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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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warf sich herum und jagte nach links. Er erreichte den Park genau in dem Augenblick, als die hellen Scheinwerfer des Polizeiautos hinter ihm die Lagerhalle aus der Dunkelheit holten.
    Paul stand im Schatten der Bäume. Der Peterwagen hatte angehalten.
    Der Kies knirschte unter seinen Schuhen, als Paul weiterlief; die Büsche huschten an ihm vorbei, er erreichte die Elbchaussee und blieb einen Moment schweratmend stehen.
    Kein Mensch war zu sehen. Die Villen lagen in den Gärten, von Bäumen verdeckt; die Fenster waren dunkel, alles schlief. Paul ging an den einzelnen Gartentoren vorbei und sah sich um. Er brauchte nicht lange zu suchen. Hinter einem niedrigen Holztor lehnten zwei Fahrräder.
    Paul griff über das Gatter und klinkte es auf. Er nahm das oberste Rad, obwohl es ein Damenrad war, und schob es auf die Straße heraus.
    Irgendwo in der Nähe kläffte ein Hund.
    Immer wieder rutschte ihm der Koffer vom Gepäckträger. Ein zweites Martinshorn näherte sich. Paul riß seinen Ledergürtel aus der Hose und schnallte den Koffer fest. Dann schwang er sich auf das Rad und fuhr los. An der Liebermannstraße bog er nach links ein. Er stieg mit aller Kraft in die Pedale, aber es kam ihm vor, als kröche er dahin.
    Ein Auto kam ihm entgegen; die Scheinwerfer blinkten ihn an. Entsetzt riß er die Lenkstange herum, knallte gegen den Bordstein und wäre fast gestürzt.
    Der Wagen fuhr an ihm vorbei, und der Fahrer brüllte wütend: »Kannst du kein Licht einschalten?«
    Paul hielt an. Seine Arme waren so schwach, daß er sich mit den Ellbogen auf den Lenker stützen mußte. Er richtete sich wieder auf, drückte den Dynamo gegen den Reifen und fuhr weiter. Der gelbe Lichtstreifen tanzte vor ihm her. Das Treten war jetzt noch mühsamer. Paul hing zusammengekauert auf dem zu niedrigen Sattel. Ihm wurde klar, daß er so nicht bis nach Altona kommen würde. Er ließ das Rad ausrollen, stieg ab, schob es bis zum Zaun, lehnte es dort gegen die Latten und band den Koffer los.
    Schräg über der Straße sah er eine Straßenbahninsel. Paul ließ ein einsames Auto vorbeifahren und ging hinüber. Er zog die letzten Münzen aus seiner Hosentasche und löste eine Karte aus dem Automaten. Außer ihm war niemand da. So gut es ging, wischte er sich Hände und Gesicht mit dem Taschentuch sauber.
    Eine Straßenbahn ratterte heran, Paul sah auf. Es war nicht die 7, sondern nur ein einzelner Triebwagen. Der Fahrer warf ihm einen gleichmütigen Blick zu, dann war Paul wieder allein.
    Angespannt horchte er nach der Elbe hin. Jetzt hörte er die Sirenen nicht mehr. Alles schien ruhig und friedlich. Auf der gegenüberliegenden Seite fuhr ein Auto dicht am Straßenrand entlang und bog in die Querstraße ein.
    Ein Peterwagen! Paul riß den Koffer an sich, um wegzurennen, blieb aber stehen. Gebannt beobachtete er den Polizeiwagen, der direkt unter dem beleuchteten Schild einer Polizeiwache anhielt.
    Ein Polizist kam heraus, der Fahrer sagte etwas, dann sahen beide in Pauls Richtung.
    Nicht zu mir! redete er sich ein. Hinter mir ist irgendwo die Elbe, und dort ... Die Straßenbahn kam und drängte sich wie eine gläserne Wand zwischen Paul und die Wache.
    Paul schob seinen Koffer auf die Plattform und stieg hinterher. Die Türen schlossen sich zischend hinter ihm, die Bahn ruckte wieder an. Paul merkte, daß die beiden Polizisten ihr nachsahen, dann aber weitersprachen. Er legte die Stirn gegen die kühle Scheibe, bis die Bahn die Kreuzung hinter sich hatte, und sah sich dann um.
    Er war im zweiten Wagen, und es saßen nur noch zwei Männer und ein Mädchen auf den Bänken. Ein Mann und das Mädchen saßen nebeneinander mit dem Rücken zu ihm, der andere Mann war vornübergesunken und schnarchte laut.
    Einen Schaffner gab es nicht.
    Paul schob seine Karte in den Stempelautomaten und zog sie wieder heraus. Er blieb mit seinem Koffer auf der hinteren Plattform und beobachtete die vorbeifahrenden Autos. Es waren nur Privatwagen.
    Am Hohenzollernring schreckte der schlafende Mann plötzlich auf und stieg aus. Am Spritzenplatz stieg auch der zweite Mann aus, und Paul war mit dem Mädchen allein im Wagen.
    Irgendwie hatte er sich eingebildet, sie würde zu dem Mann gehören; jetzt sah er sie zum erstenmal richtig an.
    Sie war klein und schmal, hatte kurzes, fast struppiges rotblondes Haar und trug einen hellblauen Pullover mit kurzen Ärmeln. Mehr konnte er von hinten nicht erkennen, aber als ob sie seinen Blick gespürt hätte, drehte sie sich plötzlich

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