Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)
quetschte das Geld mit der Hand zusammen.
Der nächste Uhrenladen war keine zwei Blocks weiter. Es war ein großes Geschäft mit zwei prächtigen Schaufenstern. Paul zog die Tür auf und ging hinein.
Vier Ladentische aus dickem, zerkratztem Glas liefen an den Wänden entlang. Drei Verkäufer standen dahinter; einer zeigte einer alten Dame, wie man eine elektrische Uhr mit einer neuen Batterie versorgt, ein anderer ordnete Anstecknadeln für das Schaufenster, der dritte blätterte im Kassenbuch. Keiner bemerkte ihn.
Paul lehnte sich über den Tisch und sagte laut: »Guten Tag!«
Der dritte sah kurz auf, nickte und blätterte weiter. Paul zog das Geld aus der Tasche, glättete die Scheine und legte sie nebeneinander auf die Glasplatte. Der Verkäufer sah auf, runzelte die Stirn, sah in seine Bücher, zu den anderen Verkäufern und wieder zu Paul. Endlich stand er auf und kam herüber.
»Bitte, was soll das?« fragte er.
Paul deutete zu den Fenstern. »Das ist doch ein Uhrenladen, oder?« Der Verkäufer nickte unsicher.
»Ich will eine Uhr kaufen. Armbanduhr, sportlich, wasser- und stoßfest, mit Sekundenzeiger und Leuchtziffern.«
Der Verkäufer wandte seinen Blick nicht mehr von den Fünfzigern und Hundertern auf dem Tisch. »An welche Preislage haben Sie dabei gedacht?«
Paul packte das Geld wieder zusammen. »Fünfzig.«
»Aha ...« machte der Verkäufer gedehnt, nickte, wandte sich um und brachte eine Reihe von Uhren, die er vor Paul auf das. Glas legte. Er murmelte gleichgültig etwas von halber Automatik. Paul hörte nicht zu. Er nahm jede Uhr hoch und las die Zeichen auf der Rückseite.
Nur immer recht auffällig! dachte er wütend. Damit sich morgen auch alle an dich erinnern ... »Ich nehme die«, sagte er laut und legte eine Uhr mit schwarzem Zifferblatt heraus, die außer den Ziffern und Zeigern noch die Vermerke Silver Star, 17 Rubis, Waterproof, Shockproof, Steelback und Switzerland trug.
»Aber diese Uhr kostet 135 Mark!« schnappte der Verkäufer.
Paul löste das Lederband ab. »Ich hätte gern ein buntes Band. Das blau-grüne dort!«
»Aber das Band ist doch ...« Der Verkäufer gab auf. Er nahm das Geld von Paul, zog die Uhr auf, stellte sie und packte sie in einen kleinen Karton.
Paul ging hinaus, schlenderte einen Block weit und blieb stehen. Er packte die Uhr aus, ließ Papier und Kassenzettel zu Boden flattern und schnallte die Uhr um. Das Band war noch steif; Paul mußte die eine Seite mit dem Kinn festhalten, damit er die Schnalle einfädeln konnte.
Er hob den Arm, ließ ihn wieder fallen und hob ihn ein zweites Mal, um auf das Zifferblatt zu sehen.
Aber die Freude blieb aus.
Das einzige, was ihm einfiel, war, daß er jetzt schon fast zweihundert Mark von Susanns Geld ausgegeben hatte, und daß der Abend immer näher rückte.
Es war schon elf Uhr zweiundvierzig und neun Sekunden.
Paul zog seine Liste aus der Tasche, faltete sie auseinander und las sie aufmerksam. Dann sah er sich um.
Ein Haushaltsgeschäft war nicht in der Nähe, aber einen Handschuhladen fand er.
Er öffnete die Tür und sog den süßlichen Duft von gegerbtem und gefärbtem Leder ein. Zwei junge Mädchen lächelten ihm entgegen, sie waren einander ähnlich wie Schwestern. Die eine hatte braunes Haar, die andere schwarzes.
Paul grinste, legte seine Hände auf den hohen Verkaufstisch und schob sich auf einen der Hocker.
»Größe 7 1/2«, sagte das braune Mädchen und nahm seine Hand zwischen ihre Finger. Sie fühlten sich kühl und glatt an, und Paul entdeckte, daß seine Fingernägel schwarz waren. Er wollte die Hand hastig zurückziehen, aber das Mädchen hielt sie fest.
»Einen Moment bitte.« Sie legte seine Hand auf eine flache Metallscheibe, klemmte sie zwischen drei Schieber und sagte triumphierend: »Was ich gesagt habe, 7 1/2 !«
»Weiches Leder«, sagte Paul und war froh, seine Hand endlich zurückziehen zu können.
Das Mädchen brachte einen langen schmalen Kasten und wühlte in Plastiktüten, fand eine, die ihr gefiel und zog ein Paar flach zusammengefaltete, dottergelbe Handschuhe mit gelochter Oberfläche hervor. »Schweinsleder, waschbar«, sagte sie und hielt ihm den einen Handschuh wie einen Tunneleingang hin.
»Ohne Löcher«, sagte Paul.
»Aber diese hier sind zum Autofahren besonders praktisch«, beharrte das Mädchen.
»Ich brauche sie nicht zum Autofahren.«
Das Mädchen legte den Handschuh zusammen. »Wozu brauchen Sie sie dann?«
Paul fühlte, wie er rot wurde, räusperte
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