bewegte er den Zeigefinger vor den Augen des anderen
hin und her, wie als wollte er einem kleinen Kind Furcht einflößen.
    »Ich kann noch viel mehr«, bellte er den Bürgermeister
an. »Und eines verspreche ich Ihnen: Wir werden den Mörder finden, und wenn wir
dieses verdammte Kaff dreimal auf den Kopf stellen müssen.«
    Jetzt regte sich lebhafter Protest bei den bisher
schweigsamen Zuhörern. Die Bewohner von Marschenbüll waren nicht gewillt,
Qualifizierungen dieser Art für ihre kleine, heile und abgeschirmte Welt
hinzunehmen.
    Christoph wollte die Stimmung nicht weiter aufheizen.
Mit betont ruhiger Stimme fragte er deshalb den immer noch heftig atmenden
Mann: »Ist Ihnen hier in Marschenbüll oder Umgebung jemand bekannt, der Türke sein könnte?«
    Der Bürgermeister sah ihn mit großen Augen an. Hinter
seiner Stirn arbeitete es heftig. Er versuchte den Sinn der Frage zu verstehen,
zu begreifen, welche ihm bislang nicht deutliche Hinterlist sie beinhalten
konnte.
    Wieder war es Große Jäger, der sich unaufgefordert zum
Dolmetscher berufen fühlte. »Mensch, mein Kollege hat gefragt, ob in diesem
Nest ein Mann wohnt, der Türke ist oder zumindest so aussieht.«
    Der Bürgermeister schüttelte den Kopf. »In
Marschenbüll sind keine Ausländer gemeldet«, antwortete er stramm.
    Der Mann hatte sich etwas gefangen. Er fühlte sich
jetzt wieder als Repräsentant seiner Wählerschaft und antwortete ausweichend
mit der

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