Tod in Wolfsburg (German Edition)
und fein, wie sie meistens rüberkam. Die konnte sich ganz gut
verstellen, und ich glaub nicht, dass sie an dem Abend zum ersten Mal Sex
hatte.«
»Aber du weißt es nicht genauer?«
»Nö.«
»Reden Mädchen nicht über so was?«
Lola zuckte mit den Achseln. »So dicke waren wir nun auch wieder
nicht.«
»Ach so. Aber dir ist schon klar, dass zwischen Sex haben und einer
Vergewaltigung grundsätzlich ein Unterschied besteht? Sogar ein himmelweiter
Unterschied.«
»Ja, ja, ich weiß, ich meine ja nur, weil Sie vorhin sagten …«
»Apropos Einkaufsbummel: Fahrt ihr häufiger mal zum Shoppen nach
Braunschweig?«
Johanna registrierte ein blitzschnelles, kaum wahrnehmbares
Zusammenziehen der Augenbrauen. »Klar – ist viel cooler als hier«, erwiderte
Lola dann rasch.
»Fußgängerzone, Karstadt, Citypoint?«
Das Mädchen nickte langsam. »Ja, zum Beispiel.«
»Was ist eigentlich mit Betty?«
»Betty Flint?«
»Genau die.«
»Was soll mit ihr sein?«
»Weißt du, ob sie häufiger mit Karen zusammen war?«
»Nö, das weiß ich nicht. War die in Karens Klasse?«
Johanna lächelte. »Du kennst ihren Nachnamen, aber du weißt nicht,
ob sie in einer Klasse waren.«
»Ich kann mir ja nicht alles merken.«
»Da gebe ich dir recht.« Johanna strich mit einer Hand über den
Tisch und betrachtete eine Weile interessiert ihre Fingernägel, bevor sie
wieder hochschaute. »Kannst du mir vielleicht ein aktuelles Foto von euch zur
Verfügung stellen?«
Lola runzelte die Augenbrauen. »Was wollen Sie denn damit?«
»Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass wir im Zuge erneuter
Ermittlungen zum Beispiel planen, auch noch mal in die Diskothek zu gehen und
andere Leute zu befragen, ob ihr denen aufgefallen seid. Und sicherlich habt
ihr keine Lust, jedes Mal für eine Gegenüberstellung zur Verfügung zu stehen,
nicht wahr?«
»Nee, ganz sicher nicht.« Lola stand abrupt auf. »Ich hab letztens
mit meinem Handy ein paar gemacht und ausgedruckt. Vielleicht reicht das ja.
Die sind in meinem Zimmer.«
Johanna erhob sich ebenfalls und begleitete Lola in den Flur. Das
Mädchen warf ihr einen abweisenden Blick zu, schlüpfte schnell in ihr Zimmer
und zog die Tür fest hinter sich zu. Johanna grinste. Aus der Küche war
Kindergeschrei zu hören und die mahnende Stimme der Mutter. Keine Minute später
stand Lola wieder vor der Kommissarin und hielt ihr ein Bild vor die Nase.
»Hier – alle vier. Reicht Ihnen das?«
»Mal sehen. Danke dir.« Johanna sah auf.
Lola blieb im Flur stehen und starrte an der Kommissarin vorbei auf
die Wohnungstür. Offensichtlich konnte sie es kaum abwarten, sie loszuwerden.
In der Küche wurde es plötzlich mucksmäuschenstill.
»Kennst du eigentlich Karens Großmutter?«, fragte Johanna.
»Nur vom Erzählen.«
»Sie sagt, dass Philippa sie vor den Bus gestoßen hat.«
»Die spinnt«, meinte Lola, und in dem Moment öffnete sich die
Küchentür.
Johanna nickte. »Ich verstehe.« Sie sah von der Mutter zur Tochter
und rief schließlich nach Sofia Beran. »Danke fürs Erste.«
Einen Augenblick blieben sie einfach still sitzen. Dann wandte Beran
ihr das Gesicht zu. »Gleich noch mal in den Krähenhoop, oder möchten Sie erst
eine Pause einlegen?«
Johanna sah kurz zum Fenster hinaus. In ihrem Kopf summte es wie in
einem Bienenstock. »Das Gespräch mit Rabea verschieben wir auf morgen. Mal
sehen, wie sie darauf reagiert, warten zu müssen«, bemerkte sie schließlich.
»Ich fahre nachher in die Rehaklinik und spreche mit Waltraud Milbert. Vorher
bringen Sie mich bitte ins Hotel.« Sie überlegte einen Moment, bevor sie
fortfuhr. »Lassen Sie alle vier Namen einfach mal durch den Computer laufen,
und fragen Sie bei den Kollegen vom Drogendezernat nach, was an Wolfsburgs
Schulen so los ist.«
»Alles klar.«
Beran startete nach kurzem Zögern den Wagen und fuhr los, während
Johanna sich das Foto ansah. Drei lachende Mädchen, die ihre Gesichter
bereitwillig in die Kamera hielten, in der Mitte das vierte, um das sich die
anderen gescharrt hatten, Rabea: dunkelbrauner Lockenkopf, klare grüne Augen,
kräftiges Kinn. Eine schöne junge Frau mit einem zurückhaltenden Lächeln.
Am Hotel parkte Beran in zweiter Reihe.
»Meinen Sie, dass die Mädchen etwas mit dem Unfall zu tun haben oder
zumindest etwas wissen?«, fragte sie, als Johanna ihre Sachen zusammenklaubte.
»Ich vermute, dass sie etwas verbergen«, antwortete die Kommissarin
zögernd. »Aber wissen Sie, was mir bislang am meisten
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