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Tod in Marseille

Tod in Marseille

Titel: Tod in Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Gercke
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Idee kommen, diese Geschichte zu glauben. Sie hatte sich von Nini mitreißen lassen und sich einfach blöd verhalten. Aber weshalb ging Grimaud auf ihr Märchen ein? Aus Höflichkeit? Oder weil er vermutete, dass eine ganz andere Sache dahintersteckte, der er bei dieser Gelegenheit auf die Spur kommen könnte?
    Würden Sie das wirklich tun?
    Nini sah hinreißend aus: Dankbar lächelnd, zerbrechlich, zog sie den schwarzen Spitzenschal fester um sich, als suche sie Schutz.
    Julien lächelte. Wenn es in meiner Macht steht, sagte er. Ein paar Informationen brauche ich wohl noch. Können Sie sich daran erinnern, wie der Mann hieß, den Ihre Enkelin so sehr bewunderte?
    Er geht direkt auf sein Ziel los, dachte Bella. Jetzt wird sich entscheiden, wieweit er uns geglaubt hat.
    René, murmelte Nini, René Irgendwas. Sie war nicht sicher, ob sie den Namen nennen sollte. Schließlich war der Mann ein Killer. Und außerdem war er tot.
    Von woher, hatten Sie gesagt, sind Sie nach Marseille gekommen?
    Typische Polizistenfrage. Bella erinnerte sich nicht daran, dass Nini davon gesprochen hatte, woher sie gekommen war.
    Gomera, sagte Nini. San Sebastián de la Gomera.
    Und der Mann, für den sich Ihre Enkelin begeistert hat, der war blond? Auffällig blond?
    Das hab ich nicht gesagt.
    Nini sah erschrocken aus. Bella lächelte ihr aufmunternd zu.Die alte Frau sollte keine Angst bekommen. Sie hatte nichts verbrochen. Man hätte diesem Grimaud von Anfang an reinen Wein einschenken sollen. Alle drei schwiegen einen Augenblick. Grimaud sprach als Erster, freundlich wie zuvor.
    Also, sagte er, der Mann, von dem Sie sprechen, heißt René Picard. So hieß er mit seinem wirklichen Namen. Im Lauf seiner Karriere hat er verschiedene Namen angenommen. Vor ein paar Wochen hat man ihn in San Sebastián de la Gomera erschossen. Wenn Sie mich fragen – und Sie können mich ruhig fragen, denn ich war jahrelang mit dem Fall befasst –, Picard war am Ende. Es gab keinen Ort mehr, an dem er sich ungehindert hätte aufhalten können. Wir hatten ihn, und er wusste das. Hat Ihre Enkelin ihn gekannt?
    Ich glaube, sagte Nini. Sie hat jedenfalls gewusst, dass er mit Marseille zu tun hatte. Ob er es ihr gesagt hat, weiß ich nicht.
    Ungewöhnlich für ein junges Mädchen, einfach hierher zu reisen. Was könnte sie gesucht haben? Der Mann war tot.
    Natürlich, dachte Bella. Er ist Polizist. Und intelligent ist er auch.
    Um Nini vor einer Antwort zu bewahren, die sie nicht geben wollte, fragte sie:
    Was wissen Sie über diesen Picard? Womit hat er sich beschäftigt? Weshalb waren Sie so lange hinter ihm her?
    Grimaud sah sie aufmerksam an. Bella überlegte, ob auch sie beim Fragen unwillkürlich in einen Polizeiton verfallen war.
    Sie sind vom Fach, sagte Grimaud.
    Ist schon eine Weile her, antwortete sie. Ich bin schon seit Jahren nicht mehr im Dienst. Offensichtlich verlernt man alte Gewohnheiten nicht so leicht.
    Nini hatte die Unterhaltung mit größtem Interesse verfolgt. Zwei Polizisten! Da konnte es doch gar nicht mehr schwer sein, Maria-Carmen zu finden.
    Es war auch meine Schuld, flunkerte sie drauflos. Ein Leben lang hab ich ihr von Marseille vorgeschwärmt. Da ist es dochkein Wunder, dass die Kleine sich in den Kopf setzt, die Stadt kennenzulernen.
    Lassen wir es dabei, sagte Grimaud.
    Sie spürten beide, dass er annahm, sie verschwiegen ihm etwas, aber das schien ihm im Augenblick gleichgültig zu sein.
    Sie sollten wissen, sagte Grimaud, was für ein Mensch dieser Picard gewesen ist. Er war jemand, der das Töten zu seinem Beruf gemacht hatte. Bevor wir überhaupt auf ihn aufmerksam wurden, ihn mit irgendwelchen Morden in Verbindung brachten, hatte er schon mindestens dreißig Menschen auf dem Gewissen. Auch der klügste Verbrecher, und zu denen gehörte er zweifellos, kann allerdings auf Dauer nicht verhindern, dass seine Taten das Muster erkennen lassen, nach dem er handelt.
    Selbst wenn er sich vornimmt, ohne Muster zu arbeiten. Kein Muster ist auf die Dauer auch eins, sagte Bella.
    Sie dachte an eine alte Frau, die ein gepunktetes Kleid getragen hatte, als sie vor vielen Jahren zu ihr gekommen war. Sie hatte für ihre Enkelin um Schutz gebeten. Es war interessant gewesen, sich mit der alten Frau zu unterhalten, weil sie sehr unkonventionelle und, wie Bella fand, sehr richtige Ansichten über Liebe und Prostitution gehabt hatte. Am Ende hatte sie sich tatsächlich überreden lassen, die Enkelin zu beschützen. Die wollte ihren Zuhälter

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