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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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im Koffer nach seinem Pyjama. Seine Hand berührte etwas Hartes.
    Das Messer.
    Er grub es wieder unter die Sachen und schob den Koffer unter das Bett.
    Das Zimmer schien über ihm zusammenzustürzen. Paul sprang auf und riß das Fenster auf, aber das Gefühl des Gefangenseins blieb. Die weißen Tüllvorhänge bauschten sich im schwachen Wind, und Paul schlug das Fenster wieder zu.
    Die Tapeten waren grünlich und mit leicht erhabenen, wild wuchernden Schlingpflanzen gemustert. Paul warf sich auf den Bettenberg, der weich unter ihm nachgab. Er dachte an den toten Mann am Elbufer, der genauso dagelegen hatte. Aber er war hier, und der Tote war noch dort ... Walter.
    Er hatte Walter getötet.

22
    Paul begann zu frieren. Er wälzte sich vom Bett und taumelte zur Tür. Auf dem Gang war es ziemlich dunkel. Zwei wuchtige Schränke nahmen fast den ganzen Raum ein. Paul sah verwirrt auf die sieben oder acht Türen. Hinter einer brannte Licht, das schwach durch einen Vorhang und eine Mattglasscheibe nach außen drang. Er klopfte leise an.
    »Ja?« rief eine Mädchenstimme.
    Paul schreckte zurück. »Verzeihung!« murmelte er.
    Die Tür ging auf, und das rothaarige Mädchen sah heraus. »Ja, bitte?« fragte sie. Dann erkannte sie ihn.
    Eine Sekunde lang starrten sie sich wortlos an, dann lächelte sie. »Sind Sie der neue Mieter?«
    Paul nickte. Vor seinen Augen tanzten rote und grüne Kreise; er fror, und gleichzeitig war ihm unerträglich heiß.
    »Dann suchen Sie sicher das Badezimmer.« Das Mädchen senkte die Stimme. »Die Alte hatte es wohl wieder so eilig, mit Ihrem Geld wegzukommen, daß sie alles andere vergessen hat ... Kommen Sie!« Sie ging vor und öffnete die letzte Tür. »Der Lichtschalter wird mit der Schnur hier innen links betätigt.« Sie zog daran, es wurde hell.
    Paul ging an ihr vorbei, aber als er die Tür erreichte, mußte er sich plötzlich anklammern. Der Boden schwankte, das Zimmer drehte sich um ihn. Er ließ los und schwankte nach vorn auf die Badewanne zu. Er setzte sich auf den Rand, stützte den Kopf auf die Hände und wartete darauf, daß das Mädchen endlich verschwinden würde. Aber sie blieb.
    »Sie sehen ganz schön mies aus; ist Ihnen schlecht?«
    Paul hob müde den Kopf. Er wollte sie anbrüllen, er wollte ihr sagen, daß sie sich zum Teufel scheren solle, aber er flüsterte nur: »Ja.«
    »Gott, Sie sind ja ganz käsig! Kommen Sie zu mir, ich mache Ihnen einen Kaffee!«
    Paul blieb sitzen.
    »Haben Sie zuviel getrunken? Oh je, ich kann mir vorstellen, wie Sie sich fühlen! Los, kommen Sie – waschen Sie sich kalt, das hilft, und dann mache ich Ihnen einen Kaffee!«
    Ihre Stimme drang aufdringlich hell, aber Paul ließ sie reden. Sie packte seinen Arm, zog ihn zum Waschbecken hinüber und drehte den Kaltwasserhahn auf. Das Wasser war wirklich kalt.
    Draußen pfiff eine Lokomotive, ein Zug ratterte vorbei und übertönte alle anderen Geräusche. Paul richtete sich auf.
    Das Mädchen gab ihm ein Handtuch.
    »Hier, nehmen Sie meins!«
    Paul trocknete sich widerspruchslos das Gesicht ab.
    »So, und jetzt gibt's einen Kaffee, allerdings nur Pulverkaffee.«
    Sie zog ihn mit hinaus. Er folgte ihr willenlos zu der Tür, an die er vorhin geklopft hatte.
    Das Zimmer war etwas größer als seines, aber ähnlich eingerichtet. Über dem Bett hingen Dutzende von Fotos und Zeitungsbilder und über der Lampe ein selbstgemachter Schirm aus rotem Papier.
    Paul ließ sich auf den Bettrand sinken und legte sich zurück. Er hörte, wie sie mit dem kleinen Kocher hantierte, noch einmal hinausging, um im Bad Wasser zu holen, wieder zurückkam und mit Geschirr klapperte. Als sie fertig war, schlief er schon halb.
    Schwerfällig setzte er sich auf. Sie hatte einen Stuhl an das Bett gestellt, auf dem zwei Tassen mit dampfendem Kaffee standen. Dazwischen lag eine offene Packung mit Butterkeks.
    Er nahm eine Tasse und schlürfte den Kaffee. Er war heiß und brannte bis hinunter in den Magen; er tat ihm gut. Über den Rand der Tasse sah er das Mädchen an.
    Sie setzte ihre Tasse ab. »Möchten Sie noch mehr? Es ist noch Wasser da.«
    Paul gab ihr seine leere Tasse und nahm sich einen Keks. Der Krampf in seinem Magen löste sich allmählich.
    »Ich heiße Helga«, sagte sie. »Und Sie?«
    »Paul Petersen«, sagte Paul automatisch.
    »Was sind Sie?« fragte sie weiter und stellte eine neue Tasse vor ihn hin.
    Paul sah sie genauer an. Ihr Gesicht war rund und kindlich. Kleine Nase, Sommersprossen und ein Mund, der

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