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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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kletterte ohne sich umzuschauen über die Abzäunung und jagte die Kais entlang.
    Aber Kodell war ihm nicht gefolgt.

17
    Paul starrte auf die Schiffe, ohne sie richtig wahrzunehmen. Weiter draußen zog ein Schlepper vorbei, ein Schnellboot der Wasserpolizei machte seine Runden.
    Das Wasser stank faulig und dumpf.
    Paul schneuzte sich in sein Taschentuch, das noch vom Regen naß war, und ging zur Hafenstraße hinauf.
    Die Eisdiele war noch immer da. Hinter zwei blankgeputzten Glasscheiben funkelte eine Chromtheke mit Türmen aus spitzen Waffeln, bunten Pappbechern und dicken Sträußen von Plastiklöffelchen. Gleich neben der Tür stand eine Musikbox; der Rest des Raumes war mit pastellfarbenen Tischen und kleinen Kunstledersesseln ausgefüllt, die schattenlos unter dem bläulichen Licht der Leuchtstoffröhren auf Besucher warteten.
    Nur zwei junge Mädchen löffelten an ihren Eisbechern und sahen interessiert auf, als Paul hereinkam.
    »Banane, Vanille und Schoko mit viel Sahne!« bestellte er und setzte sich an den letzten Tisch unter das Venedig-Plakat.
    Sorgfältig und konzentriert mengte er die Sahne unter das Eis. Als die Musikbox plötzlich aufdröhnte, sah er nicht hoch; erst als ein Stuhl neben ihm über den Steinboden gezogen wurde, zuckte er zurück, sein Eislöffel schlug klappernd gegen den Metallbecher.
    Kulmhof rückte seinen Stuhl zurecht und setzte sich ihm gegenüber. Paul lehnte sich zurück.
    »Können Sie mich denn nicht einmal in Ruhe lassen?«
    »Warum? Magst du die Deep Purple nicht?«
    » Sie mag ich nicht!«
    »Ich finde, sie haben Schwung!« Kulmhof machte sich über sein Fruchteis her.
    »Außer mir haben Sie wohl keinen Job?«
    »Du bist doch nicht etwa nervös?«
    »Fangen Sie bloß nicht auch noch mit meinen Nerven an!« Paul nahm einen viel zu großen Eisballen in den Mund.
    »Wer redet denn sonst noch von deinen Nerven?« erkundigte sich Kulmhof und schabte an einer roten Himbeereiskugel herum.
    »Niemand.« Pauls Mund wurde von dem Eis gefühllos, seine Zähne schmerzten.
    Kulmhof sah auf und schmatzte. »Ein feiner Zufall, daß ich dich hier entdeckt habe. Wo es doch heute nachmittag mit unserem Kaffee nicht geklappt hat ...«
    Paul schwieg. Kulmhof schlug im Rhythmus mit seinem Absatz auf den Boden. Die Mädchen standen auf und gingen tuschelnd hinaus. Vor den Fenstern stand die Dunkelheit wie eine schwarze Lackschicht. Paul kam sich vor wie im Schaufenster.
    »Bleibt es bei Montag?« fragte Kulmhof beiläufig.
    Plötzlich lächelte Paul, er schob seinen Eisbecher etwas zurück. »Klar klappt das.«
    »Großartig!« Kulmhof strahlte. »Ich wußte doch, du schaffst es ... Sie haben mich nämlich schon gefragt, warum du nicht sofort angefangen hast zu arbeiten.«
    »So«, meinte Paul unbestimmt.
    Kulmhof leckte seinen Löffel ab und ließ ihn in den leeren Becher klirren. »Sag mal, hast du irgendwelche Schwierigkeiten?«
    Paul merkte, daß er rot wurde, und hustete etwas. Dann hob er die Schultern und sah Kulmhof vollkommen verständnislos an.
    »Na, ich meine, daß du vielleicht in einer anderen Umgebung leichter drüber weg kämst. Ich meine ...« Kulmhof brach ab.
    Paul musterte ihn wachsam. Das war's! Natürlich, keine schlechte Idee! »Das stimmt schon«, sagte er vorsichtig, »in gewisser Weise jedenfalls. Ich möchte mir ein anderes Zimmer suchen. Wissen Sie zufällig eins?«
    Kulmhofs Hand knallte ihm auf die Schulter. »Mann! Das ist ja prächtig! Ich wußte es schon immer! Klar habe ich ein Zimmer für dich ... Du bist okay, du wirst es schaffen.«
    »Natürlich!« stimmte Paul zu und mußte über den Doppelsinn grinsen.
    »Macht es dir etwas aus, wenn das Zimmer im gleichen Haus ist, in dem ich selbst wohne?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich bin froh darüber.«
    Kulmhof sah ihn nachdenklich an. »Irgendwelchen Ärger?«
    »Ach wo – Tapetenwechsel«, sagte Paul und dachte: ein Alibi! Aber ich hätte mich nicht so freuen sollen, das ist ihm aufgefallen.
    »Schön, ich verstehe«, nickte Kulmhof. »Soll ich versuchen, dir irgendwo anders einen Job zu verschaffen?«
    »Bitte?«
    »Nun, vielleicht willst du nicht in Hamburg bleiben.«
    Paul schluckte und sah zur Theke hinüber. »Ich versuch es erst mal hier, vielleicht später ...« Er brach ab.
    Kulmhof stand auf. »Komm, wir holen gleich deine Sachen.«
    »Das mache ich lieber allein.«
    »Gut. Das Eis geht auf meine Rechnung.«
    Sie gingen zur Kasse, und Kulmhof bezahlte. »Jetzt ist es halb zehn. Wir treffen uns in

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