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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Sie sich nicht an
Unschuldigen«, fügte Christoph noch hinzu.
    Römelt antwortete nicht. Abwertend bewegte er seine
Hand als Zeichen dafür, dass er das weitere Gespräch mit den Polizisten als
sinnlos betrachtete. Er zwängte sich an Große Jäger vorbei und verschwand mit
seinem Bierglas in der Hand im Hintergrund des Raumes.
    Hinter dem Tresen wirbelte Gastwirt Stamm. Seine
Tochter half ihm.
    »So unschön der Anlass auch ist«, sagte der Wirt,
während er geschickt leere Gläser unter den laufenden Bierhahn hielt und in
Serie füllte, »so gut ist es für das Geschäft. Bei uns ist es schon ewig nicht
mehr so voll gewesen.«
    Sarah Stamm war damit beschäftigt, aus einer
dampfenden, mit Eiskristallen ummantelten Flasche klaren Alkohol in eine
größere Anzahl leerer Schnapsgläser zu gießen, die auf einem runden Tablett
standen.
    Sie hob kurz den Kopf und ließ ein knappes »Hallo«
hören.
    Nachdem der Wirt die Gläserbatterie gefüllt hatte,
fragte er kurz: »Kann ich etwas für Sie tun? Möchten Sie etwas trinken?«
    Sie bestellten.
    »Wer hat die Leute so aufgewiegelt?«, wollte Christoph
wissen.
    Stamm hatte inzwischen damit begonnen, eine weitere
Serie Gläser zu füllen.
    »Das schaukelt sich von ganz allein hoch«, warf er
über die Schulter zurück, um gleichzeitig seiner Tochter eine Anweisung über
eine weitere Bestellung zu geben.
    »Die Leute sind nicht bösartig. Natürlich ist das eine
Sensation, wenn hier so etwas geschieht. Das beschäftigt die Menschen, reißt
sie aus der Monotonie des Alltags heraus. Jeder versucht den anderen mit neuen
Sensationsmeldungen zu übertreffen. Das dürfen Sie nicht so ernst nehmen.«
    Wahrscheinlich steckte ein Funken Wahrheit in dem
Beschwichtigungsversuch.
    »Trotzdem ist die Ausschreitung so weit eskaliert,
dass im Hause Brehm eine Fensterscheibe eingeworfen wurde. Die Menschen dort
haben Angst. Wer hält den Mob in Schach?«, fragte Christoph.
    Stamm füllte jetzt geschickt die Gläser der ersten
Serie randvoll, sodass auf dem Bier eine appetitlich aussehende Blume thronte.
    »Nein«, entgegnete er dabei, »darüber müssen Sie sich
wirklich keine Gedanken machen. Aber einer von uns wird es wahrscheinlich
gewesen sein. Das ist es, was mir Sorgen bereitet. Und das ist das Brisante an
der Geschichte. Wenn die Leute hier in ihrem Zorn den Täter zuerst erwischen,
und es ist kein Alteingesessener, dann würde ich allerdings für nichts
garantieren.«
    Christoph wies Stamm auf einen Widerspruch hin. »Eben
noch sagten Sie, die Leute sind harmlos, es besteht keine Gefahr. Im nächsten
Satz warnen Sie aber vor Übergriffen.«
    »Das klingt vielleicht wie ein Widerspruch, aber
untereinander rauft man sich zusammen. Für Ausländer, Asoziale, Leute mit
anderer Hautfarbe oder sonstigen Abweichungen in der persönlichen
Lebensgestaltung hat man keinen Sinn. Sehen Sie«, ergänzte er, »da gab es
einmal einen Homosexuellen, der hier lebte. Er hat nachweislich niemandem etwas
zuleide getan, war immer höflich, freundlich, zuvorkommend. Den hat man einmal
nachts überfallen und verprügelt. Nur weil er anders war. Der Mann war keine
Kämpfernatur. Kurz nach diesem Vorfall, der meines Wissens nie aufgeklärt
wurde, ist er dann fortgezogen. Das meine ich mit gesundem Volksempfinden.
Jeder normale Mensch kann hier gut leben. Dafür darf er auch volltrunken und
laut singend um Mitternacht über die Dorfstraße wanken. Das ist normal. Dem
Steffen hat man letztes Jahr den Führerschein abgenommen, weil er zum
wiederholten Male betrunken Auto gefahren ist. Der wird deshalb nicht geächtet,
obwohl er ja im Rausch andere Menschen hätte schädigen können. Aber nein, das
ist normal. Ganz im Gegenteil. Man hat sogar noch bedauert, dass er erwischt
wurde. Das Leben hat hier ein anderes Gesicht.«
    Der Wirt wischte sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß
von der Stirn.
    »Ich kann nur im Interesse der Leute hier hoffen, dass
sich alle ordentlich und gesittet verhalten. Wir werden unnachgiebig jede
Ausschreitung verfolgen. Ich hoffe, das ist allen klar!« Christophs Stimme
hatte deutlich an Schärfe gewonnen.
    Ein älterer Mann mit rundlichem Gesicht und schütterem
Haar mischte sich jetzt ein. »Das sollten Sie einmal dem von Dirschau klar
machen. Der ist doch einer derjenigen, die hier das Feuer schüren. Dieser
abgehalfterte Exjunker aus dem Osten hat –«
    Er wurde durch seinen Nachbarn unterbrochen, der an
ihm zerrte und ihn von der Theke fortzudrängen versuchte.
    »Komm, Franz,

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