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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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eine ganze Reihe von golden leuchtenden Anwaltsschildern ... In so einen Klotz komme ich nie hinein! Paul sah an den stuckgeschmückten Fassaden hinauf. Er hatte jetzt die ganze Straße abgesucht, ohne die Filiale zu finden, und bog nach rechts in eine Nebenstraße ab, um ein Telefonhäuschen zu suchen. Er fand keins, bog ein zweites Mal ab und ging zurück in Richtung St. Pauli.
    An der nächsten Kreuzung blieb er stehen.
    Er stand direkt davor.
    Es war ein Eckhaus. Ein grauer Altbau, dessen obere Stockwerke einem Verlag und einer Versicherungsfirma gehörten. Im Erdgeschoß waren die Schaufenster vergittert und zu zwei Dritteln von Vorhängen nach hinten hin abgedeckt. Ein schwarzer Schaukasten zeigte die letzten Börsenkurse, ein Plakat warb für Investmentsparen. Im zweiten Fenster standen kleine tönerne Spartiere: Schweinchen, Fische und Elefanten. Ein quadratischer Holzrahmen war mit dunkelblauem Samt ausgeschlagen und enthielt Goldmünzen in verschiedenen Größen.
    Die breite, stahlgefaßte Glastür war bereits geschlossen. Hinter den daumenstarken Gittern las Paul den Namen der Bank und die Öffnungszeiten. Kleine, unauffällige Silberbuchstaben und eine schmale Metalltafel. Eine zweite Eingangstür führte zu den anderen Firmen im Haus. Sie war aus massivem Holz und mit drei Schlössern gesichert.
    Paul ging langsam an den beiden Fenstern der Bank entlang. Dicht über dem Pflaster des Gehwegs waren drei Kellerfenster, vergittert, etwa einen Meter lang, knapp 25 Zentimeter hoch. Dann kam ein rostiges Regenrohr, und das nächste Haus schloß sich fugenlos an.
    Paul wollte noch einmal zurückgehen, als er hinter sich Schritte hörte. Er zwang sich, nicht zurückzuschauen, sondern im gleichen Tempo weiterzuschlendern.
    Sie hatten ihn den ganzen Tag in Ruhe gelassen. Bertie hatte ihm den Grund genannt. Sie warteten auf eine hundertprozentige Gelegenheit. Aber hier waren noch zuviele Menschen.
    »Hallo, Paul!« sagte eine Stimme.
    Paul blieb stehen und drehte sich um. »Schon wieder mein Bewährungsschatten!« stöhnte er.
    Kulmhof lachte, als hätte Paul einen Witz gerissen. »Wie geht's?« fragte er. Sein Gesicht war naß, die Haare klebten über der gewölbten Stirn. Er sah aus, als wäre er gelaufen.
    »Sind Sie mir die ganze Zeit über nachgeschlichen, oder haben Sie auch in dieser Gegend Kunden?« fragte Paul spöttisch und setzte sich wieder in Bewegung.
    Kulmhof blieb neben ihm. »Du ahnst ja nicht, wo überall!« sagte er vieldeutig. Sein Atem ging noch schnell.
    »Es sieht aus, als wären Sie mächtig gelaufen, um mir auf den Fersen zu bleiben ...«
    Kulmhof steckte sich eine Zigarette an. »Du nimmst dich selbst zu wichtig.« Er hielt Paul nachträglich die Zigarettenpackung hin, zog sie aber sofort wieder zurück und sagte: »Ach so, du rauchst ja nicht.«
    »Na geben Sie schon her ...« Paul dachte an den mit Kippen bedeckten Boden in seinem Zimmer und nahm die Zigarette, ließ sich Feuer geben und nahm einen tiefen Lungenzug, wie früher. Ihm wurde schwindlig. »Ich wollte Sie heute schon anrufen«, sagte er etwas zu laut.
    »Ach, das freut mich!« Kulmhof legte Paul eine Hand auf den Arm, um ihn am Straßenrand zurückzuhalten. »Dort drüben ist eine Ampel.«
    Paul biß sich auf die Lippen. Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern, was er vor der Bank alles gemacht hatte. Wie auffällig hatte er sich benommen? Oder war er nur vorbeigeschlendert? Würde Kulmhof sich später daran erinnern? Unsinn! Paul merkte, daß Kulmhof ihn fragend ansah. Er hatte irgend etwas gesagt, und Paul hatte nicht darauf geachtet.
    »Es ist wegen der Stellung«, sagte er hastig, »von der Sie gesprochen haben. Ich hab mir das überlegt. Kann ich dort noch hin?«
    »Natürlich!« Kulmhofs Gesicht leuchtete auf. »Komm, wir trinken einen Kaffee zusammen, ich lade dich ein.«
    »Ich möchte gern nächste Woche anfangen. Geht das in Ordnung?« Er mußte husten und warf die kaum angerauchte Zigarette weg.
    Kulmhofs Antwort ging in einem ohrenbetäubenden Donnergrollen unter. Paul sah nur das runde Gesicht mit der Knollennase vor sich, die hellen Augen und den Mund, der sich auf und zu bewegte. » ... mir melden«, verstand er nur noch, als es wieder still war.
    Bevor er etwas sagen oder Kulmhof seinen Satz wiederholen konnte, prasselte der Regen herunter. Der Wind peitschte ganze Böen über die Straße; in einer Sekunde war der Gehsteig mit Wasser bedeckt, der Regen bildete eine Wand von kleinen silbrigen

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