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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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du hast heute genug getrunken. Dann
weißt du nicht mehr, was du redest.«
    Widerwillig ließ sich der Mann abdrängen, folgte dann
aber doch seinem Zechkumpan.
    »Was hat das zu bedeuten?«, wollte Christoph vom
Gastwirt wissen.
    Doch der winkte nur ab. »Gerede, nichts als leeres
Gerede. Sehen Sie, das ist das Traurige an meinem Beruf: Trinken die Leute
nicht, bin ich natürlich unzufrieden. Trinken sie aber und fallen dann mit
ihren dummen Geschichten über mich her, dass mir die Ohren dröhnen, bin ich
auch unzufrieden. Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, dann werde ich
Pfarrer oder Lehrer.« Und mit einem schrägen Seitenblick auf die drei Beamten
ergänzte er: »Oder Polizist.«
    »Dann aber viel Vergnügen«, erwiderte Große Jäger
sarkastisch.
    Sarah Stamm stellte sich jetzt neben ihren Vater und
legte ihre Hand um seine Taille.
    »Na, versuchst du wieder einen Spagat hinzulegen
zwischen dem guten Menschen und Bürger einerseits und deinen Verpflichtungen
gegenüber dem Dorf andererseits, weil die Leute sonst nicht mehr bei dir
verkehren?«
    Der Gastwirt fuhr seiner Tochter kurz mit der
Handfläche über die Wangen.
    »Ach, du«, meinte er nur.
    Zu den Polizisten gewandt fuhr sie fort: »Sie müssen
meinen alten Herrn verstehen. Es ist schwierig für ihn. Er ist ein gutmütiger,
aufgeklärter und liberaler Mensch. Aber zeigen darf er es nicht. Dieser Gasthof
ist seine Existenz, seine Lebensgrundlage. Und wenn Sie sich gegen die Mehrheit
des Dorfes stellen, werden Sie gemieden. Das würde das Aus bedeuten. Deshalb
muss er manchmal mitsingen, obwohl er eigentlich gar nicht möchte.«
    In gewissen Grenzen konnte Christoph das verstehen.
    »Aber von Dirschau ist wirklich schlimm.« Die junge
Frau hatte vor Eifer glühende Wangen. »Er hat eine ganz besondere Art, die
Menschen zu beeinflussen. Er ist nicht der Volkstribun, er nutzt andere Kanäle.
Nur zu wenigen Leuten hat er Kontakt. Die Auserwählten fühlen sich dadurch in
einer ganz speziellen Art herausgehoben, dass gerade ihnen die Ehre erwiesen
wird. Wenn er dem Bürgermeister etwas erzählt, übernimmt dieser es als seine
eigene Meinung. Das ist dann praktizierter Pluralismus Marke Marschenbüll.«
    »Sie mögen ihn wohl nicht, den Gutsherrn?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf, dass ihre rote
Pagenfrisur vom Kopf abstand: »Nein, absolut nicht. Er ist arrogant und
eingebildet. Und sein Sohn entwickelt sich genauso. Der Ralf trägt die Nase so
hoch, dass er nicht mehr sieht, was direkt vor ihm geschieht. Der hat jede
Bodenhaftung verloren. Wenn ich da an früher denke. Da war er hinter jedem
Mädchen aus dem Dorf her. Heute sind wir alle ihm nicht mehr fein genug.«
    Dann sah sie Mommsen an. »Und Sie wollen mich wirklich
nicht einmal einladen?«, fragte sie direkt.
    Während Mommsen nur den Kopf schüttelte, übernahm
Christoph die Antwort: »Da hätte seine Lebenspartnerin sicher etwas dagegen«,
antwortete er diplomatisch.
    Große Jäger grinste breit.
    »Schade«, flötete die nette Sarah Stamm hinter dem
Tresen.
    Christoph wechselte das Thema. »Wissen Sie, wer hier
im Ort einen Kombi fährt?«
    »Das sind einige wenige.« Der Wirt nannte drei Namen.
»Und ich selbst«, ergänzte er.
    »Und was für eine Marke?«, wollte Mommsen wissen.
    »Ich fahre einen älteren Mercedes-Kombi.«
    Unter den anderen bekannten Kombis befand sich nur ein VW -Variant.
    »Halt«, warf seine Tochter ein, »der Römelt hat doch
auch noch einen VW -Variant. Da
fährt seine Tochter die Kinder mit zum Kindergarten oder zur Schule.«
    Der Wirt nickte bestätigend. »Stimmt, das habe ich
vergessen.«
    »Und fremde Kombis sind Ihnen nicht aufgefallen in der
letzten Zeit?«
    Beide schüttelten den Kopf.
    »Natürlich fahren hier auch fremde Autos durch. Da
sind sicher auch viele Kombis darunter. Da können Sie nicht auf einzelne
Fahrzeuge achten«, erklärte Stamm.
    »Aber einer ist mir doch noch in Erinnerung.« Die
Tochter legte einen Finger auf die Unterlippe, als würde diese Haltung ihr
Erinnerungsvermögen verbessern. »Ich habe den Wagen zwei-, dreimal im Dorf
gesehen. Er war immer schneller als zulässig und hätte einmal fast die alte
Frau Johannsen überfahren, die nicht rechtzeitig von der Fahrbahn kam. Mir ist
er in Erinnerung geblieben, weil er ein fremdes Kennzeichen hatte.«
    Sarah Stamm hatte jetzt die volle Aufmerksamkeit der
drei Beamten.
    »Fremde Fahrzeuge, die hier durchfahren, haben
überwiegend Kennzeichen aus der Region. Das Nummernschild dieses

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