Tod in Wolfsburg (German Edition)
der Polizei – alles andere wäre
ziemlich daneben, oder?«
Lola starrte Johanna verwirrt an. Die Kommissarin fing einen Blick
von Sofia Beran auf und gab ihr per Handzeichen zu verstehen, dass sie das
Aufnahmegerät einschalten solle.
»Na schön, lassen wir das. Also, Lola, dann erzähl mal – ganz von
vorne.«
»Wie ganz von vorne?«
»Der besagte Abend – wann habt ihr euch getroffen? Warum
ausgerechnet diese Disco? Wann habt ihr Karens Verschwinden bemerkt? Und so
weiter und so fort«, erläuterte Johanna und machte eine einladende
Handbewegung. »Nur zu. Ich bin ganz Ohr.«
Lola seufzte. Sie wirkte mittelprächtig entnervt. »Na schön. Wir
haben uns gegen acht bei Philippa getroffen, um uns ein bisschen aufzustylen –
Rabea, Nelli und ich. In der Disco war Party angesagt, zwei nette DJ s, die immer gute Mucke spielen,
sollten auflegen. Mit Karen waren wir erst kurz nach halb zehn unten am
Allersee verabredet …«
»Warum?«
»Warum was?«
»Warum ist Karen nicht auch zu Philippa gekommen – um sich mit euch
gemeinsam aufzustylen?«
Lola lächelte. »Sie hat den Abend mit ihren Eltern verbracht und
sich dann unter dem Vorwand, sie hätte Kopfschmerzen, zurückgezogen, um später
heimlich das Haus zu verlassen. Ihre Alten … Die Eltern glaubten, Karen würde
schlafen.«
»Ach so. Und deine Eltern nahmen an, du würdest bei Rabea
übernachten?«
Lola schüttelte den Kopf. »Nein, nein, wir haben allen erzählt, dass
wir bei Nelli schlafen würden. Das war meiner Mutter zwar auch nicht
hundertprozentig recht, aber damit konnte sie immer noch besser leben als mit
der Vorstellung, wir würden bei Rabea übernachten. Bei der zu Hause ist nämlich
häufig Zoff, und meine Mutter meint immer, die besorgte Mami raushängen lassen
zu müssen, wenn es um Rabea geht oder wir zusammen unterwegs sind.« Sie
verdrehte die Augen.
»Aha. Und das geht dir auf die Nerven?«
»Natürlich geht mir das auf die Nerven. Ich bin sechzehn!«
»Karen war fünfzehn«, erwiderte Johanna leise. »Sie war mit Drogen
und Alkohol vollgepumpt, und sie hatte aller Wahrscheinlichkeit nach keinen
freiwilligen Sex, bevor sie schließlich von einem Zug überrollt wurde.
Angesichts dieser Ereignisse kann ich gut verstehen, wenn deine Mutter die Mami
raushängen lässt, wie du es formulierst.«
Einen Moment war es still. Dann schluckte Lola. »Na ja, Karen hat
sich wahrscheinlich mit irgendeinem fiesen Typen eingelassen.«
»Und davon habt ihr, hast du nichts mitbekommen?«
»Nicht direkt, aber sie hat lange mit einem Jungen getanzt – auch
eng umschlungen. Wahrscheinlich hat sie sich verknallt oder so. Passiert ja.
Aber wir kannten den nicht, keine von uns, und näher angesehen habe ich ihn mir
auch nicht. Karen wollte ihren Spaß haben, so sah es aus, und mich
interessierte der Typ nicht.«
»Wie viel Alkohol habt ihr getrunken?«
»Ich weiß nicht – drei, vier, fünf Gläser oder so. Vielleicht auch
sechs. Ich zähl die nicht.«
»Bier?«
»Nein.« Das klang fast empört. Dann folgte ein mitleidiges Lächeln.
»Wodka mit Maracujasaft.«
Na klar, was denn sonst, dachte Johanna. »Partydrogen?«
Lola schüttelte den Kopf. »Nö.«
Natürlich nicht, kommentierte Johanna wortlos. »Und dann war Karen
plötzlich verschwunden?«
»Ja.«
»Wie spät war es da?«
»Das weiß ich nicht. Ich hab doch nicht die ganze Zeit darauf
geachtet, wo Karen ist, und dauernd auf die Uhr gesehen. Irgendwann fiel uns
auf, dass sie weg war – vielleicht um zwölf oder kurz danach oder auch kurz
davor. Na ja, und wir haben uns gedacht, dass sie ‘ne Weile mit dem Typen
allein sein wollte. Ist doch normal, wenn man sich verknallt hat, oder?« Lola
lächelte. »Sie verstehen schon.«
»Ich gebe mir Mühe.« Johanna verzog keine Miene. Lolas Schilderungen
deckten sich mit denen von Nelli und Philippa. »Wieso ist Karen eigentlich mit
von der Partie gewesen?«, fragte sie nach einer kurzen Pause. »Wenn ich es
richtig mitbekommen habe, wart lediglich ihr vier schon seit langer Zeit eng
befreundet. Was hatte Karen plötzlich mit euch zu schaffen?«
»Nelli hat sie mal zu einem Einkaufsbummel mitgebracht – die waren
ja in einer Klasse. Und dann haben wir ab und an auch zu fünft was unternommen.
Ich glaub, Karen wollte mal was anderes machen. Nicht nur Schule, Lernen,
Eltern und so.«
»Auch mal Party, Jungs, Alk und so weiter?«, hakte Johanna nach.
»Ja.« Lola nickte. »Ist doch normal in unserem Alter, und Karen war
nicht so artig
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