Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
lautes Gelächter in ihren abgeschiedenen Speiseraum herüberdrangen. »Deshalb läßt Tozzi sie immer mit uns essen.«
    »Ich hätte eher gedacht«, sagte der Maresciallo, während er sich umsah, »daß er sie hier herein setzen würde.«
    »Das würde er auch, aber sie will nichts davon wissen. Sie findet, daß es nebenan bei den Töpfern fröhlicher und munterer zugeht. Was natürlich stimmt.«
    »Ja.« Guarnaccia wünschte, er hätte die Geistesgegenwart des Mädchens besessen. Er hätte viel mehr über die Stadt erfahren, wenn er auch darauf bestanden hätte, nebenan bei den Töpfern zu sitzen. Nun mußte er sich mit dem zufriedengeben, was Niccolini ihm sagen konnte. Zweifellos wußte er alles über jeden.
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Etwas über ein Jahr. Kommt mir kürzer vor, aber letzten Monat war es ein Jahr. Hab mich von Anfang an hier heimisch gefühlt, habe Rom nie vermißt. Aber mir ist alles recht. Ich nehme das Leben, wie es kommt. Meine Frau hatte Schwierigkeiten, sich einzugewöhnen, die andere Schule und all das, aber mit etwas gutem Willen … Merkwürdiger Menschenschlag hier, bis man sich an sie gewöhnt hat, aber sie haben einen guten Kern. Wir kommen alles in allem ganz gut zurecht miteinander.«
    »Merkwürdig in welcher Weise?«
    »Nun, sie sind eben, wie sie sind, wissen Sie, sie haben ihre eigene Art, und es gibt ein paar wirklich schrullige Typen. Unter uns gesagt« – er senkte die Stimme –, »in so einer kleinen Stadt und bei so vielen Familienbetrieben, da kommt kein frisches Blut dazu. Es ist alles ein bißchen zu sehr abgeschottet. In mancher Hinsicht natürlich gut, weil es genügend Arbeit gibt und man viel Geld machen kann. Die Jungen müssen nicht von zu Hause weggehen und sich woanders Arbeit suchen wie im Süden, verstehen Sie.«
    »Ich verstehe.« Der Maresciallo, der aus Sizilien stammte, kannte das Problem nur allzugut.
    »Andererseits bleibt die Tatsache, daß sie untereinander heiraten, um es unverblümt zu sagen, oft mehr aus geschäftlichen Gründen als aus anderen. Über die Hälfte aller Bewohner dieser Stadt sind auf die eine oder andere Weise miteinander verwandt.«
    »Und das hat eine Menge Familienkrach zur Folge?«
    »Nein, das würde ich nicht sagen. Nicht einmal. Es ist eine sehr geschlossene Gemeinschaft, sehr verschwiegen.«
    Guarnaccia mußte an Morettis Fabrik denken und wie er sich als Außenseiter gefühlt hatte. »Das habe ich auch so empfunden«, sagte er stirnrunzelnd. »Daß sie zusammenhalten würden, durch dick und dünn, wenn sie sich von außen bedroht fühlen.«
    »Genau. Sie treffen den Nagel auf den Kopf.«
    »Es ging mir so, als ich bei Moretti war. Wußten Sie, daß die Schweizerin manchmal zu ihm geht?«
    »Ach ja? Davon hatte ich noch nichts gehört, und ich hätte es auch nicht geglaubt.«
    »Warum nicht?«
    »Nun, Berti ist ein durchtriebener alter Gauner, wie er im Buche steht, und es ist nicht das erste Mal, daß jemand schwarz für ihn arbeitet – natürlich hat er keinen Nachfolger für seinen Betrieb, nach dem, was mit seinem Sohn passiert ist, und es hätte keinen Sinn, einen Lehrling einzustellen.«
    »Er hatte einen Sohn?«
    »Ja. Tragische Geschichte, sehr tragisch. Verkehrsunfall, praktisch unter den Augen des Vaters, direkt vor dem Studio. Muß passiert sein, kurz bevor ich hierherkam, ich erinnere mich, daß alle noch davon geredet haben. Ein Laster, der um die Kurve kam, hat ihn erwischt. Auf seinem Moped hatte er da keine Chance.«
    War Berti deshalb so vorsichtig gefahren vorhin und nicht seiner Teller wegen, wie der Maresciallo angenommen hatte?
    »Aber, Moretti. Sieh an! … Das hätte ich nicht von ihm gedacht. Er soll absolut reell sein, einer der wenigen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er das Risiko eingeht, jemanden unversichert für sich arbeiten zu lassen, obwohl ich ihn nicht gut genug kenne, um es genau sagen zu können. Er lebt sehr zurückgezogen … ißt zum Beispiel nie hier, außer wenn er einen Käufer mitbringt. Sind Sie ganz sicher, daß Sie sich nicht irren?«
    »Ganz sicher. Moretti hat es mir selbst erzählt. Aber ich habe Ihnen einen falschen Eindruck vermittelt. Das Mädchen ist nur ein paarmal dort gewesen, sie arbeitet ganz bestimmt nicht für ihn. Offenbar geht sie die Töpferscheiben benutzen, wenn die Dreher nicht da sind, was anscheinend der Fall ist, wenn sie genügend Ware fertig haben, um ihren Ofen anzuwerfen.«
    »Ich verstehe. Ja, das stimmt, diese kleinen Betriebe

Weitere Kostenlose Bücher