Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)
rühren.
»Wird das ein Omelett?« fragte er kauend. »Ich mag's aber lieber, wenn das Eiweiß extra geschlagen wird, dann ist es schaumiger.«
»Halt endlich den Mund! Was hast du den ganzen Tag über getrieben? Hast du schon etwas besorgt? Morgen ist der letzte Tag!«
»Stimmt haargenau. Ich habe mir die Bank angesehen.«
Sie sah mit zusammengekniffenen Augen auf, aber er war gerade damit beschäftigt, eine Wurstscheibe aus dem Papier zu ziehen.
»Im Wohnzimmer ist eine Mappe, alle Pläne sind drin. Kodell hat sie schon gebracht. Er macht jetzt Überstunden und ändert die Bücher.«
»War Kodell hier?«
»Nein, wir haben uns im Café getroffen. Er verläßt sich auf mich.«
»Ich auch.« Paul nahm sich noch eine Wurstscheibe und ging in das Wohnzimmer. Auf dem kleinen Regal lag ein blauer Schnellhefter. Er enthielt die Blaupause eines Schaltplanes und eine nicht sehr geschickt gezeichnete, aber offenbar genaue Planskizze des Gebäudes mit allen Maßen.
Paul legte sich flach auf den Boden und vertiefte sich in die Pläne. Die Aufgabe fesselte ihn, und nach wenigen Sekunden hatte er alles um sich herum vergessen.
»Nun?«
Ihre Stimme kam plötzlich, leise, fast wispernd. Paul sah auf. Dicht neben seiner Hand stand ihr Schuh. Das schwarze Leder war blank, die Spitze verdeckte knapp ihre nackten Zehen. Paul hob eine Hand und strich leicht mit dem Finger über den Spann.
»Laß das!«
Sie hackte mit dem Fuß nach seiner Hand. Der Stahlrand des Stöckelabsatzes traf ihn und hinterließ einen Kratzer auf seinem Handrücken. Paul beobachtete interessiert, wie sich der weiße Streifen langsam rötete und an einigen Stellen winzige Blutströpfchen hervortraten.
»Wenn du das noch einmal versuchst, tret ich dir ein Loch rein«, versprach sie.
Paul drehte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Dann kannst du den Safe mit deinen kleinen Zähnchen aufbeißen. Falls du noch eigene hast.«
Er merkte, wie ihr Gesicht sich verzerrte und fuhr schnell fort: »Los, schau dir den Plan an!« Er setzte sich auf, stützte sich auf die linke Hand und zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf die ausgebreiteten Zeichnungen. »Zur Bank gehören das Erdgeschoß und der Keller. Im Keller ist ein Tresor für die Unterlagen, Papiere und so weiter, vermutlich mit einzelnen Privatfächern für Schmuck und Wertsachen. Das Bargeld ist in einem Hartung-Safe. Ein Modell, das heute kaum noch benützt wird. Die Alarmanlage umspannt sämtliche Räume. Der Eingang zur Straße und die Fenster sind natürlich so stark gesichert, daß man nicht so ohne weiteres rein kann. Die Kellerfenster sind viel zu schmal für einen erwachsenen Menschen und natürlich auch vergittert, allerdings nicht sehr engmaschig ... Die zweite Tür des Gebäudes führt zu einem Treppenhaus. Die Treppe geht zu den oberen Stockwerken, eine Kellertür und eine Verbindungstür führen zu den Bankräumen. Beide Türen sind gesichert, aber damit werde ich fertig. Allerdings ist es völlig ausgeschlossen, durch die zweite Eingangstür zu kommen. Massives Holz und drei Schlösser.«
Sie sagte nichts, aber er merkte, daß sie jetzt nur noch an das Geld in der Bank dachte.
»Es gibt nur einen Weg. Ich muß über die Regenrinne in den ersten Stock klettern, dort ein Fenster öffnen, durch die Büroräume in das Treppenhaus kommen, die Kellertür freilegen und die Hauptsicherung ausschalten. Das Dumme ist nur, daß ich eine ganze Menge Werkzeuge brauche, aber mit einer schweren Tasche komme ich die Regenrinne nicht hinauf. Und lang darf das alles nicht dauern, denn ein zufällig vorbeikommender Spaziergänger kann schon alles verderben. Das Öffnen des Fensters wird schon auffällig genug sein. Ich werde von innen ein Kellerfenster öffnen, und du mußt mir dann die Sachen hereinreichen. Und außerdem mußt du natürlich Schmiere stehen.«
Sie sah ihn mit unbeweglichem Gesicht an. Er stand auf und schob die Pläne mit einem Fuß zusammen.
»Raus kann ich durch die Tür, denn inzwischen hab ich ja die Anlage abgeschaltet. Ich werde also das Geld selbst mitbringen. Damit du nicht in Versuchung geführt wirst.«
»Ich verstehe dich nicht«, sagte sie kühl.
Paul lachte. »Nun, ich könnte dir das Geld ja auch durchs Kellerfenster geben, dann hättest du Zeit, allein zu verschwinden.«
»Blödsinn!« Sie sah zerstreut zum Fenster hinüber. »Und was hast du mit der Alarmanlage vor? Kodell hat gesagt, daß sie schon von der leichtesten Berührung
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