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Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)

Titel: Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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Gabelstapler mit Fischkisten vorbeirollen, setzte sich dann neben ein dickbauchiges Holzfaß mit grobem Salz auf einen Poller und sah zum Finkenwerder Ufer hinüber.
    Das Wasser schwappte dunkel und faulig gegen die Betoneinfassung und glitt träge wieder zurück. Silbrige Luftblasen stiegen auf und zerplatzten an der Oberfläche. Weiter draußen wurde ein schneeweißer Dampfer mit italienischer Flagge von zwei Schleppern hereingeholt.
    Paul faßte vorsichtig in seine Jackentasche, nahm das Messer zwischen die Finger und sah sich um. Niemand beachtete ihn. Mit einer wie zufälligen Bewegung hob er die Hand und ließ das Messer ins Wasser fallen. Aber er stand nicht auf.
    Entsetzt starrte er auf das helle Lederfutteral, das nicht unterging, sondern wie die Schwanzflosse eines winzigen Hais aus dem Wasser ragte und leicht hin und her schwankte.
    Die Luft, dachte er. Die Luft in der Hülle ... Das Messer trieb mit der Strömung fort. Er suchte nach einem Stein, den er nach dem Messer werfen konnte, aber er fand nichts. Er stand auf und ging am Kai neben dem Messer her.
    »Vorsicht!« brüllte ein. Mann – für eine Sekunde sah Paul direkt über sich die geöffneten Greifer eines Krans und hörte das Fluchen der Stauer. Aber es gab für ihn nur das helle Lederstück im Wasser. Er folgte ihm unaufhaltsam und wie hypnotisiert. Langsam färbte es sich unter den kleinen Wellen dunkel, ging aber nicht unter. Paul schaute auf, als er ein Motorboot hörte. Er blieb stehen.
    Das Boot fuhr in einer sanften Kurve auf den Ausrüstungskai zu. An seinem Bug standen zwei Männer in der Uniform der Hafenpolizei. Das Boot fuhr direkt auf das Messer zu; die Bugwelle hatte es erreicht, es bäumte sich kurz auf und verschwand in den schmutzigen Fluten.
    Die Polizisten überreichten dem Mannschaftsführer eines Leichters irgendwelche Papiere; tuckernd entfernte sich das Boot wieder. Paul achtete nicht darauf. Das Gefühl der Erleichterung hatte ihn betäubt. Er ging zurück, rannte Arbeitern in den Weg, stieß an Kisten und stolperte über Taue, ohne es zu bemerken.
    Als Paul auf die Hafenstraße hinaustrat und auf eine Lücke im vorbeifließenden Verkehr wartete, sah er einen Jungen in schwarzer Motorradkluft. Einen Moment lang kam es ihm so vor, als hätte er ihn eben am Hafen schon gesehen, aber dann war gerade die Straße frei, und Paul rannte hinüber und die Treppen hinauf. Er bog sofort in die Bernhard-Nocht-Straße ein und blieb erst vor dem Brauereikomplex stehen.
    Als er sich umsah, merkte er, daß der andere ihm gefolgt war und jetzt so tat, als würde er in die Davidstraße hineinschlendern. Paul begann zu laufen, blieb plötzlich stehen und drehte sich mit einem Ruck um.
    Sein Verfolger lehnte lässig an einem Halteverbotsschild und war ganz damit beschäftigt, sich eine Zigarette anzustecken.
    Paul hatte ihn noch nie gesehen. Betont langsam ging er bis zur nächsten Straßenecke und rannte dann, bis er am Hafenkrankenhaus war. Der Schwarze blieb immer hinter ihm.
    Paul stieß die Gittertore auf und ging über den Kiesweg zum Portal, zog die Tür auf und schlüpfte hinein. Ein weißgekleideter Angestellter hinter einer Glasscheibe sah ihn fragend an.
    »Ich weiß Bescheid, vielen Dank«, sagte Paul.
    Der Pförtner sah ihm nach, aber im gleichen Augenblick läutete das Telefon, und er konnte sich nicht länger um Paul kümmern. Eines der breiten Tore öffnete sich und ließ einen Krankenwagen herein, von allen Seiten rannten Pfleger herbei, eine Bahre wurde gebracht, der Fahrer des Wagens gab laute Anweisungen.
    Paul drückte sich nach der Seite hinüber, lief die Treppe hinauf und sah sich um. Im Moment war er allein. Lautlos rannte er durch den endlos langen Gang, vorbei an unzähligen weißlackierten Türen, und der antiseptische Geruch mischte sich mit dem Fischmief, der noch in seinen Kleidern hing.
    Der Gang machte eine Biegung. Hinter hohen Bogenfenstern schimmerten die Zweige der alten Bäume goldgelb und hellgrün.
    Paul beugte sich aus dem Fenster. Ein kleiner Balkon, darunter der Innenhof. Er sah sich kurz um und schwang sich hinaus.
    Ein alter Mann in Pyjama und Bademantel fuhr erschreckt aus seinem Liegestuhl auf, als Paul dicht neben ihm auf den Kies sprang.
    »Hoppla!« sagte er und setzte sich wieder hin.
    »Hoppla«, grüßte Paul zurück und schlenderte zwischen den Blumenrabatten hindurch zum anderen Ende des Blocks. Er ging durch die Tür, kam wieder in einen hellen Vorraum und lief einer dicken

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