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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Eindruck auf Abrantes, der Felsen beinahe zu beneiden schien.
    Am Tag ihrer Abreise erwachte Felsen mit einer Erektion und dem Kopf voller Zukunftsträume. Er drängte sich an Susana und spürte, wie sie sich versteifte und wegdrehte. Er grinste sie über den Monolithen hinweg an, sie schnippte gegen seine Spitze, und der Menhir brach.
    »Ich wollte ja heute Nacht«, sagte sie. »Wir kommen zu spät.«
    Beim Anblick ihres Gepäcks rückte der Hotelpage seine Mütze gerade. Felsen ging nach unten, um ihre riesige, mehrere Seiten umfassende Rechnung zu bezahlen. Abwesend unterschrieb er einen Scheck.
    Sie schickten das Gepäck mit einem Taxi zum Flughafen vor und folgten in einem zweiten. Es war ein klarer, strahlender, stürmischer Tag, und das Meer entlang der Avenida Marginal war tiefblau und schaumgekrönt. Sie sprachen nicht. Susana blickte aus dem Fenster, Felsen trommelte mit den Fingern auf das Sitzpolster, immer noch leicht verärgert über die morgendliche Zurückweisung.
    Am Flughafen organisierte er einen Träger für das Gepäck. Susana lief mit klackernden Absätzen auf engstem Raum nervös auf und ab. Sie reihten sich in die Schlange beim Checkin-Schalter ein, Susana gab Felsen ihren Pass und machte sich auf die Suche nach einer Damentoilette. Felsen blätterte den Pass durch und betrachtete das vor einigen Jahren gemachte Foto. Ihr Haar war länger, ihre Augenbrauen dichter und ungezupft. Er blätterte weiter, und ein Stück Papier fiel zwischen den Seiten heraus. Er hob es auf und sah, dass es der Abschnitt einer Bordkarte für einen Inlandsflug von Frankfurt nach München und zurück war. Er trug einen Stempel vom 18. März 1955, was gut drei Wochen zurücklag. Felsen drehte den Abschnitt um und entdeckte auf der Rückseite eine ausländische Telefonnummer.
    Er widmete sich wieder dem Pass und fand ein deutsches Visum sowie einen Einreisestempel vom 24. März in Frankfurt. Daneben ein Ausreisestempel aus Lissabon und darunter das Datum ihrer Wiedereinreise, 13. April. Auf einer anderen Seite entdeckte er den Stempel ihrer Ausreise aus São Paulo und ihrer Einreise nach Lissabon vom 20. März. Andere Sichtvermerke fand er nicht. Ein französisches Visum fehlte. Erneut betrachtete er die Telefonnummer und dachte fixer, als er es einen ganzen Monat lang getan hatte. Er zog die Hotelrechnung aus der Tasche und bemerkte erst jetzt die riesige Telefonrechnung. Als er die Seiten durchblätterte, zählte er sieben Verbindungen mit der auf dem Abschnitt der Bordkarte notierten Nummer.
    Er ging zum Schalter einer Fluggesellschaft und bat darum, telefonieren zu dürfen. Dann rief er die Vermittlung an, nannte die Nummer und fragte, wo der Anschluss gemeldet war. Es handelte sich um eine brasilianische Nummer, und nach einigem Blättern teilte die Telefonistin ihm mit, dass der Anschluss in einer Stadt namens Curitiba gemeldet war. Felsens Brust fühlte sich mit einem Mal kühl an wie eine Kathedrale.
    Susana tauchte bei ihrem Gepäck auf und sah sich suchend nach ihm um. Er ging steifbeinig über den gewienerten Boden, die Muskeln in seinen Beinen schwach und kalt. Susana fragte ihn, ob irgendetwas wäre, doch er schüttelte nur den Kopf. Sie checkten ein und erfuhren, dass der Flug sich verspäten und erst um fünfzehn Uhr starten würde. Susana kochte innerlich vor Wut, während sie ihren Pass und ihre Bordkarte zurückverlangte. Sie gingen in ein Restaurant und setzten sich an einen der Tische. In dem Lokal herrschte ein ähnliches Durcheinander wie in Felsens Kopf. Er bestellte Wein und beobachtete durchs Fenster, wie die vier Propeller einer Frachtmaschine mit endlosem Getöse zu rotieren begannen.
    Als der Kellner den Wein eingoss, war das Schweigen zwischen ihnen förmlich mit Händen zu greifen. Susana sah sich um, als suchte ihr Blick einen anderen Fixpunkt als die traurige Gestalt vor ihr. Felsen ließ seine hochgezogenen Schultern sacken und lehnte sich zurück.
    »Saudé!« , sagte er krampfhaft locker und hob sein Glas.
    Sie stieß mit ihm an.
    »Ich habe dich nie gefragt, wie du mich eigentlich gefunden hast«, sagte er und zündete sich eine Zigarette an.
    »Durch Zufall«, antwortete sie. »Ich habe die Nummer einer Freundin gesucht, die mit Nachnamen Felizardo heißt, und deiner stand direkt darunter. Ich dachte nicht, dass du es wärst, aber ich habe trotzdem angerufen. Es hat niemand abgenommen. Am nächsten Tag war ich in Lissabon, bin zu der angegebenen Adresse gegangen und habe deine

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