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Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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das ihr Todesurteil sein würde. Ihr Peiniger hatte nicht die Nerven für weitere Unwägbarkeiten.
    * * *
    Lyn deutete auf die Anzeigetafel des Hamburger Flughafens. »Die Maschine landet pünktlich.« Und das war gut so. Schließlich musste sie Sophie am frühen Nachmittag in Wilster abholen.
    Hauptkommissarin Karin Schäfer nickte. »Seine Rückkehr in die Heimat wird Benedikt Claasen sich anders vorgestellt haben.«
    Entrüstet stieß Lyn Luft durch die Nase aus. »Dieses miese kleine Arschloch! Ich habe noch nie, in meiner gesamten Polizeilaufbahn, eine so große Lust verspürt, jemanden hinter Gitter zu bringen.«
    Karin Schäfer sah sie von der Seite an, während sie sich den Kollegen der Bundespolizei näherten, mit denen sie den Heimkömmling gemeinsam in Empfang nehmen würden.
    »Geht es dir nicht so?« Lyn versuchte, ihre Wut zu mäßigen, aber es wollte nicht gelingen. »Diese Feigheit … diese Schweinerei, sich ein Mädchen mit K.o.-Tropfen gefügig zu machen … Und was daraus entstanden ist! Das … das …« Lyn schossen vor Wut die Tränen in die Augen.
    Als die beiden Beamten der Bundespolizei sie begrüßten, hatte Lyn sich wieder in der Gewalt.
    »Ach herrje«, sagte Karin Schäfer, als sie zu viert an einem Pulk Menschen vorbeimarschierten, die mit Luftballons, Blumen und einem großen »Welcome back, Benedikt«-Banner lachend und schwatzend in der Halle standen. Sie sah Lyn an. »Für die Eltern und alle Übrigen tut es mir leid. Sie freuen sich so.«
    Lyn nickte nur. In ihr war eine so übermäßige Wut auf den Jungen, dass für Mitleid – selbst für Eltern und Freunde – kein Platz war. Es war eine völlig neue Erfahrung. Eine erschreckende Erfahrung.
    Sie hatten mit den Bundesbeamten vereinbart, Benedikt Claasen festzunehmen, bevor er im öffentlichen Bereich auf seine Familie traf. Diese Szene wollten sie den Claasens ersparen.
    Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis das Flugzeug gelandet war und der Junge es verlassen hatte. Lyn konnte den Blick nicht von ihm wenden, als sie auf ihn zugingen. Ein großer junger Mann, dessen halblanges blondes Haar perfekt gestylt war. Pure Lebensfreude strahlte aus seinen Augen, und die weißen Zähne blitzten in seinem sonnengebräunten Gesicht, während er mit einem Mitreisenden herumalberte. Lyn sah ihn vor sich in Kalifornien am Strand: beim Surfen, beim Flirten, lachend und von hübschen Mädchen umringt. Ein Typ, der es nicht nötig hatte, ein Mädchen zu betäuben, um Sex zu haben.
    Warum?
    Warum hatte er das getan?
    Machtphantasien? Abartigkeit? Gruppenzwang? Bisher kannten sie schließlich nur Timos Version der Vergewaltigung. Lyn atmete tief durch. Es war egal. Darum sollte sich der Richter kümmern.
    »Benedikt Claasen?« Lyn sprach laut, um das geschäftige Treiben um sie herum zu übertönen.
    »Ja?« Sein Lächeln war breit, als er sich zu ihr umdrehte. Es verlor sich langsam, als sein Blick von Lyn zu Karin und weiter zu den Bundespolizisten wanderte. »Ja?«, fragte er noch einmal, dieses Mal deutlich angespannt.
    Wusste er in diesem Moment bereits, was auf ihn zukam? Lyn war sich fast sicher. Seine Eltern und Freunde hatten ihn bestimmt über Judiths Selbstmord informiert. Und auch wenn sie sich nicht direkt nach der Vergewaltigung, sondern Monate später das Leben genommen hatte, musste das schlechte Gewissen ihn doch gepackt haben. Er mochte sich Tausende Kilometer entfernt haben, aber die Schuld hatte er mitgenommen.
    Lyn und Karin zeigten ihm ihre gezückten Ausweise. »Kriminalpolizei. Herr Claasen, Sie sind vorläufig festgenommen.«
    »Fe… festgenommen?« Mit aufgerissenen Augen starrte er sie an. »Warum?«
    »Wegen Vergewaltigung, Herr Claasen. Sie haben Ihre Mitschülerin Judith Schwedtke betäubt und brutal vergewaltigt.«
    Sein sonnengebräuntes Gesicht wurde eine Nuance blasser. »Ju… Judith? Ich … ich hab die nicht vergewaltigt.« Seine Stimme wurde schrill. »Wer sagt das? Die … sie wollte das so!«
    »Sie haben gleich jede Menge Gelegenheit, die Fakten zu schildern.« Lyns Stimme klang fest. »Bitte kommen Sie. Um Ihr Gepäck kümmert sich die Bundespolizei.«
    Als einer der Bundespolizisten ihn leicht am Arm berührte, entriss er dem Beamten seinen Arm und begann zu schreien: »Die war ’ne kleine Sau! Die wollte das so! Sie können mir gar nix! Gar nix können Sie mir! Ich … ich will jetzt zu meinen Eltern!«
    »Wenn hier einer eine Sau ist, Herr Claasen, dann Sie. Eine miese Drecksau!« Lyn machte einen

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