Tod in Garmisch
die
Sonderkommission gearbeitet. Einhundertsiebenunddreißig Spuren. Nix. Absolut
nix. Dann haben sie die Kommission erst reduziert und dann zugemacht …
Herrschaftszeiten, was machts ihr denn da drüben!«, brüllte Schwemmer, als eine
junge Polizistin am Hang ausrutschte und ein paar Meter abwärtsglitt, bevor sie
wieder Halt fand. Sie war natürlich mit einem Gurt gesichert, aber Schwemmer
hatte sich erschreckt. Als Grund zu brüllen reicht das alleweil, dachte er und
starrte wieder in die Klamm.
»Und weiter?«,
fragte Schafmann.
»Was, weiter?«
»Die Frau aus der
Altmühl.«
»Ach so. Nach einem
Jahr kam ein Mann in mein Büro. Ihr Liebhaber. Hat gestanden.«
»Einfach so?«
»Einfach so.
Schlechtes Gewissen, hat er gesagt.«
»Und?«
»Ich hab ihn
festgenommen.«
»Toll«, sagte
Schafmann. Kein Plot und keine Pointe, dachte er. Er hätte schon gern mehr
erfahren, die Details des Geständnisses etwa, das Urteil vielleicht; aber wenn
eine Schwemmer-Geschichte zu Ende war, war sie eben zu Ende.
Das machte sie ja so
berüchtigt.
Etwas bewegte sich
den östlichen Hang hinab. Staatsanwältin Isenwald kam auf unangemessenem
Schuhwerk vom Forsthaus Graseck herabgestiegen. Schafmann sah verstohlen zu
Schwemmer, dessen Gesicht noch eine Spur finsterer wurde.
»Was hab ich nur
getan? Dieses Energiebündel um diese Uhrzeit. Warum schicken die nicht den
Felbermayr? Der wär vor Mittag garantiert nicht hier aufgetaucht … Ach was, der
wär gar nicht aufgetaucht.«
»Guten Morgen, meine
Herren«, klang es da bereits fröhlich vom Ende der Brücke, und Frau Isenwald
stöckelte forsch auf sie zu.
»Einen
wunderschönen«, antwortete Schafmann.
Schwemmer murmelte
ein »Grüß Gott« vor sich hin.
Frau Isenwald lehnte
sich vor und warf einen respektvollen Blick in die Klamm. »Das ist ja direkt
gruselig …«
»Kriminalistisch
normalerweise eher unergiebig«, sagte Schafmann. »Aber heute machen wir eine
Ausnahme.«
»So? Aha …« Frau
Isenwald sah Schwemmer gut gelaunt an. »Dann bringen Sie mich doch bitte auf
den letzten Stand, Herr EKHK .«
»Der Tote ist ein
Mann«, antwortete Schwemmer grantig. »Dunkelhaarig, nicht sehr groß.
Schusswunde im Gesicht. Schrot.«
»Also erschossen?«
Schwemmer zuckte die
Schulter. »Das müssen Sie die Medizinmänner fragen.«
»Und wo ist er in
den Fluss gestürzt?«
Schwemmer wies in
großer Geste klammaufwärts.
»Da«, sagte er.
Die Staatsanwältin
nickte ernst. Dann trat sie nah an ihn heran und legte ihm sanft eine Hand auf
die Schulter.
»Herr Schwemmer …
haben Sie etwa schlechte Laune?«, fragte sie guttural und mit unschuldigem
Gesichtsausdruck.
»Wie kommen Sie da rauf?«,
brummte Schwemmer.
»Ich plane eine
Eingabe beim Justizministerium, Leichenfunde in Zukunft nur noch nachmittags zu
gestatten. Wäre Ihnen das recht?«
Schafmann drehte
sich beiläufig weg und zog eine Grimasse, um nicht loszuprusten.
»Passen tät’s
schon.« Sogar Schwemmer konnte jetzt ein Lächeln nicht mehr unterdrücken.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte er ernst. »Also: Das Gesicht des Mannes ist
völlig entstellt, und zwar durch einen Schrotschuss und stumpfe Verletzungen,
wie sie zum Beispiel durch einen heftigen Sturz verursacht werden. Sämtliche
Gliedmaßen scheinen gebrochen. Was aber letztlich die tatsächliche Todesursache
ist …«
»… muss ich die
Medizinmänner fragen«, ergänzte Frau Isenwald.
»Genau.« Schwemmer
atmete demonstrativ erleichtert auf.
»Es ist bisher nicht
feststellbar, in welcher Reihenfolge das Opfer die Verletzungen erlitten hat«,
ergänzte Schafmann. »Theoretisch kann er sogar ertrunken sein.«
»Warten wir’s also
ab«, sagte Frau Isenwald und lächelte strahlend. »Können wir im Moment irgendwas
ausrichten?«
»Nicht bevor Dräger
uns bittet«, antwortete Schwemmer. Seine Laune sank sofort wieder. Warum muss
ich hier rumstehen, wenn es eh nichts zu tun gibt?, dachte er.
»Ich hab eine Idee«,
sagte Frau Isenwald fröhlich. »Ich bin auf dem Weg hierher da oben an einem
netten Restaurant vorbeigekommen. Ob wir da trotz der frühen Stunde schon einen
Kaffee bekommen?«
»Da werd ich schon
für sorgen«, sagte Schwemmer und stapfte sofort los in Richtung Forsthaus.
»Und zwar mit aller
Schärfe des Gesetzes, nehme ich an«, sagte Frau Isenwald.
Schafmann drehte
wieder den Kopf zur Seite, und Schwemmer tat so, als habe er nichts gehört.
* * *
Magdalena stellte die Milch in den Kühlschrank und
spülte die
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