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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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nach Ruhe mit
jeder Muskelfaser kundtat, war er, bedingt durch die innere Unruhe, in die ihn
dieser Fall versetzt hatte, nach kurzen Intervallen des Schlafens wieder
hochgeschreckt. Mit wirren Gedanken war er dann doch völlig übermüdet
irgendwann eingeschlafen und durch das nachdrückliche elektronische Geräusch
des Weckers in die Wirklichkeit zurückgeholt worden.
    Im Spiegel des Badezimmers starrte ihm ein bleiches
Gesicht entgegen, dessen dunkel umrandete Augen tief in den Höhlen lagen. Die
kleinen Falten an den Augenwinkeln wirkten jetzt wie tiefe Furchen.
    Er wurde kurz durch eine heftige Windbö aus seinen
Gedanken gerissen, die am Fenster rüttelte und das stakkatohafte Trommeln des
schweren Regenschauers gegen die Fensterscheiben unterbrach. Diese kurze
Ablenkung reichte, um sich mit der Rasierklinge einen schmerzhaften, blutenden
Schnitt im Kinn zuzufügen.
    Auf seinem Fußweg durch die vorweihnachtlich
erleuchtete Stadt begegnete er Menschen, die offensichtlich nur durch
irgendeine dringende Verpflichtung zu bewegen gewesen waren, den wärmenden
heimischen Bereich zu verlassen. Die Köpfe tief zwischen die hochgeklappten
Kragen eingezogen, hasteten die Leute an den illuminierten Schaufenstern
vorbei.
    Christoph schoss durch den Kopf, dass er so kurz vor
den Festtagen – heute war der Tag vor Heiligabend – bisher noch nicht einen
Gedanken daran verschwendet hatte, mit welcher Aufmerksamkeit er seine Frau
unter dem Christbaum beglücken wollte. Seine letzte Familienheimfahrt war schon
seit langem überfällig, seine Frau hatte bereits öfter ihr Unverständnis
darüber zum Ausdruck gebracht, dass er am gemeinsamen Familienleben nur noch
gelegentlich teilnahm und ihr, die schließlich neben ihren vielfältigen
Aufgaben als Hausfrau in ihrem Beruf als Rechtsanwältin auch einen
verantwortungsvollen Job ausübte, alle familiären Lasten allein aufbürdete.
    Trotz der frühen Morgenstunde war Mommsen schon im
Büro und hatte Tee zubereitet. Christoph, als langjähriger Verwaltungsmann an
den Bürokaffee gewöhnt, hatte sich während seiner kurzen Zeit an der Westküste
mit der Gepflogenheit, der ungünstigen Witterung mit frisch gebrühtem Tee zu
begegnen, angefreundet und nahm dankbar den von seinem jungen Kollegen
angebotenen Becher an.
    Mommsen hatte zwei Papierstapel auf dem Schreibtisch
vor sich liegen. Mit der Hand wies er auf einen der beiden und erklärte: »Das
ist der neue Posteingang.« Er zeigte auf den zweiten Stapel. »Und dies sind die
überfälligen Vorgänge, die in den letzten Tagen unbearbeitet liegen geblieben
sind.«
    »Irgendetwas existentiell Wichtiges?«, wollte
Christoph wissen.
    Mommsen zuckte die Schultern. »Das kann ich letztlich
nicht beurteilen«, versuchte er sich diplomatisch aus der Affäre zu ziehen,
»aber spontan würde ich sagen, dass nichts dabei ist, das auch nur annähernd
die Bedeutung unseres Hauptfalles hat.«
    Christoph nahm einen Schluck Tee. »Danke, Harm. Gibt
es Neuigkeiten von unserer Fahndung nach Frieder Brehm?«
    Mommsen schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste.
Ich habe den Eindruck, dass es auch an der nötigen Ernsthaftigkeit mangelt,
diese Sache mit Druck zu verfolgen.«
    »Wenn alle Dienststellen im Lande personell so
bestückt sind wie wir, kann man es den Kollegen nicht verübeln, wenn sie nicht
alle Anfragen sofort und abschließend bearbeiten.« Christoph nickte mit dem
Kopf in Richtung des Aktenstapels mit den unerledigten Fällen. »Wir sind doch
auch nicht besser …«
    Mommsen räusperte sich. »Ich hätte eine Idee.«
    »Und die wäre?«
    »Frieder Brehm hat ein Handy, und wir wissen, dass er
über dieses Gerät Kontakt zu seiner Frau hält. Das Handy meldet sich in kurzen
Intervallen bei der nächsten Antennenstation seines Netzbetreibers, um zu
signalisieren, wo es sich gerade befindet, um bei hereinkommenden Anrufen
empfangsbereit zu sein. Der Netzbetreiber ist also in der Lage zu sagen, in
welchem Umkreis sich der Handybesitzer aufhält.«
    Christoph griff zum Telefon, um Kriminalrat Dr. Starke
anzurufen und ihn zu bitten, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Zu seiner
großen Überraschung erreichte er ihn schon zu dieser frühen Stunde.
    »Das ist ein schwieriges Unterfangen«, näselte der
Kriminalrat arrogant zurück. »Dazu müssen wir eine richterliche Genehmigung
einholen. Das wird uns nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts
nicht gelingen. Statt sich auf wesentliche und nahe liegende Punkte

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