Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
mit Morettis Frau sprechen …« Der Maresciallo machte keine Anstalten, den Mantel aufzuknöpfen, sondern blieb mit unbewegtem Gesicht einfach stehen.
    »Das hatte doch Zeit. Wir haben hier genug zu tun. Niccolini hätte Ihre Hilfe gebrauchen können da unten.«
    »Sie zerstreuen sich jetzt. Haben Sie Moretti verhaftet?«
    »Wir behalten ihn achtundvierzig Stunden in Gewahrsam. Und Sie kommen besser mit in Niccolinis Büro, wenn Sie meinen, daß Sie unten nichts ausrichten können.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Moretti? In einer Zelle.«
    »Ich glaube, ich sollte mit ihm reden …«
    Der Capitano war nahe daran, die Geduld zu verlieren, beherrschte sich aber noch rechtzeitig. Er hatte diesen AusdruckoderbesserdieseAusdruckslosigkeitin Guarnaccias Gesicht schon früher gesehen.
    »Ist irgendwas?«
    »Nein … nein … Jetzt ist alles in Ordnung. Ich habe allerdings keine besonders gute Arbeit geleistet. Ich bin nicht kompetent, hätte weiterdenken sollen … Wenn Sie erlauben, gehe ich lieber wieder nach draußen, wenn ich mit Moretti gesprochen habe.« Er setzte seine Mütze auf, und der Capitano registrierte, daß er nicht um Erlaubnis bat, gehen zu dürfen, er ging einfach, wie blind für die Anwesenheit seines Vorgesetzten, als hätte er ihn gar nicht wahrgenommen. Ja, er schien tatsächlich vor sich hin zu reden, als er sich umwandte und die Tür zur Treppe aufstieß.
    »Es ist mir gleich beim ersten Mal aufgefallen, als er erwähnt hat, daß nie abgeschlossen ist, aber dann habe ich es wieder vergessen … Habe mich ganz schön lächerlich gemacht.«
    Und weg war er.
    Niccolini kam, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe heraufgestürmt und rief dem jungen Carabiniere zu, der mühsam mit ihm Schritt hielt: »Menschenskind, ich hätte am liebsten noch ein paar von denen da unten eingelocht, wenn ich den Platz hätte – und ich würde was drum geben, wenn ich wüßte, wer die Zeitungen informiert hat – ah! Guarnaccia! Da sind Sie also! Was ist los? Wohin wollen Sie denn diesmal?«
    Er drehte sich um und starrte dem Maresciallo nach, der an ihm vorbei die Treppe hinunterstapfte und etwas Unverständliches vor sich hin murmelte.
    Es gab nur zwei Zellen in dem schwach beleuchteten Untergeschoß. Moretti war in der linken, wo er, das Gesicht in den Händen vergraben, auf der schmalen Pritsche dem Gitter gegenüber saß. Er sah auf, als er die Schritte des Maresciallo hörte, sein Gesicht war leichenblaß, sein Herz klopfte sichtbar in der schmalen Brust.
    »Ich war bei Ihrer Frau.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie ist alles in allem ziemlich gefaßt.«
    »Hat sie … hat sie etwas gesagt?«
    »Nicht viel. Das mußte sie nicht. Es wird alles mit der Zeit herauskommen. Ich habe sie nicht gedrängt. Sie hat auf meine Frage zugegeben, daß sie auf Ihren Rat den Nachbarn eingeladen hat, damit man sie alle zusammen Kaffee trinken sah. Sonst habe ich nicht viel gefragt.«
    MorettistarrteindasausdrucksloseGesichtdes Maresciallo.
    »Sie wissen Bescheid, nicht wahr?«
    »Ich weiß Bescheid. Wer sonst noch?«
    »Ganz genau nur Sestini …«
    »Sie hätten gut daran getan, auf seinen Rat zu hören, statt sich mit ihm zu prügeln.«
    »Er versteht es nicht, niemand versteht es.«
    »Ich glaube, da liegen Sie falsch. Trotzdem: Ein unschuldiges Mädchen ist tot. Sestini hatte schon recht, Sie anzugreifen, aber immerhin hat er Sie nicht verraten, Sie tun ihm also unrecht, wenn Sie sagen, er versteht es nicht.«
    »Sie versuchen zu helfen, Sie tun, was Sie können …«
    »Aber manchen Leuten ist nicht zu helfen. Das Beste, was Sie tun können, ist jetzt, uns zu helfen.«
    »Ich kann nicht …« Moretti ließ den Kopf wieder in die Hände sinken und wiegte den Oberkörper vor und zurück wie ein verzweifeltes Kind.
    Der Maresciallo sah auf ihn hinunter, und da fiel ihm zum ersten Mal auf, daß Morettis rötlichblondes Haar an den Schläfen ergraut war. Dann sagte er leise: »Nein, nein … Sie haben recht. Diesmal muß Ihnen jemand helfen.«
    Moretti atmete schwer, und der Maresciallo überlegte, wie es wohl mit seinem Herzen stand.
    »Ich würde mich an Ihrer Stelle ein bißchen hinlegen.« Aber die zusammengekrümmte Gestalt rührte sich nicht. Draußen auf dem Marktplatz war alles ruhig. Das einzige Zeichen der Unruhe war das Plakat, das immer noch um den Hals des bronzenen Partisanen hing. KOMM HERUNTER PIETRO MORO WIR BRAUCHEN DICH IMMER NOCH stand darauf. Bestimmt war morgen früh ein Foto davon in der Zeitung. Der Maresciallo

Weitere Kostenlose Bücher