Tod in Wolfsburg (German Edition)
die Kellnerin konzentriert. Er schickte seinem Chef eine SMS , löschte sie sofort wieder und bekam
wenig später den Hinweis, unauffällig vor Ort zu bleiben. Tom hatte nichts
anderes erwartet, war aber ziemlich erstaunt, als Georg keine zehn Minuten später
höchstpersönlich im Bistro auftauchte und sich neben ihn stellte.
»Hallo, Chef«, begrüßte Tom ihn.
»Ich möchte heute Abend noch einige klärende Worte mit dem Herrn
sprechen«, bemerkte Georg in leisem Plaudertonfall und öffnete einen Knopf
seines gut sitzenden Sakkos, während er unauffällig nach Milbert Ausschau
hielt. »Louis und Pappe warten neben seinem Auto.«
Toms Pulsschlag beschleunigte sich. Er wollte sich die Hände reiben,
doch ein Blick aus Georgs blassblauen Augen ließ die Bewegung im Ansatz erstarren.
»Bevor er einsteigt, schnappen wir ihn uns und bugsieren ihn in unseren Wagen.
Es muss sehr schnell gehen und völlig unauffällig – haben wir uns verstanden?«
Georgs freundliches Lächeln könnte nicht unpassender sein. Er entblößte zwei
Reihen gut und teuer sanierter Zähne.
Tom nickte. »Klar, Chef. Kein Problem.«
»Sag kurz Bescheid, wenn er aufbricht, und kein weiteres Bier,
verstanden?«
»Auch klar. Logisch. Ich dachte, es wäre …«
Georg winkte ab, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand so
schnell, wie er gekommen war. Tom nippte an seinem Bier und warf einen Blick zu
Milbert. Der las immer noch in der Zeitschrift. Gesund sah der Mann nicht aus,
und wenn Tom nicht alles täuschte, würde er bald noch viel schlechter aussehen.
Er grinste. Mal sehen, was so ein VW -Fuzzi
und Joggertyp an Prügel einstecken konnte. Tom spürte eine Erektion und grinste
noch breiter. Die Kellnerin ging an ihm vorbei. Ein straffer Hintern zeichnete
sich unter den engen Jeans ab, und die Lippen leuchteten feuerrot und üppig.
Genau seine Kragenweite. Einen Moment lang malte er sich aus, wie er es ihr
besorgen würde.
Milbert brach zwanzig Minuten später auf. Tom schickte eine SMS und heftete sich an seine Fersen.
Auf dem Parkplatz hinter der Kaufhofpassage war nicht viel los. Tom beobachtete
aus einigen Metern Entfernung, wie Milbert gerade einsteigen wollte, als Pappe
ihn von der Seite ansprach, während Louis plötzlich hinter ihm stand. Beide
packten zu, und keine fünf Sekunden später saß Milbert in Georgs Wagen, einem
dunkelgrünen Benz, ohne auch nur einen Mucks von sich gegeben zu haben. Eine
saubere, schnelle Aktion, die zufälligen Beobachtern gar nicht auffallen würde.
Tom stieg lächelnd in sein Auto, und sie fuhren stadtauswärts in
Richtung Gewerbegebiet, wo sich einer von Georgs Läden befand: »Spielen,
Wetten, Vergnügen« stand in leuchtenden Lettern über der Hausfront. Über einen
externen Eingang gelangte man in den zweiten Stock, in dem sich das Büro und
eine kleine Wohnung befanden. Milbert saß bereits mitten im Büro auf einem
Stuhl, als Tom eintrat und sich ans Fensterbrett lehnte. Louis und Pappe
flankierten die Tür, und Georg nahm gerade am Schreibtisch Platz. Er lächelte
geschäftsmäßig. Milbert hatte die Hände geballt und starrte Georg mit einer
Mischung aus Wut und mühsam unterdrückter Angst an.
»Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, blaffte er. »Was meinen Sie
wohl, wie weit Sie mit Ihren Gangstermethoden kommen?«
»Ziemlich weit.« Georg gab Louis ein Zeichen.
Der stieß sich lässig vom Türrahmen ab, trat neben Milbert und stieß
ihm ohne Vorwarnung den Ellenbogen gezielt und hart aufs linke Ohr. Milberts
Kopf schleuderte zur anderen Seite, und im nächsten Moment hielt er ihn
schmerzverzerrt und leise stöhnend mit beiden Händen umfasst. Louis betrachtete
ihn einen Augenblick lang interessiert, dann stellte er sich vor ihn und trat
den Stuhl nach hinten weg, sodass Milbert rücklings auf den Boden schlug. Georg
hob die Hand, und Louis zog sich wieder auf seinen Posten zurück.
»Verstehen Sie, Herr Milbert – es liegt ganz bei Ihnen, in welchem
Ton wir die Unterhaltung weiterführen«, erklärte er sanft. »Hier laufen einige
hoch motivierte, kräftige und durchtrainierte junge Männer herum, die
außerordentlich viel Spaß daran hätten, Sie krankenhausreif zu prügeln oder
andere unschöne Dinge mit Ihnen anzustellen, wenn ich das wünsche.«
Milbert rappelte sich mühsam wieder auf, und Tom wünschte sich fast,
dass er eine freche Bemerkung machen würde, aber der Schlag aufs Ohr hatte ihn
sichtlich eingeschüchtert. Tom wusste aus eigener Erfahrung, wie
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