Tod in Wolfsburg (German Edition)
mit verzerrter Stimme,
in der die Drohung dennoch gut zu hören war. »Dann schicken wir unseren Freund.
Der fickt dich besinnungslos. Und wir werden so hübsche Aufnahmen davon machen,
dass alle meinen, du hättest den allergrößten Spaß mit seinem Schwanz.«
Marie starrte Philippa mit aufgerissenen Augen entsetzt an.
»Hast du das kapiert?«
»Ja, ja.«
»Na bitte.« Philippa stand auf und verpasste Marie einen Tritt in
den Unterleib. »Merk es dir gut.«
Der Rest des Gesprächs war nicht mehr zu verstehen. Johanna war
dankbar dafür. Sie stand auf.
»Von dem Mädchen auch ein Foto?«
»Nein. Ich kenne sie bereits und kümmere mich selbst darum.«
Sie brauchte fast zehn Minuten, um ihren Herzschlag zu beruhigen.
Vorher hatte es gar keinen Sinn, mit der Vernehmung zu beginnen. Sie öffnete
ein Fenster und atmete regelmäßig tief ein und aus, während sie darauf wartete,
dass die Bilder der Videoaufnahmen sie losließen oder doch einen wesentlichen
Teil ihrer grausamen Eindringlichkeit und Schärfe verloren. Zumindest für die
nächsten Stunden. Sie würden ohnehin wiederkommen – morgen, in zwei Wochen oder
drei Jahren. Irgendwann. Mit ganzer Vehemenz. So viel war sicher.
»Hat euch das Frühstück geschmeckt?«, fragte Johanna und bemühte
sich erst gar nicht, den Sarkasmus in ihrer Stimme zu kaschieren.
Sie sah von Philippa zu Rabea, die sich beide nicht zu einer Antwort
aufraffen konnten, und setzte sich. Vor ihr stand ein kleines Tablett mit
frischem Kaffee und einigen Leckereien, die Beran ihr bereitgestellt hatte,
bevor sie sich wieder auf ihren üblichen Platz gesetzt hatte. Nelli und Lola
wurden zeitgleich von Reinders befragt, mit dem Johanna sich fünf Minuten zuvor
abgesprochen hatte. Er war sichtlich erfreut gewesen, als sie ihm vorgeschlagen
hatte, sich um das zweite Duo zu kümmern.
»Ich habe mit deiner Mutter gesprochen, Rabea«, sagte Johanna und
lächelte munter. »Sie schien auch schon gefrühstückt zu haben. In flüssiger
Form, versteht sich.«
Rabea sah sie wortlos an. Philippa streckte die Beine unter dem
Tisch aus. Johanna wandte ihr den Kopf zu.
»Ein Kollege hat vorhin mit deinem Vater telefoniert, um ihn über
deinen Verbleib zu informieren – heute und in den nächsten Jahren. Der schien
gar nicht so fürchterlich überrascht. Er hält dich für ein ziemliches
Früchtchen, und er bedauert, dir nicht rechtzeitig und nicht oft genug die
Ohren lang gezogen zu haben.« Das stimmte zwar nicht hundertprozentig mit dem
überein, was Johanna einer Gesprächsnotiz entnommen hatte, die Beran ihr noch
zugesteckt hatte, aber die Tendenz war nicht von der Hand zu weisen. »Was sagst
du dazu?«
Philippa gab sich Mühe, cool zu bleiben. »Gar nichts sag ich dazu.
Mein Vater hat keine Ahnung.«
»Wovon hat er keine Ahnung? Was du so treibst? Womit du dein Taschengeld
aufbesserst? Oder ist ihm völlig entgangen, welchen Spaß du hast, so richtig
zuzuschlagen? Kann ich mir eigentlich nur schwer vorstellen.«
»Das haben Sie vorhin schon behauptet. Ich weiß nicht, was Sie
meinen …«
Johanna schlug mit der Faust auf den Tisch, dass das Geschirr
schepperte. »Glaubst du eigentlich wirklich, ich reise aus Berlin hier an, um
mich däumchendrehend von einer Handvoll Mädchen verarschen zu lassen? Wir haben
Filme gefunden, Philippa – ich meine Filme, auf denen alles drauf ist, wirklich
alles, nicht nur eine billig zurechtgeschnittene Szene, mit der ihr meint, die
Mädchen erpressen zu können! Wir haben sogar eure Stimmen – die Häme und
Gewaltlust in deiner Stimme klingt besonders gut heraus –, eure Prügelarien und
Drohungen; und natürlich sind die Vergewaltigungen durch den Typen in brutaler
Gänze zu sehen! Bei Betty sieht man sogar, wie sie mit K.-o.-Tropfen gefügig
gemacht wurde, um euch das Erpressungsmaterial zu liefern. Na, was sagst du
jetzt?«
Philippa atmete hörbar ein. Rabea zuckte mit keiner Wimper.
»Karen und Betty sind tot und können nicht mehr aussagen. Aber die
anderen Mädchen werden das tun«, setzte die Kommissarin nach.
Philippa erlaubte sich ein winziges Lächeln voller Hohn, und in
Johanna stieg für einen Moment der eindringliche und nur mühsam zu bändigende
Wunsch hoch, der Kleinen das Lächeln mit ganzer Kraft aus dem Gesicht zu
schlagen. Rabeas Augen tasteten sie forschend ab, während die Kommissarin
versuchte, die Fassung zurückzuerlangen.
»Sind Sie sicher?« Philippa dehnte die Worte wie Kaugummi.
»Ich bin sogar sehr
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