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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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Krankenschwester direkt in die Arme.
    »Wohin so eilig, junger Mann?« fragte sie.
    Paul machte eine kleine Verbeugung und sagte höflich: »Ich habe meinen Vater besucht.«
    »Das ist recht«, sagte die Schwester und ging weiter.
    Paul begann wieder zu laufen. Neue Türen, neue lange Gänge. Einmal stieß er gegen einen kleinen Wagen, der mit chromblitzenden Instrumenten beladen war und sich sofort klirrend in Bewegung setzte.
    Am Ende des Ganges kam er wieder in eine Halle, stieg einige Stufen hinunter und hatte den Ausgang Zirkusweg erreicht. Vorsichtig drückte er das Tor auf und schaute hinaus. Er konnte niemand entdecken, der verdächtig aussah.

24
    Der Himmel hatte sich völlig zugezogen, aber es war immer noch heiß. Paul zog seine Jacke aus und warf sie über die Schulter.
    Vor dem Schaufenster eines Uhrenladens blieb er stehen. Es war ein kleines Eckgeschäft, und hinter einer hellen Messingblende strahlten Neonröhren auf, kleine Damenarmbanduhren mit straßfunkelnden Bändern, goldene Taschenwecker in krokodilledernen Etuis, Chronometer aus Stahl und flache goldene Armbanduhren, nicht größer als ein Fünfmarkstück, mit Zeigern so fein wie Haare.
    Paul schob die Hände in die Hosentaschen und bückte sich, um den blinkenden Zahnrädern zuzusehen, die hinter den Glaswänden einer alten goldenen Standuhr rhythmisch ineinandergriffen, um die zierlichen Zeiger zu bewegen. Paul fühlte mit der rechten Hand nach Susanns Geldpacken und richtete sich wieder auf. Er faßte die schwarze Querleiste aus poliertem Holz, die über die Glastür lief, und drückte sie auf.
    Ein feines Glockenspiel kündigte ihn an, und er spürte unter seinen Schuhsohlen den weichen Flauschteppich, mit dem der Laden ausgelegt war.
    Ein L-förmiger Ladentisch füllte fast den ganzen Raum aus, das Ticken der vielen Uhren schien sich gegenseitig zu verfolgen, sich für Sekundenbruchteile einzuholen und dann im selben Takt zu arbeiten, um sich sofort wieder durch die Stille davonzujagen.
    Paul war allein. Er sah verwirrt auf die vielen Uhren, die in Reih und Glied auf dunkelblauem Samt lagen.
    »Sie wünschen?«
    Paul erschrak. Der Verkäufer war lautlos aus einem der hinteren Räume gekommen und stand jetzt hinter dem Verkaufstisch wie ein Lehrer hinter dem Pult in der Schule. Er war groß, schlank und weißhaarig und trug einen maßgeschneiderten Anzug mit dezenter Krawatte. »Mein Herr?« sagte er.
    Paul löste seinen Blick von der Krawatte und kam etwas weiter in den Raum hinein. »Eine Uhr ...« Seine Mokassins hinterließen staubige Abdrücke auf dem grünen Veloursteppich. »Eine Armbanduhr!« fügte er etwas lauter hinzu.
    »Für Sie, mein Herr?« fragte der Verkäufer höflich und maß Paul mit einem abschätzenden Blick, der jeden einzelnen Faden einordnete.
    Paul rollte in der Tasche den Geldpacken dichter zusammen, nahm ihn aber nicht heraus. »Natürlich, für wen denn sonst?« Paul sah sich um, als erwartete er, noch jemanden hier zu finden.
    Der Verkäufer lächelte entgegenkommend und holte ein Tuch aus blauem Wildleder, das er auf der Glasplatte ausbreitete. Dann zog er einen flachen Kasten mit verschiedenen Uhren heraus und legte eine nach der anderen auf dar Ledertuch. Es waren einfache, sportliche Uhren.
    »Eine Uhr, habe ich gesagt, keinen Küchenwecker!« Paul schob den Oberkörper vor.
    Der Verkäufer sah ihn einen Moment lang verwirrt an, nickte aber und holte einen zweiten Kasten hervor. Diesmal waren es Golduhren mit Stahlboden, wasserdicht und antimagnetisch.
    »Ich dachte an eine richtige, gute Uhr. Führen Sie so etwas nicht?« Paul stützte sich auf den Glastisch.
    Der Verkäufer zeigte kein Zeichen der Erregung. Ruhig packte er die beiden Kästen wieder weg und holte einen dritten. Die meisten Uhren hatten massive Goldgehäuse, waren flach und groß und hingen zum Teil an goldenen Gliederarmbändern.
    Paul sah nicht hin und achtete nicht auf die Erklärungen des Verkäufers. Er hörte nur, daß das Ticken immer lauter wurde, auf ihn eindrang, verstummte, und gleich darauf doppelt laut weiterging. Er zog die Geldrolle aus der Tasche. »Nein, ich glaube nicht, daß mir diese Uhren zusagen!« Er drehte sich um und ging zur Tür, aber er hatte sie noch nicht erreicht, als der Verkäufer ihn schon überholte, die Tür aufriß und sich verbeugte:
    »Tut mir sehr leid, mein Herr, ich hoffe, Sie beehren uns bald wieder!« Eins zu null für dich, alter Trottel! dachte Paul, als er wieder auf der Straße stand, und

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