Tod in Seide
könnte, aber es war wirklich sinnlos, Mike zu fragen, ob ich mit ihm nach New Jersey kommen könnte. Falls Anthony Bailor die im Krankenhaus festgehaltene Person war, dann war es wahrscheinlich, dass er am Sonntag Vormittag in Chelsea auf Mercer und mich geschossen und die junge Frau umgebracht hatte. Das Letzte, was ich tun sollte, war, mich in seiner Nähe aufzuhalten.
»Was ist dein Plan?«
»Meinen Hintern nach Piscataway in Bewegung zu setzen, bevor die beiden Clowns von der Sonderermittlung dahinter kommen.«
Ärzte waren gesetzlich dazu verpflichtet, Schusswunden zu melden, und ein aufmerksamer Detective, der erkannt hatte, dass es in seinem Zuständigkeitsbereich, das heißt in der Stadt, wo Bailor sich behandeln lassen wollte, keine Meldungen gab, wonach ein Angreifer verletzt worden war, hatte geistesgegenwärtig die Polizei in New York und den umliegenden Nachbarstaaten vom Erscheinen des Verdächtigen in Kenntnis gesetzt.
»Meinst du, dass er es ist?«
»Ja, der Kerl ist nicht von dort, sondern kam einfach rein. Er hat einen gängigen Namen verwendet, hat aber keinen Ausweis, und er hat eine falsche Adresse angegeben – eine Straße in einer benachbarten Stadt, die es gar nicht gibt. Die Beschreibung passt auf Bailor. Elsa, sie gehört die nächste Viertelstunde ganz Ihnen. Loo wird dir ein paar uniformierte Polizisten aus dem Dezernat schicken, die dich rumkutschieren und beschützen werden, bis ich heute Abend zurück bin.«
Jeder Einwand war sinnlos. Mike würde sich nicht über Battaglias Anweisung, dass mich jemand überallhin begleitete, hinwegsetzen. »Soll ich mich weiter darum kümmern, Caxton zu finden?«, fragte ich.
»Ja, solange du es von deinem Schreibtisch aus tust. Wenn du einen Hinweis auf seinen Verbleib hast, dann können wir versuchen, ihn heute Abend oder morgen Vormittag zur Rede zu stellen. Was du in der Zwischenzeit tun könntest, ist, dich von den Polizisten auf dem Weg ins Büro in Denises Galerie fahren zu lassen. Sieh zu, ob du Daughtry mit deinem Charme dazu bringen kannst, dir zu verraten, was er letzte Nacht über Lowell Caxtons Exodus in Erfahrung gebracht hat. Wahrscheinlich kannst du besser mit ihm, wenn ich nicht dabei bin, Coop. Vielleicht lässt er dich sogar ein bisschen im Lagerraum herumschauen.«
»Erinnere mich noch einmal, wonach genau ich suchen soll. Den Vermeer? Den Rembrandt?«
»Vielleicht kann ich dir das sagen, nachdem ich mit Bailor gesprochen habe.« Er sah auf seine Uhr. »Gib mir zwei Stunden, und dann rufe ich entweder deinen Pieper oder in ›Caxton Due‹ an.«
»Treffen wir uns heute Abend bei Mercer?«
Mike reagierte nicht auf meine Frage. »Nehmen wir an, du wärst Deni und du hättest etwas – wahrscheinlich ein Bild –, das jemand anderer auch haben will. Wo würdest du es verstecken?«
»Dazu hatte sie mehr Optionen, als sich die meisten von uns ausmalen könnten. Und vor wem versteckte sie es? Ich meine, wenn es Lowell war, dann bezweifle ich, das sie es zu Hause oder an irgendeinem Ort verstecken würde, den sie gemeinsam benutzten. Wenn es Daughtry war, dann würde sie es nicht in ihrer Galerie verstecken. Das hängt doch zum Teil davon ab, vor wem sie es verstecken wollte, findest du nicht? Das sollten wir als Erstes wissen.«
»Nein, das ist unwichtig. Was ich denke ist, dass, falls es irgendein Kunstwerk war, sie es direkt vor unseren Augen versteckt haben könnte, wenn du weißt, was ich meine. Marco Varelli hätte jede Restaurierung rückgängig machen können. Er konnte die Schichten eines restaurierten Bildes wiederherstellen oder aber auch ein Meisterwerk unkenntlich machen. Sie könnte so etwas in einem Lagerraum verstecken, und wenn sie beiläufig damit umging, würde es niemand merken. Da müsstest du schon ihr Auge, ihr Wissen, ihren Tutor haben. Sie könnte es sogar in einer Einkaufstasche mit sich herumtragen, und niemand würde etwas vermuten. Vielleicht ist des Pudels Kern in diesem Fall eine riesige optische Täuschung, Coop.« Mikes Idee war in der Tat nicht so abwegig. »Also klemm’ ich mich hinter Lowell, schau bei Bryan Daughtry vorbei und versuche, einen Blick in das Lager zu werfen.«
»Bringt es Unglück, wenn ich schon mal eine Flasche Champagner kaufe, die wir dann nach deiner Rückkehr bei Mercer trinken können?«
»Dom Perignon. Aber du musst mir versprechen, dass ich es ihm sagen darf. Mach ihm keine falsche Hoffnung, wenn du vor mir dort bist. Es wäre furchtbar, wenn es ein falscher Alarm
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