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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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stieg in sein Auto und fuhr los.
    Niccolini hatte recht, Vorurteile waren etwas Entsetzliches.
    Kein Mensch hatte in all den Jahren etwas gegen Moretti gehabt, aber sowie er in Schwierigkeiten steckte, erinnerte sich jeder an sein deutsches Blut.
    In der Dunkelheit hätte er beinah die Fabrik verpaßt und konnte gerade noch rechtzeitig abbiegen. Er stieg aus. Selbst bei Tage war das hier, abgesehen vom nicht abreißenden Fluß der Lastwagen, ein einsamer Ort; und jetzt war kein Laut zu hören, nur der Novemberwind heulte um den hohen Schornstein, dessen Umrisse sich gegen den sternklaren Himmel abhoben. Er mußte sich in der Dunkelheit die Treppe hinauftasten. Die Tür war verrammelt, aber nur mit einem Holzriegel, der sich leicht hochheben ließ. Drinnen stieß er gegen Säcke voller Ton, und es dauerte ein Weilchen, bis er an der Innenwand einen Lichtschalter gefunden hatte.
    Sehr wahrscheinlich gab es einen anderen Eingang, aber er hatte keine Lust, draußen in der Kälte herumzusuchen. Hier drin war es schon kalt genug. Er ging so leise er konnte von Raum zu Raum, machte Licht und schaute herum. Er fand den Weg zum Brennofen und sah, daß die Öffnung wieder mit losen Backsteinen zugemauert und versiegelt worden war. Im nächsten Raum war er fast überrascht, den schweigsamen kleinen Mann nicht an seiner Scheibe arbeiten zu sehen. Sein Overall lag über einen Stuhl geworfen, und seine Stiefelabdrücke waren in dem Haufen ledriger roter Bänder um den Fuß der Töpferscheibe herum deutlich sichtbar. Die Schritte des Maresciallo dröhnten auf dem kahlen Backsteinboden. Er knipste das Licht hinter sich nicht aus, als er weiterging, beim Gedanken an all das leere Dunkel in seinem Kielwasser war ihm nicht geheuer. Er dachte sogar, daß es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, allein herzukommen. Dennoch schritt er weiter.
    In dem Raum, wo die Dreher arbeiteten, lagen weitere verschmierte Overalls über den Hockern vor den Töpferscheiben, die nach der Arbeit abgewaschen worden waren. Ein gutes Dutzend frisch gedrehter Töpfe standen auf einem Holztisch aufgereiht, alle gleich und die Seiten noch glatt und naß. Diesmal ging er nicht nach oben, als er an die Holztreppe kam. Er war ziemlich sicher, daß er das, wonach er suchte, im Erdgeschoß finden würde. Dummerweise kam er jenseits der Treppe in einen Teil der Fabrik, den er noch nicht kannte, und hatte bald die Orientierung verloren. Einmal, als er eine Tür aufmachte und sah, daß in dem Raum Licht brannte, hielt er abrupt und angespannt inne, um gleich darauf festzustellen, daß er hier schon gewesen war; demnach hatte ihn der Korridor, dem er gefolgt war, also beinah wieder an die Treppe geführt, von wo er losgezogen war. Kein Zweifel, diese großen Wasserbehälter, in denen der dunkle Ton unter der Oberfläche schwamm, hatte er schon gesehen, und den langen Tisch in der Mitte, auf dem irgendein zylinderförmiger Apparat mit einer Plastiktüte darüber stand. Er kehrte um. Er trat so leise wie möglich auf, doch in der Totenstille, die ihn umgab, war das unmöglich. Er wanderte eine Weile herum, bevor er auf eine Tür stieß, die er ganz bestimmt noch nicht probiert hatte. Es war eine behelfsmäßige Tür aus Brettern, die unten schon angefault waren, sicher von der Feuchtigkeit, die all der Ton in diesem Teil des Gebäudes abgab. Die Tür hatte weder Schloß noch Klinke, nur ein Stück Schnur hielt sie, um einen Nagel im Türpfosten geschlungen, mehr oder weniger geschlossen. Er drückte sie langsam auf, damit sie nicht zu sehr knarrte, und blickte in absolutes Dunkel. Er konnte noch so sorgfältig zu beiden Seiten die rohen Mauern abtasten, die offenbar einen Durchgang bildeten, er fand keinen Lichtschalter. Das hieß, er war am falschen Ende. So mußte er sich notgedrungen mit dem bißchen Licht aus dem Raum hinter ihm begnügen. Nachdem seine Augen sich ans Halbdunkel gewöhnt hatten, sah er, daß er tatsächlich in einem staubigen Durchgang mit gefliestem Boden stand, auf dem seine Schritte sogar noch lauter dröhnten.
    »Wer ist da?«
    Stocksteif blieb er stehen. Die Stimme kam hinter einer Tür am anderen Ende hervor. Ohne zu antworten ging er direkt darauf zu und klopfte.
    »Wer ist da? Tina?«
    Die Stimme klang belegt und träge, wie verschlafen.
    »Machen Sie auf, Moretti.« War es die Erwähnung von Tinas Namen, die ihn hinzufügen ließ: »Ich bin gekommen, um mit Ihnen zu reden.«
    Keine Antwort, aber ein Knarren ließ darauf schließen,

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