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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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Lichtschalter. Als er ihn gerade hineindrücken wollte, hörte er Susanns Stimme und zögerte.
    »Aber nein, mehr hab ich wirklich nicht!«
    Paul erschrak, als er merkte, wie deutlich man hier draußen jedes Wort verstehen konnte, und versuchte, sich zu erinnern, was er ihr alles gesagt hatte. Aber er kam nicht weit in seinen Überlegungen. Kodells Stimme war nicht weniger laut und erregt.
    »Susie, du mußt es mir geben, ich brauche es dringend!«
    »Aber ich hab selber keins, so glaub mir doch! Nur die Möbel und die Platten. Du kannst sie ja verkaufen, aber davon bekommst du keine 4000 zusammen!«
    »Nein, natürlich nicht. Aber du hast doch Freunde. Sie können dir Geld leihen. Ich kann vielleicht 1500 zusammenbekommen, aber es ist ja so eilig, und meine Bank gibt mir nichts mehr!«
    »Das tut mir leid, aber ich habe dich nie gebeten, mir Geld zu geben, oder? Du hast immer wieder gesagt, du hättest keine bessere Verwendung für deine Ersparnisse!«
    Ihre Stimme war scharf, und Paul zuckte unwillkürlich von der Tür zurück, Kodell schwieg lange Zeit, dann sagte er etwas, aber es war zu leise, und Paul atmete erleichtert auf, weil man nur die lauten Worte verstehen konnte. Er wollte eben gehen, als Kodells Stimme wieder lauter wurde.
    »Du mußt , Susie! Du mußt es tun! Sonst bin ich ruiniert!«
    »Was heißt denn ruiniert?« Susanns Stimme blieb kühl wie ein Polarwind. »Du hast nicht das Geld, um ein Darlehen rechtzeitig zurückzuzahlen. Na und? Wer ist schon wegen lumpiger 4000 Mark ruiniert?«
    »Susie, ich liebe dich!« Kodells Stimme klang hoch.
    Paul zerrte an seinem Pullover. Es kam ihm vor, als würde er gleichzeitig vor der Tür horchen und drinnen in Kodells Haut stecken.
    »Ich liebe dich doch! Ich habe es für dich getan! Für dich!«
    »Was hast du denn Großes für mich getan?« fragte Susann.
    Pauls Atem ging so laut, daß er Kodells Antwort nicht verstand, aber Susann wiederholte sie:
    »Gestohlen?« fragte sie langgezogen. »Du hast gestohlen? Du?«
    »Unterschlagen«, berichtigte Kodell, immer noch mit unnatürlich hoher Stimme. »Ich habe es von den Bareinnahmen unterschlagen, es war nicht weiter schwer, ich wollte es zurückzahlen, das wäre ja auch ohne weiteres möglich gewesen, wenn diese Buchprüfung nicht vorverlegt worden wäre ... Susie, du mußt mir helfen, bitte!«
    Lange Zeit war es still.
    Paul erschrak, als plötzlich das Flurlicht erlosch, trotzdem ließ er es dunkel. Sein Horcherposten gefiel ihm nicht, aber er blieb wie angewurzelt stehen. Irgendwo im Haus spielte ein Radio. Über ihm gingen Schritte, ein Hund jaulte.
    Die Stimmen in Susanns Wohnung waren nicht mehr zu verstehen. Als die Tür unerwartet aufging, konnte Paul sich gerade noch mit drei langen Sätzen auf den oberen Treppenabsatz retten, bevor es hell wurde. »Ich komme wieder«, sagte Kodell.
    Susann schlug wortlos die Tür zu, und Kodell ging zum Lift. Paul beugte sich vor und sah ihm nach. Die runden Schultern waren hochgezogen, die dünnen Beine wirkten viel zu schwach, um den runden Körper zu tragen.
    Das Licht verlöschte. Paul ging langsam hinunter, ohne es wieder einzuschalten. Seine Gedanken waren bei Susann und Kodell, und er achtete nicht auf die spärlichen Geräusche des Hauses.
    Als er ein leises Schlurfen unter sich hörte und kurz darauf ein Flüstern und Zischen, reagierte er viel zu langsam. Statt stehen zu bleiben, machte er noch einen weiteren Schritt und hielt erst dann ruckhaft an.
    Unter ihm lag die kleine Halle; die Fahrstuhltür und der Eingang waren heller, davor, in der Dunkelheit, der Umriß eines Mannes und eine rotglühende Zigarettenspitze.
    Paul drehte sich um; seine Hände wechselten am Treppengeländer, und er nahm mit jedem Schritt vier Stufen auf einmal. Die Dunkelheit schützte ihn jetzt, und als das Licht plötzlich wieder brannte, blendete es ihn, und er mußte die Augen schließen und die nächsten Schritte noch tastend zurücklegen. Er lief nicht, sondern stieg geräuschlos weiter.
    Die anderen rannten.
    Sie polterten hinter ihm die Treppe herauf und kamen schnell näher. Auf der anderen Seite surrte der Lift. Sie hatten an alles gedacht.
    Paul machte noch zwei Sprünge, erreichte den Treppenabsatz über Susanns Wohnung und warf sich dicht an der Wand auf die Stufen.
    Es war keine Sekunde zu früh.
    Diesmal waren sie zu dritt. Fred, Harald und der kleine Bertie. Paul begann zu zittern. Die Angst stürzte wie eine Welle über ihn hinweg, und er konnte nichts dagegen tun.

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