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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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»Die Meldung kam erst, als die meisten Seiten schon im Druck waren. Aber inzwischen hat der Polizeiarzt die genaue Todeszeit festgestellt ...« Kulmhof unterbrach sich, aber Paul sagte noch immer nichts. »Zwischen neun und halb zehn Uhr abends. Sonderbar, nicht wahr? Genau die Zeit, zu der wir beide uns in der Eisdiele getroffen haben!«
    Paul dachte nur an das Messer in seinem Koffer. Er stotterte: »Und ... Und was hat das alles mit mir zu tun?«
    »Tja, sagen wir, du magst vielleicht Bertie und seine Freunde nicht besonders. Du hast dir doch damals eingeredet, du wärst unschuldig gewesen ...«
    »Ich habe es mir nicht nur eingebildet!« fuhr Paul dazwischen.
    »Wie dem auch sei«, beharrte Kulmhof, »du bist jetzt wieder draußen und solltest neu anfangen. Beteiligt warst du doch schließlich an dem Überfall!«
    »Aufpasser und Totschläger sind zweierlei Dinge!«
    »Und du hast nichts mit Berties Tod zu tun? Nicht das geringste?«
    »Nichts!«
    »Dann ist es ja gut. Ich habe bei der Polizei für dich ausgesagt, ich habe bei ihnen dein Alibi geliefert. Übrigens, falls es dich interessiert, Fred und Harald haben auch Alibis, aber vielleicht nicht ganz so gute wie deines.«
    Kulmhof lächelte vielsagend. »Trotzdem wollen sie es noch einmal von dir selbst hören. Du solltest also im Lauf des Tages mal auf der Davidswache vorbeischauen. Es ist nämlich in der Nähe des Tatortes ein Junge gesehen worden. Er stand an der Straßenbahnhaltestelle, und die Beschreibung könnte auf dich passen. Aber du kannst es ja nicht gewesen sein.« Kulmhof faltete die Zeitung zusammen. »Übrigens, um deine Frage zu beantworten: Es ist halb zehn ... Bis bald, Paul.« Er stand auf, grüßte mit der Zeitung und ging hinaus.
    Paul wartete, bis er auch die Wohnungstür hörte, dann stand er auf und zog sich mechanisch an.
    Ich muß weg! Das war das einzige, was er denken konnte. Ich brauche Geld, und dann weg! Nach Schweden rauf, oder nach Norwegen ... Er zerrte den Koffer unter dem Bett vor und holte das Messer heraus. Trotz der Hitze zog er sein Jackett über und steckte das Messer in die Tasche. Er nahm es mit ins Badezimmer und brachte es wieder mit zurück. Es lag bleischwer in der Tasche und beulte sie aus.
    Es war kein Zufall gewesen, daß sie ihn gestern nacht plötzlich allein gelassen, daß sie ihm sogar den Koffer gelassen hatten. Auch das Messer war kein Zufall.
    Paul war sich dunkel der Gefahr bewußt, die sich über ihm zusammenzog, aber der vorherrschende Gedanke war, daß er das Messer loswerden mußte.
    Die Wohnung war still und wirkte verlassen. Paul zog die Tür hinter sich ins Schloß und ging die Treppe hinunter.
    Auf der Straße war es drückend heiß, aber der Himmel bedeckte sich mit schlierigen Wolken. Auf dem Bahnhofsgelände lag der rußige Dunst schwer und bewegungslos tief über den Gleisen.
    Paul ging an den Schaufenstern der Geschäftsstraßen vorbei in Richtung Hafen. Die Autos schoben sich durch die Straßen und stauten sich an den Kreuzungen wie jeden Tag. Er blieb vor den beiden Schaufenstern eines Schuhgeschäfts stehen und schaute hinein. Über dem Glas stand in klobigen weißen Buchstaben Tessys Schuhsalon. Aber die rothaarige Helga konnte er unter den Verkäuferinnen nicht entdecken.
    Jemand rempelte ihn von hinten an. Er fuhr herum; seine Hand war um die ausgebeulte Jackentasche gekrampft, sein Hals schmerzte, als hätte er ihn verrenkt.
    »Entschuldigung!« sagte eine Frau und eilte geschäftig weiter, um sich noch in den gerade angekommenen Bus zu drängeln. Dann war die Straße wieder frei. Auf der Grünfläche jagten sich ein paar Kinder mit Schulmappen.
    Paul ging schneller. Als er Schritte hinter sich hörte, wich er an die Mauer zurück, aber es war nur ein älterer Mann, der zu seinem Auto ging, das am Straßenrand parkte.
    Ein Peterwagen fuhr langsam die Straße hinunter.
    Paul begann in seinem Jackett zu schwitzen und ging weiter. Die Häuser rückten immer näher zusammen, die Straßen wurden schmal. Es roch nach Fisch, Öl und Salzwasser. Vier Matrosen kamen vom Fischereihafen herauf; Paul ging zur Seite, um sie vorbeizulassen, dann blieb er aufatmend stehen und schaute auf das Gewimmel der Frachter und Fischkutter. Er stieg zum Kai hinunter und ging weiter zur Konservenfabrik. Für einen Moment fühlte er sich geborgen in dem Lärm der Kräne, die ihre zentnerschweren Lasten ächzend aufsetzten oder sie unter dem Kreischen der rostigen Ketten hochwuchteten. Paul ließ zwei

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