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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Brüche und Verletzungen des Toten
machten es wahrscheinlich, dass er nicht in die Partnachklamm hineingeschwemmt
worden, sondern hineingestürzt war. Vermutlich mehrfach auf- und angeschlagen
an beiden Wänden der Schlucht. Unten am Grund dann auch noch. Und im Strom
geendet.
    Aber wo war der Schuss abgegeben worden?
    Würde ich mit einer Schrotflinte in der Hand einem
Mann diesen steilen Hang hinunterfolgen, ihn stellen und ins Gesicht schießen?,
dachte Schwemmer.
    Die Antwort: Eher nicht.
    Ein Schuss in den Rücken wäre vorstellbar gewesen: Der
Mann flieht den Hang hinab, der Täter feuert hinter ihm her.
    Aber würde das Opfer anhalten und sich dem Verfolger
zuwenden? Auf einem Steilhang?
    Möglich. Aber nicht wahrscheinlich.
    Wahrscheinlich war, dass der Schuss weiter oben, auf
flacherem Gelände, abgegeben worden war.
    Nächste Frage: Welche Seite?
    Würde ich mit der Schrotflinte in der Hand einen Mann
verfolgen, ihn stellen und ins Gesicht schießen, wenn in der Nähe ein ziemlich
großes Hotel ist?
    Eher nicht.
    Also oben auf der Westseite.
    Diese Überlegungen hatten ihn hier hinaufsteigen
lassen. Aber das hieß natürlich nicht, dass er sich sicher war. Deshalb war er
froh, dass Schafmann ihn gut genug kannte und sich von der Isenwald hatte
zurückchauffieren lassen.
    Schwemmer musste in Ruhe nachdenken.
    * * *
    Magdalena versorgte die Gäste im Frühstücksraum mit
gleichbleibender Freundlichkeit, während sie mit einem Auge das Foyer im Auge
behielt. Zu ihrer gelinden Überraschung sah sie Herrn Kant in Laufkleidung
hereinkommen. Sie hatte ihn nicht hinausgehen sehen, was ihr ungewöhnlich
vorkam.
    Ich kann die Augen eben nicht überall haben, dachte
sie.
    Als Andi das Foyer betrat, wäre sie vor Verlegenheit
am liebsten im Boden versunken. Das Grau seines Gesichtes hatte nun einen
unübersehbaren Stich ins Gelbgrüne und kontrastierte aufs Unangenehmste mit
seinem hellblauen Hemd und der braunen Krawatte. Er ging ohne Weiteres in die
Küche und band sich seine Servierschürze um. Erst dann kam er zu ihr.
    »Was Besonderes?«, fragte er.
    Magdalena schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie
ich dir danken soll.«
    »Wann kommst du wieder?«
    »So schnell es geht.« Magdalena zog ihre Schürze aus.
»Mein Autoschlüssel …« Sie sah sich suchend um.
    »Hängt am Haken. Hinterm Tresen«, sagte Andi. »Fahr
vorsichtig.« Er lächelte kurz, dann ertönte ein »Ping«, und Andi setzte sich in
Bewegung.
    Magdalena griff sich den Autoschlüssel und ging eilig
hinaus zu ihrem Kleinbus.
    Die Ampelphasen kamen ihr noch länger vor als
gewöhnlich, aber sie zwang sich zur Ruhe. Der Verkehr floss normal, und sie
rollte mit, aber es gab ihr ein Gefühl der Erleichterung, als sie von der
Bundesstraße abbiegen konnte und ihr die schmale Straße allein gehörte.
    Der Asphalt hatte eine Menge Löcher vom Frost des
vergangenen Winters davongetragen. Die Straße kreuzte die Eisenbahnschienen,
wand sich ins Bachtal hinunter, querte die kleine Brücke und kletterte dann
steil den Hang hinauf und in den Wald hinein.
    Magdalena stieß einen kleinen Fluch aus, als eine rote
Warnleuchte am Armaturenbrett aufleuchtete. Sekunden später erstarb der Motor.
Sie drehte den Zündschlüssel, aber es passierte nichts, kein Anlasser, keine
Kontrolllampe, der Wagen war tot.
    Magdalena hätte fluchen und brüllen können, aber sie
blieb einfach stumm sitzen und schloss die Augen.
    Atmen, dachte sie. Tief und ruhig atmen. Sie
konzentrierte sich nur auf ihre Atmung, bis sie ihre innere Spannung weit genug
abgebaut hatte, um aussteigen zu können, ohne sofort eine Delle in den Wagen zu
treten.
    * * *
    Schwemmer ging langsam zwischen den Eichen, Fichten
und Kiefern hindurch. Er bewegte sich in einem großzügigen Zickzackkurs
Richtung Süden, bis er sich über dem Anfang der Klamm befand, wo die Partnach
in die schmale Schneise hineinfloss, die sie über die Jahrmillionen in den Kalk
des immer weiter aus der Erde gepressten Bergrückens gefressen hatte.
    Schwemmer hatte nichts entdeckt. Er kehrte um und ging
zurück, etwas weiter oben und wieder im Zickzack, in dem Bemühen, mit seiner
Route ein möglichst großes Areal abzudecken. Hier stieß er streckenweise auf
dichtes Buschwerk. Er umkreiste das Unterholz, ein Durchkommen war nicht
möglich.
    Und tatsächlich wurde er fündig.
    Oberhalb der Büsche entdeckte er an einem Baum einen
Einschuss.
    Eine Schrotladung hatte einen Teil der Rinde
abgefetzt, in etwa zwei Metern Höhe.

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