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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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meergrünen
Kostüm, und das lag an den schweren Bergschuhen, die sie trug.
    »Meine Herren, wir können«, sagte sie, als sie den
Tisch erreicht hatte.
    »Wie sind Sie jetzt da drangekommen?«, fragte
Schafmann.
    »Weibliche Solidarität überwindet manches Hindernis,
Herr Oberkommissar«, erhielt er zur Antwort.
    »Hör immer drauf, was die Frau Staatsanwältin sagt«,
meinte Schwemmer. »Im Zweifelsfall hat sie nämlich recht.«
    »Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen. Auf und mir
nach.« Frau Isenwald marschierte hinaus.
    Schafmann und Schwemmer blieb nichts, als ihr zu
folgen. Zumindest Schwemmer war in erheblich konstruktiverer Stimmung als zuvor
an diesem Morgen. Schafmann aber tastete vorsichtig seine Magengegend ab und
sah aus, als bereue er, nicht prophylaktisch die sanitären Einrichtungen
aufgesucht zu haben.
    * * *
    Neben der japanischen Familie und der Frau des Kölners
saßen noch die beiden schwulen Amerikaner und die Proktologin im
Frühstücksraum. Phong und die Servicehilfen rotierten in der Küche, während
Magdalena servierte und dabei die Stimmung zu erfassen und zu optimieren
versuchte.
    Der japanische Familienvater bedankte sich jedes Mal,
wenn er ihrer ansichtig wurde, für die Tageszeitung, und sie verbeugte sich
immer ein bisschen tiefer als er.
    Die Frau des Kölners war sehr zufrieden mit dem
Samowar und den französischen Modezeitschriften, und die beiden Amis waren so
frisch ineinander verliebt, dass sie eh nichts gestört hätte.
    Die Proktologin hatte Müsli gewählt und trank die
Kräuterteemischung, die sie selbst mitgebracht hatte.
    Es läuft wirklich gut, dachte Magdalena, und dann
läutete das Telefon.
    »›Lenas Hotel‹, Meixner, grüß Gott«, meldete sie sich
an dem Wandapparat neben der Küchentür. Sie hoffte, es sei Wastl.
    Aber es war ihre Mutter.
    »Lenerl, du muasst sofort kimma«, sagte sie, und
Magdalenas Herz sank wie ein Stein.
    »Mutter, bitte: Ganz ruhig! Was ist los?« Das »Ganz
ruhig« hatte gar nicht ihrer Mutter gegolten, sondern nur ihr selbst.
    Von der Küche her tönte das energische »Ping« der
Essensglocke. Das war die große Portion Quiche Lorraine für die Amerikaner.
    »Sento! Sento ist krank!«, klagte Reserl.
    »Sento?«
    »Der Hund! Großvaters Jagdhund!«
    »Mutter …« – »Ping« – »… Was kann ich da tun? Ruf den
Tierarzt an. Was hat er denn?«
    »I glaub, der stirbt. Der muass was gfressen ham …«
Reserl begann zu schluchzen. »Das arme Tier …«
    »Ping, ping«.
    »Wo ist denn der Großvater? Und der Hias?«
    »Die san zamm fort zum Landhandel, i woaß ned, wanns
wiederkomma. Mein Gott, wenn da Hund stirbt, und da Großvater kommt hoam, was
soll i dem sagn?« Nun brach Reserl endgültig in Tränen aus.
    »Ping, ping. Ping!«
    »Herrschaftszeiten, nun bringts das Zeug halt selber
raus, Zefixnochamol, ich muss telefoniern!«, rief sie in die Küche und erhielt
für ihren scharfen Ton einen sehr verblüfften Blick von Phong. Aber er nickte.
Erleichtert sah sie, dass er sich eine saubere Schürze anzog, bevor er die
Teller in den Frühstücksraum trug.
    »Mutter …«, sagte Magdalena, aber das Meixner Reserl
schluchzte nur noch in den Hörer. Magdalena legte auf.
    Sie rieb sich konzentriert die Stirn und dachte nach.
Schließlich tippte sie schnell und entschlossen die Privatnummer von Gernot
Lörracher ein, dem zweiten Portier. Doch sein Telefon läutete durch. Es war
Gernots freier Tag, kein AB sprang
an, und Magdalena wusste, dass sie an seiner Stelle auch nicht drangegangen
wäre.
    Das gleiche Resultat erzielte sie bei Martine Leclerc,
der Praktikantin aus Lille, und bei Pino Lafranca, der ohnehin als Barmann
erheblich besser war als am Empfang.
    Nein, sie war ihnen nicht böse. Sie konnte sie
verstehen. Aber sie war verzweifelt.
    Das kannst du nicht machen, dachte sie, aber sie tat
es doch. Sie tippte die letzte verbliebene Nummer ein.
    »Weidinger«, meldete sich eine verschlafene Stimme.
    »Andi, es tut mir so leid, aber …« Ihr stiegen Tränen
in die Augen. Sie zog die Nase hoch. »Aber …«
    »Jetzt?«, fragte Andi nur.
    »Ja, leider«, antwortete Magdalena, wieder beherrscht.
    »Okay.«
    »Es ist mir so unangenehm, aber ich weiß nicht, wie
ich sonst …«, sagte Magdalena noch, bevor sie merkte, dass Andi schon aufgelegt
hatte.
    * * *
    Der Einsatzleiter der Bundespolizei zeigte ihnen, wo
Dräger und seine Leute waren. Sie tasteten sich den Hang entlang, Frau Isenwald
in ihren geliehenen Bergschuhen locker

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