Tod in Seide
stellte mich vor und erklärte, warum ich hier war. Ich war nicht gekommen, um sie im Detail über die Belästigung auszufragen – das würde Catherine am nächsten Vormittag tun –, sondern um ihr den Vorgang zu erklären und mich ihrer Kooperation zu versichern. Die Zeugen und ihre Familien waren immer wieder überrascht, wie viel schonender die Prozedur angesichts unserer Sonderabteilung geworden war und dass wir es schafften, dass sich das Opfer wohl fühlte.
Ich ging noch einmal hinaus und wartete vor der Tür, bis die Ärzte ihre Untersuchung beendet hatten. Als sie fertig waren, setzte ich mich zu Callie, erzählte ihr, was sie am nächsten Tag erwarten würde, und beantwortete alle ihre Fragen über den weiteren Verlauf der Angelegenheit. Sie und ihr Mann sollten zu Catherines Büro gehen, wo die Vernehmung stattfinden würde. Die Anklageverlesung vor der Grand Jury würde weniger als zehn Minuten dauern, und der Täter würde nicht anwesend sein, also musste sie ihn nicht Wiedersehen oder die Geschichte vor ihm wiederholen. Danach wäre Catherine dafür verantwortlich, dem Gericht Informationen über den Tathergang zukommen lassen, die von der Verteidigung rechtmäßig erbeten werden konnten. In drei oder vier Monaten würde Callie zur Verhandlung nach New York zurückkommen müssen, und wenn wir Glück hatten, würde es Catherine wieder mit einem so einfühlsamen und sachkundigen Richter wie Wetzel zu tun haben.
Callie schien für diesen Überblick dankbar und zur Kooperation bereit zu sein.
»Sind Sie in der Notaufnahme untersucht worden?«
»Zum Glück bin ich ja nicht vergewaltigt worden. Also haben sie keine innere Untersuchung gemacht. Sie haben sich mehr um meinen Zustand Sorgen gemacht – mein Blutdruck war rapide gefallen, und meine Lebenszeichen waren schwach.«
Ich wusste von meiner Unterhaltung mit dem Sergeant, dass der Angreifer Callies Brust in den Mund genommen und daran gesaugt hatte.
»Hat jemand Ihre Brust untersucht?«
»Ich bin mir nicht sicher. Es war alles so viel, als wir hier ankamen – ich weiß es einfach nicht.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, ins Badezimmer zu gehen und Ihre Brüste im Spiegel anzusehen?«
Als sie zurückkam, nickte sie. »An der Stelle, wo sein Mund war, ist eine großflächige Verfärbung. Und an meinem Brustbein sind ein paar Kratzer, vielleicht ist das passiert, als er die Knöpfe abgerissen hat.«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich eine der Krankenschwestern bitten, noch einmal zu Ihnen zu kommen und es sich anzusehen. Ich möchte, dass sie diese Verletzungen in Ihrem Krankenbericht vermerkt. Und Laura, eine unserer Fotografinnen, wird morgen Vormittag ein paar Aufnahmen davon machen.«
»Aber sie scheinen so unbedeutend zu sein.«
»Trotzdem, Callie, bezeugen sie genau, was Ihnen laut Ihrer Auskunft der Mann angetan hat. Das wird Ihnen bei der Verhandlung sehr nützlich sein.«
Wir unterhielten uns noch ein bisschen, dann bedankte ich mich bei Callie, betonte noch einmal, welch gute Zeugin sie sein werde, und verließ das Krankenhaus.
Der Streifenwagen wartete in der Parkauffahrt an der York Avenue auf mich.
»Wohin als Nächstes, Miss Cooper?«
Ich sah auf meine Ohr. Mike war vor ungefähr eineinhalb Stunden nach New Jersey gefahren. Ich versuchte, meine Neugier über sein Zusammentreffen mit dem Mann, bei dem es sich vielleicht um Bailor handelte, im Zaum zu halten.
»Können wir, bevor wir nach Chelsea fahren, auf der Fifth Avenue an der Hausnummer 890 vorbeifahren? Es ist kein großer Umweg. Ich möchte bei den Polizisten vorbeischauen, die dort eine Wohnung observieren.«
Innerhalb von zehn Minuten waren wir vor dem Haus, in dem Lowell Caxton wohnte. Ein Zivilfahrzeug stand neben dem Baldachin. Ich stieg aus, um mit den Männern, die beide mit Hotdogs und Root Beer im Auto saßen, zu reden. Sie waren Kollegen von Mike im Morddezernat und genervt, zu einem so uninteressanten Job abgestellt worden zu sein.
»Hier passiert gar nichts. Der Portier sagt, dass es bei Caxton nichts Ungewöhnliches gibt. Er macht nur die Tagschicht, also weiß er nicht, wann Lowell letzte Nacht heimgekommen ist. Aber sein Chauffeur hat ihn heute früh kurz vor acht Uhr abgeholt. Ich bat ihn auch, die Haushälterin anzurufen. Sie sagt, dass sie Caxton irgendwann heute Abend nach sieben Uhr zurück erwartet. Werden Sie und Chapman dann rüberkommen?«
»Ja, außer Sie bemerken schon früher etwas, das wir wissen sollten. Haben Sie die Nummer
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