Tod in Wacken (German Edition)
Schritt auf ihn zu. Sie musste sich zwingen, ihre Hand nicht in sein Gesicht zu klatschen. »Wenn ich dürfte, dann –«
»Lyn, vielleicht übernimmst du die Benachrichtigung der Eltern«, unterbrach Karin Schäfer sie bestimmt. »Und Sie, Herr Claasen, begleiten mich und die Kollegen jetzt nach draußen.«
Lyn und einer der Bundesbeamten blickten ihnen nach, bis sie außer Sicht waren. Der Kollege verabschiedete sich von Lyn, als sie wieder im öffentlichen Bereich waren.
Benedikts Familie und Freunde standen in froher Erwartung beisammen und unterhielten sich, als Lyn zu ihnen trat.
»Sind Sie der Vater von Benedikt Claasen?«, sprach sie einen groß gewachsenen Mann an, dessen Ähnlichkeit mit dem Jungen nicht zu leugnen war.
»Ja?« Er sah sie fragend an.
»Ist was mit Benedikt?«, stieß die blonde Frau neben ihm aus. Sie musterte Lyns ernstes Gesicht besorgt.
»Sie sind die Mutter? Dann kommen Sie beide bitte auf einen Moment mit mir. Ihr Sohn ist gesund, aber Sie werden ihn hier nicht in Empfang nehmen können.« Lyn ging ein Stück zur Seite, weg von den jungen Leuten. Die Eltern folgten ihr.
»Was ist denn los? Wer sind Sie?«, stieß Benedikts Vater aus. Seine Frau umklammerte den Stock, auf dem ein rotes Pappherz mit dem Schriftzug »Bene« befestigt war.
»Kripo Itzehoe«, stellte Lyn sich vor und zeigte ihren Ausweis. »Wir haben Ihren Sohn festgenommen. Er befindet sich bereits außerhalb des Flughafengeländes. Er –«
»Sind Sie verrückt geworden? Was soll das?«, unterbrach der Vater sie verwirrt.
Auch das übrige Begrüßungskomitee war verstummt und versuchte zu hören, worum es ging.
»Das … das ist ein schlechter Scherz, oder?«, hakte Herr Claasen noch einmal nach. Seine Frau war blass geworden.
»Ganz im Gegenteil«, sagte Lyn. »Wir waren nie weiter von einem Scherz entfernt als in diesem Fall.«
»Was … warum …?«, stammelte Benedikts Mutter.
»Wir haben Ihren Sohn vorläufig festgenommen, weil er im Verdacht steht, seine Mitschülerin Judith Schwedtke im August des letzten Jahres vergewaltigt zu haben.«
Der Aufschrei von Benedikts Mutter hallte noch in Lyns Ohren nach, als sie sich zu Karin in den Dienstwagen setzte. Auf der Rückbank kauerte Benedikt Claasen. Blass und zitternd.
»Ich will einen Anwalt haben!«, stieß er aus, als Karin losfuhr.
»Ja«, sagte Lyn, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Und Sie sollten sich einen richtig guten suchen.«
* * *
»Ich versteh nicht, wieso sie sich nicht meldet.« Genervt warf Andreas Stobling Jules Handy auf ihren Schlafsack, den sie gerade zusammenrollte.
»Versuch es noch mal mit ihrem Festnetz«, riet Jule und ließ das Handy sachte vom Schlafsack auf den Zeltboden gleiten. »Vielleicht ist sie jetzt wieder zu Hause. Ansonsten wirst du sie doch heute Nachmittag treffen, wenn du wieder in Hamburg bist. Falls wir hier jemals wegkommen.«
Da sie und ihre Freundin zu den ersten Campern gehört hatten, kamen sie jetzt, wo alle anderen auch aufbrachen, entsprechend spät weg, und sie hatte Andy versprochen, ihn zum Bahnhof zu fahren.
Andreas hatte seine wenigen Habseligkeiten bereits zusammengepackt. In dem Moment, als er nach dem Handy griff, klingelte es.
»Endlich!«, stieß er nach dem Blick auf das Display aus. »Das ist Conny.«
»Ein Glück«, murmelte Jule.
»Hey, Schwesterherz!«, lachte Andreas zur Begrüßung in den Hörer. »Das wird aber auch Zeit, dass du dich meldest. War ja ’n tierischer Stress hier, und du –« Er brach ab.
»Äh … was ist?«, sagte er dann und lauschte. »Wo soll ich hinkommen? … Wieso das denn? Ich … bist du sauer auf mich? Ich … Häh …?«
Jule hörte auf einzupacken und lauschte dem merkwürdigen Gespräch.
»Buffy?«, stieß Andy gerade aus. »Sag mal, spinnst du? … Ja, ja, ist ja schon gut! Reg dich ab. Ich komm da hin, aber … Hallo? Haaallo?« Er nahm den Hörer vom Ohr und starrte ihn an. »Hallo?«, fragte er noch einmal ins Nichts.
»Was ist denn jetzt los?«, fragte Jule.
»Die Frau spinnt! Hat einfach aufgelegt«, stieß Andreas aus und sah vom Handy zu Jule. »Hat die was genommen, oder was? Sie hat mich gar nicht ausreden lassen. Sie hat gesagt, ich soll nach Burg kommen. Irgendein Kaff hier in der Nähe. Sofort. Heute noch. Sie hat ’ne Überraschung für mich.«
»Die Überraschung ist wahrscheinlich ’ne Abreibung für ihren kleinen Bruder, weil du ihr das Wochenende versaut hast. Die ist stinksauer auf dich.«
»Sauer?« Er starrte immer
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